Studie des Jagdverbands untersucht bleifreie Munition
16.07.2012
Im Rahmen eines Forschungsprojektes will der Jagdverband in Bayern testen, ob bleifreie Munition zum Erlegen der Wildtiere verwendet werden kann. Gesundheitsexperten warnen seit längerer Zeit vor den toxischen Auswirkungen von Bleimunition in Wildfleisch. Eine wissenschaftliche Studie in Wunsiedel soll nun Klarheit verschaffen.
Wildschwein, Hirsch oder Reh: Seit einigen Jahren werden wieder vermehrt Wildgerichte in deutschen Restaurants angeboten. Obwohl keine gesicherten Erkenntnisse vorliegen, inwieweit bleihaltige Munition das Wildfleisch gesundheitsschädlich kontaminieren, warnen seit längerem Gesundheitsexperten vor dem übermäßigen Verzehr von Wild. So wies das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in einer Mittlung daraufhin, das Frauen während der Schwangerschaft und kleine Kinder kein Wildfleisch essen sollten, da „die Bleikonzentrationen bei wöchentlichem Verzehr zu hoch“ seien. Einige Untersuchungen hätten ein erhöhtes Risiko ermittelt, so das Bundesinstitut. Im hohen Maße seien Kinder bis zum siebten Lebensjahr und Ungeborene im Mutterbauch gefährdet, da bereits „eine geringe Aufnahme von Blei zu nachhaltigen Gesundheitsschäden führen können.“
Hohe Bleikonzentrationen schädigen Organe und das Nervensystem
Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz sieht indes keine belastbaren Daten über Wild, dass mit oder ohne Blei erlegt wurde. Es würden keine Wissenschaftsstudien vorliegen, die beweisen, wie hoch die Grundbelastung von Wildbret tatsächlich sei. Das Problem aber: Wenn Wild erlegt wird, wird die Munition durch den Jäger und die Einschussstelle am Tier fachmännisch entfernt. Die bleihaltigen Jagdgeschosse zersplittern beim Aufprall und die Fragmente verteilen sich bis tief in den Körper des Tieres. Jagdvereine und Verbände hatten in der Vergangenheit argumentiert, die Einschussstelle würde immer „großzügig herausgeschnitten“. Das lässt das Bundesinstitut für Risikobewertung nicht gelten, im Labor lasse sich weiterhin eine relativ hohe Bleibelastung nachweisen. Vielmehr können hohe Konzentrationen von Blei im menschlichen Körper die Blutbildung, Organe und das Nebensystem schädigen, so die Warnung des Bundesinstituts.
Der Bayerische Jagdverband (BJV) hat nun eine Studie in Auftrag gegeben, um die Verwendung von bleifreier und bleihaltiger Munition zu testen. Dabei soll ermittelt werden, welche gesundheitlichen Auswirkungen bleihaltige Geschosse haben können. „Das Forschungsprojekt zur Qualitätssicherung des Wildbrets“ findet im BJV-Lehr- und Forschungsrevier in Wunsiedel statt, wie es in einer veröffentlichten Erklärung am Freitag hieß.
Im Verlauf der Studie soll ermittelt werden, inwieweit sich bleifreie Geschossrückstände im Fleisch festsetzen. Die Daten sollen im Anschluss mit Wildbret vergleichen werden, das mit konventioneller Munition erlegt wurde. Dadurch wollen die Wissenschaftler „fundierte Erkenntnisse darüber erlangen, inwieweit gesundheitliche Belastungen bei beiden Varianten vorliegen“.
Weniger Blei in Lebensmitteln
Die Studie sieht sich im Kontext der toxikologischen Neubewertung des BfR. Das Institut hatte aufgrund einiger Untersuchungen eine „wissenschaftliche Neubewertung von Blei in Lebensmitteln“ erstellt. Das Ziel soll sein, Schadstoffe wie Blei in sämtlichen Nahrungsmitteln zu minimieren. In der Hauptsache werden Bleistoffe dem menschlichen Körper durch Getreide, Gemüse und Obst zugeführt, die diese Lebensmittel in größeren Menschen täglich verzehrt werden. Der Wildverzehr von Hirsch, Reh oder Wildschweinen könnte eine weitere Bleiquelle sein, wenn dieses durch herkömmliche Munition erlegt wird. “Wir werden das Fleisch analysieren und den Bleigehalt vergleichen”, sagte Egbert Urbach vom Jagdverband.
Neben Fleischproben von Wildschweinen, Rehen und Hirschen sollen auch Bodenproben in sechs verschieden Regionen von Deutschland entnommen werden, um auch das Futter der Tiere mit in die Analyse mit einzubeziehen.
Weniger Gesundheitsgefahren durch Alternativgeschosse?
Seit einiger Zeit werden sogenannte Alternativgeschosse in der Jagd verwendet. Diese sind bleifrei und enthalten meist Kupfer und Zink. Weil aber auch hier die Risiken nicht abschätzbar sind, sollen auch die bleifreie Jagdmunition auf Ökotoxizität untersucht werden. „Kupfer als Alternativgeschoss könnte ebenfalls Risiken beinhalten, da Kupfer in der Umwelt hoch toxisch reagieren kann“, so der Jagdverbandsvorsitzende Vocke. Zu Kupfer, Kupferlegierungen und anderen Blei-Ersatzstoffen liegen bislang keine gesicherten Wissenschaftserkenntnisse zu den chemischen Reaktionen in Böden vor. Vocke verwies darauf, dass diese zusätzliche Studienarbeit Deutschlandweit einmalig ist.
Der Verband wäre aber nicht „überrascht“, wenn auch bleifreie Patronen höhere Schwermetallkonzentrationen im Fleisch zeigen. Schließlich nehmen auch die Wildtiere Blei durch die Nahrung auf, dass dann im Körper eingelagert wird. Die abschließenden Ergebnisse will der Verband nach Berlin zum BfR schicken. (sb)
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