Ist COVID-19 ein neuer Risikofaktor für Diabetes?
COVID-19 scheint auf unterschiedliche Weise mit Diabetes in Verbindung zu stehen. Laut einer aktuellen Studie erhöht eine bestehende Diabetes-Erkrankung das Risiko, schwer an COVID-19 zu erkranken, und COVID-19 kann andersrum das Risiko für die Entwicklung einer Diabetes-Erkrankung erhöhen.
Forschende des King’s College London fanden heraus, dass COVID-19 ein neuer Risikofaktor für die Entstehung von Diabetes sein könnte. Bei einer zunehmenden Anzahl von Menschen mit COVID-19 wird neu auftretender Diabetes dokumentiert. Die Forschungsergebnisse wurden kürzlich in dem renommierten Fachjournal „New England Journal of Medicine“ präsentiert.
Diabetes erhöht das Risiko für schwere COVID-19-Verläufe
Bisherige klinische Beobachtungen zeigen eine Beziehung zwischen COVID-19 und Diabetes. Bekannt ist bereits, dass Diabetes mit einem erhöhten Risiko für den Schweregrad und die Mortalität von COVID-19 verbunden ist. Bei bis zu 30 Prozent aller COVID-19-Todesfälle lag auch Diabetes vor.
COVID-19 scheint das Diabetes-Risiko zu steigern
Umgekehrt werden immer mehr Fälle bekannt, bei denen Betroffene im Zuge einer COVID-19-Erkrankung Diabetes entwickeln. Es ist noch unklar, wie SARS-Cov-2 und Diabetes zusammenhängen. Bekannt ist, dass das Coronavirus an das Protein ACE-2 bindet, welches auch am Glukosestoffwechsel beteiligt ist. Untersuchungen zeigten, dass SARS-Cov-2 auch in der Bauchspeicheldrüse, dem Dünndarm, dem Fettgewebe, der Leber und der Niere nachweisbar ist.
Die Forschenden vermuten deshalb, dass das Virus durch das Eindringen in diese Gewebe vielfältige und komplexe Funktionsstörungen des Glukosestoffwechsels verursachen kann. Dies deckt sich auch mit der lange bekannten Erkenntnis, dass andere Virusinfektionen wie beispielsweise Röteln an der Entstehung von Typ-1-Diabetes beteiligt sein können.
Zwei Epidemien treffen aufeinander
„Diabetes ist eine der am weitesten verbreiteten chronischen Krankheiten, und wir erkennen jetzt die Folgen des unvermeidlichen Zusammenpralls zweier Epidemien“, berichtet Studien-Co-Leiter Professor Francesco Rubino. Zur Zeit wisse man noch nicht, ob die akute Manifestation von Diabetes bei COVID-19 dem klassischen Diabetes Typ 1 oder Typ 2 zuzuordnen ist. Eventuell handele es sich hierbei sogar um eine neue Form.
Von 17 renommierten Diabetes-Fachleuten begutachtet
17 weltweit führende Diabetes-Expertinnen und -Experten überprüften die Ergebnisse und unterzeichneten die Studie. Nun soll ein globales Registers für neue Diabetesfälle aufgebaut werden, die bei Patientinnen und Patienten mit COVID-19 entdeckt werden. Ziel des Registers ist es, das Ausmaß und die Merkmale der Manifestationen von Diabetes bei Betroffenen mit COVID-19 zu verstehen und daraus neue Strategien für die Behandlung abzuleiten.
„Das Register konzentriert sich auf routinemäßig gesammelte klinische Daten, die uns helfen werden, die Insulinsekretionsfähigkeit, Insulinresistenz und den Status der Autoimmunantikörper zu untersuchen, um zu verstehen, wie sich der mit COVID-19 zusammenhängende Diabetes entwickelt“, resümiert Professorin Stephanie Amiel, Diabetesforscherin am King’s College London. Die Untersuchung von Diabetes im Zusammenhang mit COVID-19 könnte vielleicht auch neue Krankheitsmechanismen aufdecken, so die Expertin. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Diabetesinformationsdienst: VIREN (TYP-3F) (Abruf: 13.06.2020), diabetesinformationsdienst-muenchen.de
- King's College London: COVID-19 may trigger new diabetes, experts warn (veröffentlicht: 12.06.2020), kcl.ac.uk
- Francesco Rubino, Paul Zimmet, George Alberti, u.a.: New-Onset Diabetes in Covid-19; in: New England Journal of Medicine, 2020, nejm.org
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.