Ein Viertel der Arztpraxen wird in den nächsten fünf Jahren aufgegeben
04.07.2014
Ein Viertel der Fach- und Hausärzte wird in den kommenden fünf Jahren seine Praxis aufgeben, so das alarmierende Ergebnis einer Repräsentativbefragung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und des NAV-Virchow-Bundes. Viele finden keinen Nachfolger, so dass die Anzahl der Praxen insgesamt deutlich zurückgehen wird. Damit könnten die drohenden Versorgungslücken insbesondere im ländlichen Raum bis zum Jahr 2020 drastisch zunehmen.
Im Auftrag der KBV und des NAV-Virchow-Bundes hat das Meinungsforschungsinstitut infas für den „ Ärztemonitor 2014“mehr als 10.000 niedergelassene Ärzte und Psychotherapeuten telefonischen befragt. Zwar gaben dabei „93 Prozent der niedergelassenen Hausärzte, 95 Prozent der Fachärzte und 99 Prozent der Psychotherapeuten“ an, dass ihnen die Arbeit Spaß macht, doch bereiten ihnen die schwierigen Rahmenbedingungen zunehmend Probleme, berichtet die KBV. „39 Prozent der Praxisärzte sind unzufrieden mit ihrer wirtschaftlichen Situation, 46 Prozent beklagen eine fehlende finanzielle Planungssicherheit“, erläuterte der Bundesvorsitzende des NAV-Virchow-Bundes, Dr. Dirk Heinrich.
Es fehlt die Zeit für die Patienten
Den Ergebnissen der aktuellen Umfrage zufolge fühlen sie sich viele Mediziner bei der Bewältigung ihre Aufgabe der ambulanten Versorgung zunehmend im Stich gelassen. So fehle „bei einer persönlichen Arbeitsbelastung von durchschnittlich 54 Arbeitsstunden bei täglich 45 behandelten Patienten 66 Prozent der Befragten ausreichend Zeit für den Patienten“, betonte Dr. Heinrich. Zudem verschlechtere der ständig steigende bürokratische Aufwand und der wirtschaftliche Druck die Stimmung. Daher würden sich 67 Prozent der Praxisärzte wünschen, ihre Arbeitszeit zu reduzieren, berichtet die KBV. „Dies entspricht einerseits gesellschaftlichen Tendenzen, ist aber andererseits auch das Ergebnis der politischen Rahmenbedingungen für die Niedergelassenen“, erläuterte Dr. Heinrich.
Altersabsicherung der Ärzte gefährdet?
In der Repräsentativbefragung wurde auch deutlich, dass in den kommenden fünf Jahren zahlreiche Ärzte in den Ruhestand gehen. „Jeder vierte Haus- und Facharzt plant, in den kommenden fünf Jahren die Praxis abzugeben“, so die Mitteilung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Viele finden aber keinen Nachfolger. Dies hat laut Angaben der KBV auch Folgen für die Altersversorgung der niedergelassenen Ärzte, da der Praxisverkauf an einen Nachfolger hier bislang wesentlicher Bestandteil der finanziellen Absicherung im Alter war. In der Umfrage gaben rund 75 Prozent der niedergelassenen Ärzte an, „dass die Praxis ihre Funktion als Altersvorsorge verloren hat.“ Der Vorstandsvorsitzender der KBV, Dr. Andreas Gassen, erklärte hierzu, dies sei „ein Skandal“, denn es dürfe „nicht sein, dass eine freie Berufsgruppe, die erst in eine sehr lange Ausbildung, dann in Aufbau und Unterhalt einer Praxis investiert, die Arbeitsplätze sichert und die eine extrem wichtige Rolle in der Gesellschaft spielt, am Ende ihres Arbeitslebens nicht abgesichert ist.“
Drohende Versorgungslücken
Die Schließung der Arztpraxen sowie der Mangel an interessierten Nachfolgern hat jedoch nicht nur Folgen für die Altersabsicherung der niedergelassenen Mediziner, sondern könnte auch zu einer massiven Verschärfung der bereits heute prognostizierten ambulanten Versorgungslücken führen. Bei einem Durchschnittsalter der niedergelassenen Ärzte von fast 55 Jahren ist in den nächsten zehn Jahren mit einer regelrechten Ruhestandswelle zu rechnen. Aufgrund des finanziellen Risikos und der oftmals unattraktiven Arbeitsbedingungen – insbesondere im ländlichen Raum – wird die Suche nach geeigneten Nachfolgern jedoch zunehmend schwierig. Hier fordern die Ärzteverbände bereits seit längerem Gegenmaßnahmen der Politik, durch die gezielte Anreize zur Praxisübernahme in ländlichen Regionen gesetzt werden sollen. (fp)
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