Impulsivität: Mit steigendem Testosteronspiegel wächst die jugendliche Ungeduld
Geduld ist wahrlich nicht jedermanns Sache. Vor allem Teenagern kann es oft nicht schnell genug gehen. Forscher haben nun herausgefunden, warum das so ist. Demnach ist der sprunghafte Anstieg des Testosteronspiegels während der Pubertät für die jugendliche Ungeduld verantwortlich.
Die Kunst zu warten
Die hektische Arbeitswelt und die ständige Verfügbarkeit über Smartphones und Co. haben dazu geführt, dass viele Menschen die Kunst zu warten verlernt haben. Manchen kann es einfach nicht schnell genug gehen. Es ist ihnen ein Gräuel, auf andere warten zu müssen oder sich an der Kasse anzustellen. Doch es lohnt sich, etwas gegen die Ungeduld zu tun. Vor allem Jugendlichen fällt das jedoch schwer. Forscher haben nun Gründe dafür gefunden.
Anstieg des Testosteronspiegels in der Pubertät
Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin und der Universität von Kalifornien, Berkeley, machen den sprunghaften Anstieg des Testosteronspiegels in der Pubertät für die jugendliche Ungeduld verantwortlich.
Die Forscher haben in einer in der Fachzeitschrift „Psychoneuroendocrinology“ veröffentlichten Studie erstmals die Rolle von Hormonen bei impulsiven Entscheidungen untersucht.
Da Jungen impulsiver sind als Mädchen, konzentrierten sich die Wissenschaftler in ihrer Studie auf die Untersuchung von Jungen im Alter zwischen elf und 14 Jahren, berichtet das Institut in einer Mitteilung.
Empfänglicher für unmittelbare Belohnungen
Zur Ermittlung ihres Pubertätsstatus gaben die insgesamt 72 Heranwachsenden zwei morgendliche Speichelproben zur Bestimmung ihres Testosteronspiegels ab. Um mehr über ihr impulsives Verhalten zu erfahren, absolvierten die Studienteilnehmer zusätzlich einen Entscheidungstest.
Sie mussten insgesamt 80 Entscheidungen über einen hypothetischen Geldbetrag treffen, der unterschiedlich nah oder fern in der Zukunft angeboten wurde. So konnten sie zwischen einem baldigen, kleineren Geldbetrag oder einem höheren Geldbetrag in der ferneren Zukunft wählen.
Die Studie zeigt, dass ein Großteil der Heranwachsenden empfänglicher für unmittelbare Belohnungen ist. Etwa zwei Drittel der Studienteilnehmer entschieden sich im Durchschnitt für den kleineren Geldbetrag, der schneller zu haben war.
Sensibilität in Bezug auf unmittelbare Belohnungen bringen die Wissenschaftler mit den Effekten des Testosterons auf bestimmte belohnungsbezogene Hirnregionen, wie dem Striatum, in Verbindung.
Das rein chronologische Alter der Studienteilnehmer kann diese Sensibilität nicht erklären. Erst mit zunehmendem Alter fällt der Zeitpunkt der Belohnung weniger ins Gewicht.
Gutes Verhalten kurzfristiger belohnen
„Unsere Untersuchung macht deutlich, dass in entwicklungspsychologisch orientierten Studien gerade das pubertäre Alter – gemessen an der körperlichen und hormonellen Reife – berücksichtigt werden sollte“, erklärt Erstautorin Corinna Laube vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung.
„Entwicklungsunterschiede können oft nicht am chronologischen Alter festgemacht werden.“
Die Studie sei ein weiterer Schritt zum besseren Verständnis von impulsivem Entscheidungsverhalten von Jugendlichen und ergänze die Ergebnisse einer Vorgängerstudie des Instituts.
„Impulsivität gehört zum Erwachsenwerden und ist Teil einer gesunden Entwicklung. Jugendliche eignen sich damit neue Fähigkeiten an, die sie als eigenständiges Individuum brauchen. Doch Jugendliche können sich mit ihrem impulsiven Verhalten auch schaden“, so Ko-Autor Wouter van den Bos vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung.
Aus erzieherischer Perspektive kann es vor dem Hintergrund der vorliegenden Studienergebnisse ratsam sein, gutes Verhalten von Jugendlichen kurzfristiger zu belohnen, anstatt auf Belohnungen in der Zukunft zu verweisen. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
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