Vor und Nachteile bei kaltem Duschen
Kalt zu duschen wird oft mir gesundheitlichen Vorteile in Zusammenhang gebracht, doch entspricht dies der Wahrheit oder führt eine kalte Dusche lediglich zu Gänsehaut? Der Sportphysiologe der Cleveland Clinic, Zach Carter, erläutert, welche Vor- und Nachteile es mit sich bringt, wenn Menschen kalt duschen.
Die potenziellen Vorteile der Abkühlung unter einer kalten Dusche werden vielfach auch im Internet angepriesen, wobei beispielsweise eine Verbesserung der Durchblutung, Gewichtsverlust und die Stärkung des Immunsystems genannt werden. Obwohl diese Behauptungen durchaus wissenschaftlich untermauert seien, dürfe eine kalte Dusche keineswegs als Allheilmittel angesehen werden, betont Carter. „Es gibt einen potenziellen Vorteil. Die Frage ist, ob es den Stress wert ist, den Sie Ihrem Körper dabei zumuten“, so der Experte.
Kaltes Wasser strapaziert den Körper
Es gibt einen Grund, warum die erste Reaktion auf einen kalten Strahl Wasser bei den meisten Menschen so ausfällt, dass sie davor zurückschrecken, erläutert Carter. Kaltes Wasser strapaziere den menschlichen Körper. Die natürliche Reaktion auf eiskaltes Wasser, welches auf die Haut trifft, sei, dass der Überlebensmodus aktiviert wird.
Kaltes Wasser regt Durchblutung an
Der Schock, den das kalte Wasser verursacht, versetzt das Kreislaufsystem in einen Overdrive. Der Körper erhöht dabei den Blutfluss, um Wärme zu erzeugen und die lebenswichtigen Organe zu schützen. Gleichzeitig verengt er die Zirkulation in der Nähe der Haut, erklärt der Mediziner.
Dieser Prozess rege die Durchblutung an, was – im Großen und Ganzen – eine gute Sache für die allgemeine Gesundheit sei. Die erhöhte Durchblutung bewirke sogar, dass die Haut gesünder wird. Trotzdem gebe es bessere Möglichkeiten, um die Durchblutung in Schwung zu bringen, ohne dabei zu frieren. „Machen Sie stattdessen einen 10-minütigen Spaziergang“, rät der Experte.
Abnehmen durch kaltes Duschen?
Die verstärkte Reaktion des Körpers auf kaltes Wasser bringt den Stoffwechsel vorübergehend in Schwung. Während der Körper versucht, warm zu bleiben, wird Energie verbraucht. Dieser Selbsterwärmungsprozess verbrennt zusätzliche Kalorien. Menschen sollten jetzt aber nicht versuchen, durch frieren und kalte Duschen in Form zu kommen. Kalte Duschen seien keineswegs der beste Weg, um Gewicht abzunehmen, so Carter.
Auswirkungen auf das Immunsystem
Eiskaltes Duschen kann laut Carter das Immunsystem stärken und Menschen widerstandsfähiger gegen Krankheiten machen. Vielleicht verhindere kaltes Duschen sogar die nächste Erkältung.
Eine klinische Studie in den Niederlanden habe beispielsweise ergeben, dass kaltes Duschen zu einer Verringerung der Krankmeldungen bei der Arbeit um 29 Prozent führte. Eine andere Studie brachte kaltes Duschen sogar mit einer verbesserten Überlebensrate bei Krebs in Verbindung, berichtet der Sportphysiologe.
Kaltes Duschen gegen Depressionen?
Was die psychische Gesundheit betrifft, so stellte Forschende in einer weiteren Studie bereits fest, dass kaltes Duschen helfen kann, die Symptome von Depressionen zu lindern. Dies müsse aber durch weitere Forschung bestätigt werden, betont Carter.
Keine kalte Dusche bei Herzerkrankungen
Carter warnt jedoch davor, zu viel Hoffnung in die Wirkung einer kalten Dusche zu setzen. Kalte Duschen seien nicht wirklich effizient in den genannten Bereichen und kaltes Duschen bringe verglichen mit den drohenden Beschwerden nicht genug Vorteile mit sich, so der Experte.
Bei einer vorliegenden Herzerkrankung sollte dem Drang nach einer kalten Dusche zudem generell widerstanden werden, erläutert Carter. Die Reaktion des Körpers auf kaltes Wasser belaste das Herz zusätzlich und könne zu einem unregelmäßigen Herzschlag oder einer Arrhythmie führen. „Es wird Ihr Herz auf eine Weise belasten, die gefährlich sein könnte”, warnt Carter.
Wie mit dem kalten Duschen beginnen?
Dem Körper sollte außerdem ausreichend Zeit gegeben werden, sich an kaltes Duschen zu gewöhnen. Bereits dreißig Sekunden unter der kalten Dusche können einige der gewünschten Reaktionen und Effekte auslösen. Die potenziellen Vorteile des kalten Wassers beginnen nach etwa drei Minuten kaltem Duschen nachzulassen, erläutert der Experte. Als kalt seien dabei Wassertemperatur unter 15,5 Grad Celsius zu bewerten.
Carter betont jedoch, dass er kalte Duschen nie als Behandlungsoption empfohlen habe. Insgesamt seien die potenziellen Vorteile einer kalten Dusche überbewertet, so der Sportphysiologe in einer Pressemitteilung der Cleveland Clinic. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Cleveland Clinic: Are Cold Showers Good for You? (veröffentlicht 17.06.2021), Cleveland Clinic
- Geert A. Buijze, Inger N. Sierevelt, Bas C. J. M. van der Heijden, Marcel G. Dijkgraaf, Monique H. W. Frings-Dresen: The Effect of Cold Showering on Health and Work: A Randomized Controlled Trial; in: PLOS ONE (veröffentlicht 15.09.2016), PLOS ONE
- Nikolai A. Shevchuk, Sasa Radoja: Possible stimulation of anti-tumor immunity using repeated cold stress: a hypothesis, in: Infectious Agents and Cancer (13.11.2007), NCBI
- Nikolai A. Shevchuk: Adapted cold shower as a potential treatment for depression; in: Medical Hypotheses, Volume 70, Issue 5, 2008, Medical Hypotheses
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.