Immer mehr Fettleibige sehen in einer Operation den letzten Ausweg
11.09.2013
Stark übergewichtige Menschen unterziehen sich immer häufiger einer Operation, um ihre Gewichtsprobleme in den Griff zu bekommen. Wie die DAK-Gesundheit berichtet, stiegen bei ihren Versicherten „die Eingriffe in der sogenannten Adipositas-Chirurgie in den vergangenen fünf Jahren um 64 Prozent und erreichten 2012 einen neuen Höchststand.“ Viele „XXL-Patienten“ sehen in einem Magenband, Magenballon oder einer Magenverkleinerung offenbar die einzige Chance auf eine deutlich Gewichtsreduktion.
Da die Zahl der krankhaft Übergewichtigen in Deutschland seit Jahrzehnten deutlich steigt, scheint die Zunahme entsprechender Eingriffe zur Adipositas-Behandlung hier eine verständliche Folge. Denn früher erfüllten schlichtweg insgesamt wesentlich weniger Menschen die Voraussetzungen, welche für die Adipositas-Chirurgie gelten. Eine dieser medizinischen Voraussetzungen ist laut DAK-Gesundheit zum Beispiel, „dass die Patienten mehr als fünf Jahre stark übergewichtig sind und einen Body Mass Index (BMI) über 40 haben“, was bei einer 1,70 Meter großen Frau bedeuten würde, dass sie ein Gewicht von 117 Kilogramm auf die Waage bringt. Für Patienten, die unter chronischen Begleiterkrankungen wie Diabetes mellitus oder starken Wirbelsäulenbeschwerden leiden, gilt ein BMI von mehr als 35 als Grenzwert. Des Weiteren müsse nachgewiesen werden, „dass bei den Betroffenen konservative Behandlungsmethoden wie Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapien ohne den erhofften Erfolg blieben“, berichtet die DAK-Gesundheit.
Magenband, Magenballon oder Magenverkleinerung
Die vermehrten Operationen an „XXL-Patienten“ haben laut Angaben der DAK-Gesundheit auch eine massive Kostensteigerung für die Krankenkassen zur Folge. So hätten sich „die Ausgaben für Magen-Operationen bei stark übergewichtigen Patienten seit dem Jahr 2008 mehr als verdoppelt.“ Der DAK-Gesundheit sind nach eigenen Angaben im Jahr 2008 „durch 406 Operationen mit Magenband, Magenballon oder Magenverkleinerung Kosten von insgesamt 2 Millionen Euro“ entstanden. Im Jahr 2012 wurden „bereits 669 Eingriffe für 4,6 Millionen Euro abgerechnet“ und „im ersten Halbjahr 2013 gab es 331 Krankenhausbehandlungen mit Ausgaben von 2,5 Millionen Euro“, so die Mitteilung der DAK. Damit setze sich der Trend zur Kostensteigerung auch im Jahr 2013 fort. Dies geht laut Angaben der Krankenkasse nicht zuletzt darauf zurück, „dass die durchschnittlichen Kosten für eine Operation rasant zugenommen haben.“
Steigende Fallkosten in der Adipositas-Chirurgie
Lagen die sogenannten Fallkosten der Magen-Operationen im Jahr 2008 noch bei knapp 5.000 Euro je Eingriff, erreichten sie im ersten Halbjahr 2013 knapp 7.500 Euro.„Die Kliniken rechnen immer mehr große Operationen mit komplexen Eingriffen ab“, was zu einem entsprechenden Anstieg der Fallkosten führe, erklärt der Krankenhausexperte Peter Rowohlt in der Pressemitteilung der DAK-Gesundheit. Allein im Zeitraum von 2010 bis 2013 sei der Anteil schwerer Operationen von 62 Prozent auf 76 Prozent angestiegen. Rowohlt betonte, dass ihm diese Entwicklung Sorgen mache, denn „sie treibt nicht nur die Kosten, sondern bedeutet für viele Patienten auch ein Gesundheitsrisiko.“ Hier seien Ärzte, Ernährungsberater und Psychologen gefordert, um durch frühzeitige Beratung einen weiteren Anstieg der Eingriffe abzuwenden.
Berlin und Hamburg Hochburgen der Magen-Operationen
Aus der Krankenhausstatistik geht laut Mitteilung der DAK-Gesundheit hervor, dass vor allem „in Berlin und Hamburg die Quoten der behandelten stark Übergewichtigen weit über dem Bundesdurchschnitt“ liegen. So hätten sich im Jahr 2012 in Berlin 41 von 100.000 Versicherten einem entsprechenden Eingriff unterzogen. In Hamburg erfolgten 33 Magen-Operationen je 100.000 Versicherten. Der bundesweite Durchschnitt liegt indes bei lediglich zwölf Eingriffen je 100.000 Versicherten. Eine mögliche Erklärung für die deutlich erhöhten Fallzahlen in Berlin und Hamburg sei, „dass hier Spezialzentren auch von Patienten aus dem Umland genutzt werden“, so die Mitteilung der DAK.
Übergewichtige Frauen legen sich vermehrt unters Messer
Die Krankenkasse teilte weiter mit, dass eine beachtliche Mehrheit der Eingriffe in der Adipositas-Chirurgie an Frauen erfolge. Ganze 81 Prozent der Eingriffe betrafen XXL-Patientinnen. Eine Verteilung, die keinesfalls dem Bevölkerungsanteil stark übergewichtiger Frauen und Männer entspricht. Offenbar entscheiden sich Frauen demnach bei massiven Übergewicht deutlich häufiger für eine Operation als Männer.
Operationen durch Prävention vermeiden
Die von der DAK-Gesundheit aufgezeigte Entwicklung spiegelt auch ein Stück weit die Lebenseinstellung beziehungsweise das Körperbewusstsein in der Bevölkerung wider. Viel zu häufig wird jahrelanges Fehlverhalten in Kauf genommen und anschließend versucht, mit einem operativen Eingriff das Problem wieder zu richten. Dies gilt nicht nur für Übergewicht, sondern für zahlreiche Leiden, wie beispielsweise auch Herz-Kreislauferkrankungen und Rückenbeschwerden. Würden die Betroffenen bei ersten Anzeichen von Rückenschmerzen beziehungsweise Herzproblemen frühzeitig Gegenmaßnahmen ergreifen und ihre Lebensweise entsprechend umstellen, wären weitere Maßnahmen oft nicht erforderlich. Doch nicht selten steht am Enden immer noch die Bandscheiben-Operation, Herzoperation oder – bei den stark Übergewichtigen – die Adipositas-Chirurgie. Mit einem einmaligen Eingriff sollen die Fehler der Vergangenheit behoben werden. Welch hohe Bedeutung der Prävention zukommt, kann daher nicht genug betont werden. (fp)
Bild: Martin Büdenbender / pixelio.de
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.