Experten-Interview: Wie sich gefährliche Hantaviren-Infektionen vermeiden lassen
Das Robert Koch-Institut (RKI) berichtete vor kurzem, dass die Zahl der Hantavirus-Infekte 2017 besonders hoch war. Eine Infektion kann im schlimmsten Fall tödlich verlaufen. Ein Experte erklärt in einem Interview, welche Auswirkungen das Virus hat und wie man sich davor schützen kann.
Immer mehr Hantavirus-Infektionen
Infektionen mit Hantaviren sind – auch bedingt durch den Klimawandel – in Deutschland auf dem Vormarsch. Im vergangenen Jahr wurden beim Robert Koch-Institut (RKI) mehr als 1.700 Fälle der meldepflichtigen Erkrankung angezeigt. Auf der Webseite des Universitätsklinikums Münster wurde ein Interview mit dem Leiter des Instituts für Molekulare Virologie und Standortleiter der Nationalen Forschungsplattform für Zoonosen, Prof. Stephan Ludwig, veröffentlicht, in dem der Experte Wichtiges zum Thema erläutert.
Grippeähnliche Symptome
Die hierzulande vorkommenden Hantavirus-Typen rufen zumeist Erkrankungen mit grippeähnlichen Symptomen wie Fieber, Kopf- und Bauchschmerzen hervor.
Im weiteren Verlauf kann es zudem zu einem Blutdruckabfall kommen.
Es sind auch schwerwiegendere Krankheitsverläufe möglich: „Hantavirus-Infektionen in Mitteleuropa können Nierenfunktionsstörungen bis zum akuten Nierenversagen verursachen“, so das RKI auf seiner Webseite.
Doch bei einem Großteil der Menschen, die sich mit dem Virus infizieren, treten keine oder nur unspezifische Symptome auf.
Geringe Sterblichkeit
Trotz der Gefahr, die von dem Virus ausgeht, ist der Krankheitserreger nicht unbedingt jedem bekannt.
Wie Prof. Ludwig erklärt, kommt das Hantavirus weltweit vor. In Mitteleuropa gibt es im Prinzip zwei Stämme, einer kommt aus Finnland und ein weiterer vom Balkan.
Laut dem Experten sind die hiesigen Hanta-Arten nicht so lebensbedrohlich wie andere Hantaviren beispielsweise in Südostasien oder auch in den USA.
„Wir haben hier eine Sterblichkeit von etwa einem Prozent. In Südostasien und den USA verursachen die dortigen Stämme eine Mortalität von bis zu dreißig Prozent, wobei man sagen muss, dass die Dunkelziffer vielleicht noch höher ist“, so Prof. Ludwig.
Infizierte Rötelmäuse werden selbst nicht krank
Hantaviren haben einen Wirt im Tierreich – in Mitteleuropa sind das die Rötelmäuse. Infizierte Tiere tragen das Virus ein Leben lang, werden aber selbst nicht krank. Doch sie scheiden den Erreger insbesondere mit dem Kot aus.
„Der Klassiker der Infektion in unserem Bereich ist, dass man sich über den Staub von Mäusekot durch die Luft aerosolisch infiziert – etwa beim Ausmisten der Garage, des Kellers oder des Geräteschuppens“, erklärt Prof. Ludwig.
Daher kann es jeden treffen. Oft betrifft es aber auch Menschen, die in der Natur arbeiten, etwa im Wald, wo es viele Rötelmäuse gibt.
Wie sich Infektionen vermeiden lassen
Atemmasken können einen Schutz vor einer Infektion darstellen. Allerdings sollten diese besonders dicht sein. Der Fachmann weist zudem darauf hin, dass es helfen kann, wenn man das Arbeitsumfeld ein wenig anfeuchtet, so dass der Staub nicht aufgewirbelt wird.
„Wenn man in so einem Umfeld gearbeitet hat und dann plötzlich sehr schnell sehr hohes Fieber bekommt, Kopf- und Gliederschmerzen hinzukommen, Sehstörungen oder sogar Probleme mit den Nieren, dann sollte man das unbedingt seinem Arzt mitteilen!“, mahnt der Experte.
Laut Prof. Ludwig würden auch Ärzte gerade in den ersten Tagen die Symptome wohl mit einer Grippe verwechseln, vor allem wegen der starken Kopf- und Gliederschmerzen.
Wie er weiter erklärt, kann man sich neben der Infektionsquelle durch Mäusekot auch durch Mäusebisse oder den Verzehr von Lebensmitteln, die von Mäusen angeknabbert wurden, infizieren. Tierfutter wird ebenfalls gerne von Mäusen befallen.
Auswirkungen des Klimawandels
Wie der Experte meint, ist das Hantavirus ein schönes Beispiel dafür, wie Gesundheit, Virologie, Ökologie, und Klimaveränderung zusammenhängen.
„Denn die Ansteckungsgefahr hat offensichtlich immer etwas zu tun mit der Zahl der Rötelmäuse, die es gerade in der Saison gibt. Rötelmäuse ernähren sich insbesondere von Bucheckern und wir haben wiederkehrend etwa alle zwei, drei Jahre eine Phase, in der es sehr viele davon gibt“, so Prof. Ludwig.
Im Jahr darauf gibt es dann sehr viel mehr Rötelmäuse. Dementsprechend steigt auch die Zahl der Infektionen mit dem Hantavirus in dieser Saison.
Des Weiteren hat das Ganze auch deshalb etwas mit dem Klimawandel zu tun, weil die Tiere nicht mehr durch kalte Winter dezimiert werden.
Hantavirus-Infektionen werden laut dem Experten meist nur hinsichtlich ihrer Symptome behandelt, mit Schmerzmitteln oder Medikamenten zur Aufrechterhaltung der Nierenfunktion. Es gibt weder eine Impfung noch antivirale Arzneien. (ad)
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Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.