Schmerzkongress in Hamburg: Der Kampf gegen den Kopfschmerz
25.10.2013
Menschen mit unerträglichen Kopfschmerzen können aufatmen. Auf dem am Mittwoch begonnen Schmerzkongess in Hamburg, werden neue Behandlungsmethoden vorgestellt. Erwartet werden bis zu 2500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
Für die etwa 100.000 in Deutschland lebenden Cluster-Kopfschmerz Patienten, die ihren Schmerz als unerträglich, reißend und bohrend beschreiben, gibt es eine neue Behandlungsmethode. Im Internet berichten Betroffene von so starken Schmerzattacken, dass sie am liebsten ihren Kopf gegen die Wand schlagen würden.
So haben Forscher die sogenannte "sphenopalatinen Ganglienstimulation", kurz SPG, entwickelt. Dabei bekommt der Betroffene direkt unter die Haut am Oberkiefer eine Spule implantiert, die über eine Elektrode mit einem bestimmten Nervenknoten verbinden ist. Bekommt die Person eine Schmerzattacke kann er von außen mittels einem Gerät, eine Art Fernbedienung, ein Signal auslösen."Dann fließt Strom und das Ganglion wird stimuliert", erklärt Prof. Arne May, einer der beiden Präsidenten des diesjährigen Schmerzkongresses und Kopfschmerz-Spezialist am Universitätsklinikum Eppendorf (UKE).
Zusammen haben Wissenschaftler des UKE und der Uniklinik Essen mit weiteren europäischen Zentren das in den USA entwickelte Verfahren in einer Studie getestet. "Wir haben unseren Patienten empfohlen, das Gerät zehn Minuten einzusetzen", sagt May. Bei 60 Prozent der Patienten innerhalb eines Zeitraums von vier Wochen die Schmerzen reduziert werden. Die Intervalle der Attacken wurden seltener oder verschwanden ganz. May berichtet, dass bei manchen Patienten der Schmerz schon nach einer Anwendung von zwei bis drei Minuten nachließ. Über den gesamten Untersuchungszeitraum von 18 Monaten war die Erfolgsquote zwar dann doch niedriger, aber dennoch kam es bei 30 bis 50 Prozent der Patienten zu einer deutlichen Verbesserung. Auf Langzeitergebnisse über mehrere Jahre zu diesem Verfahren, können die Experten allerdings noch nicht zugreifen. Mittlerweile haben die UKE-Wissenschaftler schon einige Erfahrungen mit der neuen Methode sammeln können. "Wir haben am UKE bis heute über 20 Eingriffe vorgenommen", sagte Arne May. Chronische Schmerzen sind in Deutschland kein unbekanntes Phänomen und eher weit verbreitet. Nach Angaben von Prof. Thomas Tölle, dem Präsidenten der Deutschen Schmerzgesellschaft, werden zwölf Millionen Menschen in Deutschland von chronischen Beschwerden heimgesucht. Wichtig sei vor allem, dass akute Schmerzen gleich von Anfang an ernst genommen und behandelt werden, damit sie nicht dauerhaft bleiben, sagte Tölle.
Vor diesem Hintergrund verwies er auch auf den "Nationalen Aktionsplan gegen den Schmerz", der bereits vor drei Jahren ins Leben gerufen wurde. Ziel war es das Bewusstsein für dieses Problem zu schaffen, was auch gelungen ist. Die Forschung muss aber weiter gefördert und die Versorgung der Patienten ausgebaut werden. Für die Umsetzung des Aktionsplans forderte er auch die Mitwirkung der Politik: "Nur von der Politik kann die Unterstützung kommen, damit wir den Aktionsplan umsetzen können", sagte Tölle.
Aus der Sicht der deutschen Schmerzgesellschaft ist ein koordiniertes Handeln notwendig, das mehr Transparenz und die Erhöhung der Qualität beinhalten sollte. In der Politik sollte das Thema Schmerz einen eigenständiger Beratungspunkt bei der Gesundheitsministerkonferenz einnehmen. Auch der Aufbau der Versorgungsforschung, etwa durch ein deutsches Schmerzregister bei chronischen Schmerzen, sei hilfreich. Sinnvoll ist es auch, Schmerzmedizin als eigenes Prüfungsfach innerhalb des Studiums an den Universitäten zu integrieren. "Wir müssen auch über Patienten mit akuten Schmerzen mehr nachdenken. Da gibt es noch große Lücken in der Versorgung an den Klinken", sagte Tölle. Für die Betroffenen ist dies sicherlich mehr als nur ein Hoffnungsschimmer. (fp)
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