Herpes-Erreger bleiben nach Erstinfektion lebenslang im Körper
Viele Menschen kennen das Gefühl: Es kribbelt, spannt und juckt im Bereich der Lippen und plötzlich tauchen kleine, schmerzende Bläschen auf. Die Rede ist von Lippenherpes, welcher durch eine Infektion mit Viren der Art Herpes simplex entsteht. Die Bläschen sind unangenehm und wenig attraktiv – in den meisten Fällen aber ungefährlich, sofern einige wichtige Punkte beachtet werden. Im Gespräch mit der Nachrichtenagentur „dpa“ erklären Experten, wie Herpes entsteht und wie er am besten behandelt wird.
Virus schlummert in fast jedem Menschen
Fast jeder trägt ihn in sich – oft allerdings unbemerkt: Der Herpes-Virus. Nach Angaben des Robert Koch Instituts sind hierzulande schätzungsweise 85 Prozent der Bevölkerung mit dem Erreger Herpes simplex Typ 1 (kurz: HSV-1) infiziert. Dieser ist in den meisten Fällen für die unangenehmen und schmerzhaften Lippenbläschen verantwortlich und wird meist schon in der Kindheit übertragen. „Die meisten Menschen infizieren sich bereits vor dem fünften Lebensjahr, in der eigenen Familie“, so der Pressesprecher des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte, Hermann Josef Kahl, gegenüber der Nachrichtenagentur.
Die Ansteckung in der Kindheit erfolgt meist durch engen körperlichen Kontakt (z.B. mit der Mutter) oder durch Tröpfcheninfektion (Kuss der Eltern, Husten etc.). „Häufig verläuft die erste Infektion unbemerkt oder nur mit untypischen Symptomen“, erklärt Prof. Thomas Mertens, Präsident der Gesellschaft für Virologie. Die Erreger gelangen zwar in den Körper und nisten sich dort ein, die typischen Lippenbläschen bleiben jedoch aus, sodass der Betroffene von der Infektion oft gar nichts mitbekommt.
Erneuter Ausbruch lässt sich nicht vorhersagen
Vom Ort der Primärinfektion wandern die eingedrungenen Herpes-Viren über die Nervenleitbahnen zu einem Nervenknoten, welcher sich in der Nähe der Schläfe befindet. „In diesem Nervenknoten des sogenannten Trigeminusnervs verbleiben die Viren ein Leben lang“, erklärt Prof. Mertens. Die Erreger verharren dort in einer Art Ruhezustand, wobei niemand vorhersagen kann, ob bzw. wann sie wieder aktiv werden. Viele Träger des Virus werden zeitlebens nicht von den lästigen Bläschen heimgesucht, doch etwa ein Viertel der Betroffenen hat immer wieder damit zu tun.
Werden die Viren reaktiviert, wandern sie wieder an die Hautoberfläche und lösen dadurch die unangenehme Hautreaktion aus. Schon bevor das erste Lippenbläschen erkennbar wird, spüren viele Betroffene eine erhöhte Empfindlichkeit, leichtes Brennen, Spannen und Jucken an der entsprechenden Stelle.
Anschließend bilden sich auf der geröteten Hautstelle die typischen Bläschen. Diese sind mit einer Flüssigkeit gefüllt, welche Millionen von Viren enthält, sodass bei Hautkontakt für noch nicht infizierte Personen ein besonders hohes Ansteckungsrisiko besteht. Nach wenigen Tagen platzen diese auf, es bildet sich eine gelbliche Kruste und der Herpes heilt ab.
Stress und Infektionen können Reaktivierung auslösen
Wodurch die Erreger erneut aktiviert werden, ist bis heute nicht vollständig geklärt. Fest steht jedoch, dass es bestimmte auslösende Faktoren (Trigger) gibt, die dazu führen, dass die Viren aus ihrem „Dämmerzustand“ erwachen. Zu diesen zählen unter anderem Stress, UV-Licht oder eine Reizung des Ganglions (z.B. durch Entzündungen).
Auch hormonelle Veränderungen kommen als Trigger in Betracht: „Manche Frauen beobachten, dass periodische Schwankungen im Zyklus einen Einfluss haben“, informiert Folke Habermann, Dermatologe aus Koblenz. Auslöser kann weiterhin ein geschwächtes Abwehrsystem sein, welches den Viren die Möglichkeit gibt, aus den Ganglien an die Hautoberfläche zu wandern. „Daher bekommen viele Menschen während eines grippalen Infekts zusätzlich einen Lippenherpes“, ergänzt Habermann.
Häufiges Händewaschen besonders wichtig
Wer unter Herpesbläschen leidet, sollte besonders auf Hygiene achten. Wichtig ist, dass die Hände oft gewaschen und die Handtücher gewechselt werden. „Das Ablecken eines Baby-Schnullers während eines akuten Lippenherpes sollte vermieden werden“, betont Kahl.
Generell sollten bei einer akuten Erkrankung Kinder sowie der Partner nicht geküsst werden. Ist der Partner auch betroffen und hat immer wieder Bläschen im Bereich der Lippen, muss auf das Küssen jedoch nicht unbedingt verzichtet werden. Denn mit einer erneuten Infektion über den Kontakt der Lippen ist in diesem Fall nicht zu rechnen.
Wichtig ist weiterhin, darauf zu achten, dass die Viren nicht auf andere Körperstellen gelangen, da dies zu schwerwiegenden Komplikationen führen kann. Beim Befall der Augen kann z.B. die Hornhaut betroffen sein, was im Ernstfall zu einer Einschränkung der Sehkraft führen kann. Weiterhin ist eine Übertragung der Herpes-Viren von den Lippen zum Genitalbereich und umgekehrt möglich, sodass vor allem schwangere Frauen unbedingt Vorsicht walten lassen müssen, um ihr ungeborenes Kind nicht zu gefährden.
Herpes-Cremes schon beim ersten Kribbeln verwenden
Sind die Bläschen bereits sichtbar, kann lediglich der Heilungsverlauf unterstützt und eine Linderung der Symptome erreicht werden. Cremes zur Eindämmung der Virenvermehrung sollten daher am besten schon bei den ersten Anzeichen wie leichtem Jucken oder Kribbeln eingesetzt werden. „Sobald die Bläschen eintrocknen und die typische Kruste entsteht, sind sie wirkungslos“, erklärt Dermatologe Habermann.
Damit die Blasen schneller austrocknen und abheilen, können Gele mit Zinksulfat helfen. Bei schweren und wiederkehrenden Infektionen kommen anitvirale Mittel z.B. in Form von Tabletten oder Kurzinfusionen in Betracht.
Hausmittel können Heilungsprozess beschleunigen
Ergänzend können bei den ersten Anzeichen Hausmittel gegen Herpes helfen, um das geschwächte Immunsystem zu stärken. Bewährt haben sich hier zum Beispiel der antientzündlich wirkende Manuka Honig oder eine Kompresse mit Melissentee. Ein einfach anzuwendendes und gut geeignetes Hausmittel bei Lippenbläschen ist ein gekühlter Beutel schwarzer Tee, welcher mehrmals täglich auf die betroffene Stelle gelegt wird.
Bei Säuglingen gilt besondere Vorsicht
Während eine Herpes-Infektion bei Erwachsenen meist relativ harmlos verläuft, können die Symptome bei Säuglingen unter Umständen sehr schwerwiegend sein. „Bei ihnen ist teilweise die ganze Mundschleimhaut mit Aphten überzogen, so dass sie nicht mehr trinken wollen“, erklärt Kinder und Jugendarzt Kahl. Selten kommt es hier zu Komplikationen wie einer Gehirnentzündung (Enzephalitis), welche unbehandelt tödlich enden kann. Besteht ein Verdacht auf Herpes, sollten Eltern daher mit ihrem Kind sofort einen Arzt aufsuchen. (nr)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.