Querschnittsgelähmte steuern gedanklich Roboterarm
17.05.2012
US-Forscher haben erfolgreich den Einsatz eines Roboterarms bei Querschnittsgelähmten Patienten getestet. Der Roboterarm wird mit Hilfe eines neuartigen „neuronalen Interface“ bedient, dass den Patienten eine Steuerung ermöglicht, die so präzise ist, dass sie eine Trinkflasche mit Kaffee vom Tisch greifen und ohne fremde Hilfe trinken können, berichten John Donoghue und Leigh Hochberg von der Brown University (Rhode Island, USA) im Fachmagazin „Nature“.
Seit April letzten Jahres haben Forscher die Funktionsfähigkeit des Roboterarms an zwei Patienten mit Tetraplegie (Querschnittlähmung bei der sämtliche Gliedmaßen betroffen sind) getestet. Mit Erfolg, wie jetzt veröffentlichte Ergebnisse belegen. Die vom Hals an abwärts gelähmte Cathy Hutchinson war dazu in der Lage den Roboterarm über ein neuronales Interface so exakt zu dirigieren, dass sie den Kaffee von Tisch nehmen und zu ihrem Mund führen konnte. Die 58-Jährige ist laut Aussage der Wissenschaftler seit einen Schlaganfall vor 15 Jahren fast vollständig gelähmt und nicht mehr in der Lage zu sprechen. Erstmals habe sie nun wieder „aus eigenem Willen etwas anheben können“, erläuterte Leigh Hochberg und ergänzte „Wir werden ihr Lächeln nie vergessen.“
Neuronale Schnittstellen als Verbindung zwischen Mensch und Maschine
„Lähmungen nach Rückenmarksverletzungen, Hirnstamminfarkten, amyotropher Lateralsklerose und anderen Störungen können das Gehirn vom Körper trennen, wodurch die Fähigkeit, willentliche Bewegungen auszuführen eliminiert wird“, schreiben die Forscher und erklären hiermit zugleich die Grundlagen ihrer Forschung. Durch neuronale Schnittstellen könnten Signale des Gehirns genutzt werden, um künstliche Gliedmaßen zu steuern, so der Ansatz bei Entwicklung des nun getesteten Roboterarms. „Die Herausforderung liegt bei der Entschlüsselung der neuronalen Signale und der Umwandlung dieser Signale in digitale Befehle, denen das Roboter-Gerät folgen kann, um die genaue beabsichtigte Bewegung auszuführen“, erklären die US-Wissenschaftler. Dabei gelte: Je komplexer die Bewegung, desto schwieriger ist die Entschlüsselung.
Elektrodenfeld im Gehirn nimmt die Signale zur Steuerung des Roboterarms auf
Das auch Tetraplegie-Patienten entsprechende Gehirnsignale an ein neuronales Interface weitergeben können, war bereits aus früheren Studien bekannt, bei denen zwei Testpersonen den Cursor auf einem Computerbildschirm mit Hilfe ihrer Gedanken bewegten. Die Steuerung des Roboterarms war jedoch deutlich komplexer. Umso zufriedener zeigten sich die Neurowissenschaftler über den Erfolg. Dass Cathy auch feste Objekte greifen und in vier von sechs Anläufen die mit Kaffee gefüllte Flasche an ihren Mund führen und mit einem Strohhalm daraus trinken konnte, verdeutlicht nach Ansicht der Forscher, welche Chancen diese Technik für Querschnittsgelähmte Patienten bietet. Menschen mit Tetraplegie könnten so „auch Jahre nach Verletzungen des zentralen Nervensystems eine mehrdimensionale Steuerung komplexer Geräte“ mit Hilfe neuronaler Signale ausführen, erläutern die Forscher in dem Artikel „Reichen und Greifen von Menschen mittels Tetraplegie mit Hilfe eines neuronal kontrollierten Roboterarms“. Das verwendete neuronale Interface ist ein Elektrodenfeld von der Größe einer Aspirin-Tablette mit fast 100 haarfeinen Elektroden, welches im motorischen Kortex der Gehirne eingepflanzt wurde und die Impulse der Neuronen in Befehle an den Roboterarm umwandelt, so Donoghue und Hochberg weiter. (fp)
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Bild: Dieter Schütz / pixelio.de
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