Viele pflegende Angehörige nehmen trotz hoher Belastung keine Auszeit
19.06.2013
Etwa 1,2 Millionen Menschen pflegen in Deutschland ihre Angehörigen zu Hause. Doch die wenigsten von ihnen gönnen sich auch mal eine Auszeit oder einen Urlaub. Darauf weißt die Stiftung Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP) hin, die jüngst eine Studie zum Thema Entlastungspflege veröffentlicht hat. Demnach leiden fast 60 Prozent der in Vollzeit erwerbstätigen Pflegenden unter Erschöpfungszuständen. Häufig scheitert der erholsame Urlaub daran, dass die Angehörigen nicht wissen, wie während dieser Zeit die Pflege sichergestellt werden kann.
Auszeit scheitert meist an Organisation der Pflege
Trotz der permanenten Überforderung, an der viele pflegende Angehörige leiden, gönnen sich die wenigsten Erholungsphasen. „Nur etwa jeder vierte pflegende Angehörige greift überhaupt auf Entlastungsangebote zurück“, berichtet Dr. Ralf Suhr, Vorstandsvorsitzende des ZQP. Vor allem Menschen, die Beruf und Pflege unter einen Hut bringen müssen, sind häufig nahe ihrer Belastungsgrenze. Dass die oft über mehrere Jahre erstreckende Dauerbelastung auf Kosten der Gesundheit geht, erfahrene viele pflegende Angehörige am eigenen Leib. So leide etwa mehr als die Hälfte an Muskelverspannungen und bei jedem fünften würden depressive Symptome auftreten, erläutert Suhr. Laut der ZQP-Studie leiden 60 Prozent der Vollzeit-Berufstätigen, die Angehörige pflegen, an Erschöpfungszuständen. Unter den Teilzeit-Beschäftigen ist der Untersuchung zufolge fast jeder Zweite betroffen.
Meist gönnen sich pflegende Angehörige keine oder nur sehr selten eine Auszeit, weil sie nicht wissen, wie sie die Pflege während dieser Zeit organisieren können. Das ZQP rät Betroffen dazu, eine Pflegeberatung aufzusuchen. Dort erhielten Angehörige unabhängig und kostenlos Informationen rund um das Thema Pflege. So wissen viele beispielsweise nicht, dass Pflegende einen Antrag auf Betreuung ihrer Angehörigen bei der Pflegekasse für maximal 28 Tage pro Kalenderjahr stellen können.
Pflegekasse erstattet Kosten bei Auszeit von pflegenden Angehörigen
Die Pflegeberatung unterstützt Pflegende dabei, die richtige Lösung für ihre individuelle Situation zu finden. So kann beispielsweise die sogenannte Verhinderungspflege eine Möglichkeit sein, Pflegebedürftige für kurze Zeit von einer vertrauten Ersatzperson zu Hause versorgen zu lassen. Dafür kommen beispielsweise andere Angehörige oder Freunde in Frage aber auch ein ambulanter Pflegedienst oder eine Pflegeeinrichtung. Dieses Modell hat den Vorteil, dass sich der Pflegebedürftige nicht auf eine neue Umgebung einstellen muss und weiterhin von ihm bekannten Menschen versorgt wird. Die Verhinderungspflege kann bei der Pflegekasse für bis zu 28 Tage beantragt werden. Die Pflegekasse erstattet dafür wie auch bei der Kurzzeitpflege maximal 1.550 Euro pro Jahr.
Die sogenannte Kurzzeitpflege ist ein anderes Modell, das meist von Pflegeheimen angeboten wird und maximal vier Wochen dauert. Das kann beispielsweise nach einem Krankenhausaufenthalt in Frage kommen. Die Voraussetzung für die Gewährung einer Kurzzeitpflege besteht vor allem darin, dass der Pflegebedürftige eine Pflegestufe haben muss. Wenn Versicherte in ihrem alltäglichen Leben deutlich eingeschränkt sind, kann sie auch für Menschen ohne Pflegestufe in Betracht kommen. Wie das ZQP berichtet, gibt es neben der Verhinderungs- und Kurzzeitpflege auch immer mehr Urlaubsangebote, die Pflegebedürftige gemeinsam mit ihren pflegenden Angehörigen in Anspruch nehmen können. (ag)
Bild: Gabi Eder / pixelio.de
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