Fettzellen als „Heizkraftwerke“: Forscher/innen von BioTechMed-Graz entschlüsseln Energiezufuhr
Menschen müssen ihren Körper bei Kältezufuhr auf Körpertemperatur halten. Hierfür muss der Organismus Energie beziehen. Dabei soll Fett verbrannt werden. Bisherige Lehrmeinung war, dass der Abbau des Enzyms ATGL in “braunen” Fettzellen wichtig sei, damit ausreichend Energie produziert wird. Diese Lehransicht wurde nunmehr durch eine aktuelle Studie der Medizinischen Universität Graz widerlegt.
Weißes Fett macht den überwiegenden Teil des Körperfetts aus und ist unter anderem für die Speicherung der überschüssigen Nahrungsenergie verantwortlich. Im Gegensatz dazu wird im braunen Fettgewebe Energie in Form von Wärmeenergie umgesetzt. Es sitzt vor allem im Halsbereich, am Brustbein und an der Wirbelsäule. Bei Kleinkindern stellt das braune Fett die Aufrechterhaltung der Körpertemperatur sicher, da die Körperoberfläche groß und die Muskelmasse noch gering ist.
Die Wissenschafter widerlegen mit ihrer Publikation die bisherige Annahme, dass der Abbau von Fett durch das fettspaltende Enzym Adipose Triglyceride Lipase (kurz ATGL) in sogenannten braunen Fettzellen entscheidend ist, um ausreichend Brennstoff zu generieren und damit die Körpertemperatur bei Kälte im Bereich von fünf Grad aufrecht erhalten zu können.
Jetzt wurde im Tiermodell nachgewiesen, dass das Fehlen der ATGL in den braunen Fettzellen durch erhöhte Bereitstellung von Energie aus anderen Fettdepots kompensiert wird. „Fehlt die ATGL allerdings auch in diesen, muss Energie zusätzlich über die Nahrung zugeführt werden“, erklärt Dr. Renate Schreiber, die Erstautorin der Studie.
Eine essenzielle Rolle spielt das Enzym im Herzen, um die Verteilung der Wärme im Körper zu gewährleisten. „Fehlt in diesem Organ die ATGL, ist das tödlich“, so Assoz.-Prof. Dr. Simon Sedej von der Medizinischen Universität Graz.
Braune Fettzellen, ursprünglich nur bei Neugeborenen beschrieben, wurden vor einigen Jahren auch bei Erwachsenen als zentrale „Verbrennungsmaschinen“ identifiziert. „Die aktuelle Arbeit leistet einen wichtigen Beitrag zum Verständnis der physiologischen Vorgänge in diesen „Heizkraftwerken“, welche zur Entwicklung von Therapieansätzen in der Behandlung von Fettleibigkeit unumgänglich sind“, schildert Schreiber.
Die Studie der Grazer WissenschafterInnen, die mit Kollegen von den Universitäten Maastricht (NL) und Pittsburgh (USA) zusammenarbeiteten, wurde von der Foundation Leducq, dem European Research Council (ERC), sowie dem Österreichischen Wissenschaftsfonds FWF finanziert.
Publikation
Cold-induced thermogenesis depends on ATGL-mediated lipolysis in cardiac muscle but not brown adipose tissue
Renate Schreiber, Clemens Diwoky, Gabriele Schoiswohl, Ursula Feiler, Nuttaporn Wongsiriroj, Mahmoud Abdellatif, Dagmar Kolb, Joris Hoeks, Erin E. Kershaw, Simon Sedej, Patrick Schrauwen, Günter Haemmerle, Rudolf Zechner
DOI: 10.1016/j.cmet.2017.09.004
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