Wenn Kälber regelmäßig gestreichelt werden, entwickeln sie eine gute Beziehung zum Halter und nehmen offenbar auch schneller an Gewicht zu. Das ist das Resultat einer Studie der Veterinärmedizinischen Universität Wien, für die 104 Holstein-Kälber untersucht wurden. Der freundliche Umgang mit den Tieren kann sich für Milchviehbetriebe auch wirtschaftlich lohnen. Denn frühere Studien haben gezeigt, dass Kälber mit einer raschen Gewichtszunahme nach der Geburt später als Kuh auch mehr Milch geben.
In der konventionellen Milchwirtschaft werden Kälber meist direkt von ihren Müttern getrennt und anschließend einzeln oder in Gruppen gehalten. Die Wiener Wissenschaftler hatten jedes zweite Kalb nach der Geburt 14 Tage lang je drei Minuten pro Tag gestreichelt und dabei freundlich mit ihm geredet. Dazu wählten sie eine Stelle am Hals aus, an der die Tiere offenbar besonders gerne berührt werden.
Zum Zeitpunkt des Absetzens (90 Tage nach der Geburt) waren die zuvor gestreichelten Kälber schwerer als solche, die keine derartige Zuwendung erhielten. Die Gewichtszunahme war um drei Prozent erhöht. Das würde später einer Mehrproduktion von 50 Kilogramm Milch im Jahr entsprechen. Vermutlich können die Kälber mehr Energie in das Wachstum stecken, da sie weniger Furchtreaktionen gegenüber dem Menschen zeigen und daher geringeren energetischen Aufwand haben. Zudem kann das Streicheln zur Ausschüttung von Hormonen wie Oxytocin und Botenstoffen im Magen-Darm-Trakt führen, die eine Gewichtszunahme begünstigen.
Des Weiteren untersuchten die Wissenschaftler anhand des sogenannten Ausweichdistanz-Tests die Qualität der Mensch-Tier-Beziehung. Dabei wird ermittelt, ab welcher Distanz sich das Kalb abwendet, wenn ein ihnen bekannter Mensch von vorn auf das Tier zugeht. Wenn die Tiere Vertrauen haben, ist die Ausweichdistanz gering. Die gestreichelten Kälber wichen dem Menschen nicht so schnell aus wie Tiere aus der Kontrollgruppe.
Die Wissenschaftler empfehlen Landwirten, regelmäßig Kontakt zu den Tieren zu pflegen – auch wenn drei Minuten pro Tag und Kalb kaum zu realisieren sind. Der freundliche Umgang über einen längeren Zeitraum hat auf jeden Fall positive Auswirkungen – auf das Wohlergehen des Tieres und letztlich auch auf wirtschaftlicher Ebene. (Heike Kreutz, aid)
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