Impfstoffe über Haut verabreichen
28.09.2014
Tetanus, Hepatitis, FSME: Gegen zahlreiche Infektionskrankheiten stehen Impfstoffe zur Verfügung. Viele Menschen scheuen aber die Spritze. Deutsche Wissenschaftler haben nun gezeigt, dass es auch möglich ist, Impfstoffe über die Haut zu verabreichen. Vor allem in Entwicklungsländern könnte durch neue Impfmethoden die Situation gebessert werden.
Impfstoffe über die Haut verabreichen
Tetanus, Hepatitis A und B, Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME): Gegen diese und zahlreiche weitere Infektionskrankheiten stehen Impfstoffe zur Verfügung. Verabreicht werden sie in den meisten Fällen per Injektion. Doch aus verschiedenen Gründen wird bereits seit Jahren nach alternativen Methoden geforscht. Nun konnte von Wissenschaftlern des Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS) und des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig gezeigt werden, dass es mit Hilfe nanotechnologischer Formulierungen tatsächlich möglich ist, Impfstoffe über die Haut zu verabreichen. Die bisherigen Impfmethoden könnten dadurch erheblich verbessert werden. Die Forscher veröffentlichten ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift „Nanomedicine“.
Nachteile der Impfung per Spritze
Die traditionelle Impfung per Spritze hat verschiedene Nachteile. Es geht dabei jedoch nicht nur um die Angst vor der Nadel, welche manche Menschen vor einer Impfung zurückschrecken lässt, sondern vor allem um die mit der Herstellung und Anwendung verbundene Logistik. „Es ist sehr aufwendig und teuer solche Impfstoffe zu produzieren und für die Anwendung braucht es geschultes Personal“, erklärte Prof. Claus-Michael Lehr, Leiter der Abteilung „Wirkstoff-Transport“ am HIPS in einer Mitteilung. „Gerade in Entwicklungsländern ist das ein Problem.“ Zusammen mit seinen Kollegen vom HZI sucht er aus diesem Grund bereits seit einiger Zeit nach neuen Impfmethoden.
Forscher nutzen Nanopartikel
Jetzt haben sie herausgefunden, dass es tatsächlich möglich ist, Impfstoffe über die Verankerung der Haare in der Haut, die sogenannten Haarfollikel, in den Körper zu bringen, um eine Immunantwort auszulösen. Die Forscher nutzten dazu Nanopartikel als Verpackung für die Impfstoffe, die sich in Hautfältchen und den Haarfollikelöffnungen ablagern und von dort durch die Haut gelangen können, ohne diese zu verletzen. Da die Follikel nicht vollständig von Hornhaut umgeben sind, steht diese den Nanotransportern nicht im Wege und die Bahn ist somit frei.
Ausreichende Menge für eine Immunantwort benötigt
Allerdings muss eine ausreichende Menge des Impfstoffes in den Körper gelangen, um tatsächlich eine Immunantwort hervorzurufen. „Das ist über die Nanopartikel nicht möglich“, teilte Prof. Carlos Alberto Guzman, Leiter der Abteilung „Vakzinologie und angewandte Mikrobiologie“ am HZI mit. „Wir lösen dieses Problem allerdings, indem wir neben dem Wirkstoff auch entsprechende am HZI entwickelte Adjuvantien mit den Nanotransportern verabreichen. Durch diese Zusatzstoffe wird die Immunantwort im Körper verstärkt“. So wird eine entsprechende Reaktion im Körper ausgelöst, obwohl die Menge an Antigenen eigentlich gar nicht ausreichend dafür ist.
Impfreaktionen der Haut sind nicht selten
„Das zeigt, dass es möglich ist, Impfstoffe zu entwickeln, die ganz ohne Injektion angewendet werden könnten“, so Lehr. „Im Idealfall könnte zukünftig eine Hautcreme aufgetragen werden und man wäre geimpft“. Dies wäre unter anderem für diejenigen Patienten, bei denen es infolge einer Impfung zu Hautproblemen, wie Rötungen und Schwellungen um die Impfstelle herum, kommt, möglicherweise von Vorteil. Impfreaktionen der Haut sind nicht selten, manchmal sind auch große Teile des Körpers betroffen. Bei der Kombi-Impfung gegen Masern, Mumps und Röteln beispielsweise kommt es im Schnitt bei fünf Prozent der Fälle zu den sogenannten Impfmasern, einem masern-ähnlichen Hautausschlag.
Cremes wären deutlich günstiger in der Herstellung
Sollten entsprechende Cremes zum Impfen künftig zum Einsatz kommen, wären sie deutlich günstiger in der Herstellung. Vor allem aber wäre kein geschultes Personal nötig, um sie effektiv einzusetzen. Somit würden solche Impfstoffe gerade bei der Eindämmung von Epidemien in Entwicklungsländern, wie etwa aktuell der der Ebola-Seuche in Westafrika, einen erheblichen Fortschritt bedeuten. Außerdem wäre ein Einsatz dieser Methode neben den Impfungen zum Schutz vor Infektionskrankheiten auch bei Desensibilierungs-Therapien (Hyposensibilisierung) bei Allergien denkbar. (ad)
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