Seit 12 Jahren duscht ein Forscher nicht mehr
Der Forscher David Whitlock lebt nicht auf der Straße und schläft auch nicht unter Brücken. Whitlock ist renommierter Wissenschaftler und erwarb seinen Abschluss am Massachusetts Institute of Technology. Trotzdem lehnt er es kategorisch ab, zu duschen. Und das seit nunmehr über 12 Jahren. Und das alles im Namen der Wissenschaft. Stattdessen hat er eine Alternative entdeckt, um Infektionen zu verhindern.
Bakterien statt Wasser
Whitlock möchte am eigenen Leib beweisen, dass Duschgel und Seife dem Körper schaden. Er geht davon aus, dass die duftenden Kosmetika den natürlichen Schutzfilm der Haut gegen Erreger zerstören und setzt stattdessen auf „Mother Dirt“, ein von ihm entwickeltes Bakterienspray. Sein Spray enthält Bakterien, die auch im Schmutz vorkommen; es soll schädliche Stoffe auf der Haut neutralisieren und Infektionen verhindern, dabei zugleich die natürliche Hautflora schützen.
Duschen ist nicht selbstverständlich
Täglich zu duschen ist für viele heute selbstverständlich. Dabei etablierte sich diese Praxis erst seit einigen Jahrzehnten und auch nur in den reichen Industriestaaten. Noch für Menschen auf dem Land in den 1960er Jahren war der wöchentliche Badetag normal. Die ganze Familie sprang einmal in der Woche hintereinander in die Wanne mit heißem Wasser und schrubbte sich gründlich
Trocken waschen
In vielen Trockengebieten ist Wasser viel zu kostbar, als es dafür zu verschwenden, täglich den Körper abzuspülen. Traditionelle American Natives stehen zum Beispiel fassungslos vor den Fontänen in Las Vegas; ihre Vorfahren erfanden nämlich in der Wüste von Nevada das Trockenwaschen. Sie reinigten sich mit Schwitzhütten und rieben sich den Schweiß danach mit Sand vom Körper.
Das hatte auch den Sinn, in ihrer wasserarmen Heimat Wasser zu sparen. Umgekehrt stehen heute die Großstädte des Südwestens, die Wasser in Mengen aus dem Boden und dem Colorado abpumpen vor einem ungelösten Wasserproblem – und vor einem möglichen Kollaps.
So wie die Indianer in den Wüsten, entwickelten alle Wüstenvölker Techniken, um sich ohne Wasser sauber zu halten. Die Berber in Marokko kennen eine Vielzahl von „Deodorants“, „Shampoos“ und „Gesichtsmasken“ aus Erde, Steinen und Pflanzen, die die Haut reinigen – mit einem Minimum an Wasser.
Schweiß gegen Gestank
Die Schwitzhütte, wir nennen sie Sauna, wirkt durch eine natürliche Wäsche. Schweiß ist nämlich kein Abfall, sondern dient dazu, den Körper ebenso zu kühlen wie zu reinigen. Frischer Schweiß spült also den Dreck in Form von potenziellen Krankheitserregen, Abfallprodukten von Bakterien, Nahrungsresten und Fremdstoffen hinweg.
Wer, ohne zu duschen, den Körper nach dem Saunagang mit Birkenzweigen abtrocknet, der fühlt sich nicht schmutzig, sondern sauberer als nach zehnmaligem Duschen.
Schweiß stinkt nicht generell, sondern intensive Gerüche entstehen bei altem Schweiß, wenn Bakterien sich zersetzen, durch Duftstoffe, die biologisch der sexuellen Anziehung dienen (aber im Büro als penetrant wahrgenommen werden), und durch die Verbindung zwischen ungewaschener Kleidung und mangelnder Körperhygiene. In altem Schweiß trocknen Abfallprodukte des Körpers ebenso ein wie Fremdstoffe.
Duschen gleich Hygiene?
Körperhygiene heißt aber nicht unbedingt, täglich zu duschen. Alten Schweiß ohne Wasser zu entfernen, beseitigt den unangenehmen Geruch mindestens genau so gut – zum Beispiel mit Schwämmen, Blättern oder Bürsten. Auch die Haut mit einer Trockenseife aus zerriebenen Mineralien und Kräutern abzureiben, entfernt ungewollte Duftnoten.
Duschen allein hilft nicht
Umgekehrt entfernen wir den Schweißgeruch nicht dadurch, dass wir beim Duschen einfach das Wasser über den Körper laufen lassen, sondern ebenfalls durch Waschen mit Lappen, abbürsten und einseifen.
Shampoos enthalten Duftstoffe – Kräuter, die wir ohne Wasser in die Haut einreiben, enthalten solche Stoffe ebenfalls.
Stinken traditionelle Menschen?
Unsere Vorfahren im Mittelalter stanken vermutlich bis zum Himmel. Den Müll kippten sie in den Fluss oder vor die Haustür, Kot und Urin der Nutztiere auf dem Misthaufen verrieten den Bauernhof schon von weitem. In Schiffen schliefen Matrosen dicht an dicht, und Adlige übertünchten ihren Körpergeruch mit Parfüm.
Wer sich aber unter Navajos, Tuareg oder Buschmännern aufhält, der weiß, dass diese Menschen zwar einen ebenso unaufdringlichen wie ungewöhnlichen Körpergeruch haben, aber für unsere Nasen, nicht stinken wie zum Beispiel die Bewohner einer Heimes für männliche Obdachlose.
Sie waschen sich trocken, sie putzen sich die Zähne mit duftenden Pflanzen, den After und die Achseln mit Pulvern aus Pflanzen und Steinen. Auch Whitlock wirkt laut Augenzeugen gepflegt und verbreitet keinen unangenehmen Körpergeruch.
Was sagen Wissenschaftler?
Cord Sunderkötter von der Universität Münster hält tägliches Duschen für problematisch. Es schädige die Hautflora, denn es spüle auch nützliche Bakterien hinweg. Laut dem Münchner Dermatologen Christoph Liebich wehren solche Bakterien Krankheitserreger ab. Mit anderen Worten: Wer täglich duscht, macht sich anfällig für Krankheiten.
Wasser oder Shampoo?
Liebich empfiehlt Menschen, die stark schwitzen wie Körperarbeiter oder Sportler, nur die schwitzenden Stellen wie die Achseln zu reinigen – und zwar mit Wasser. Zu viel Shampoo oder Seife reduziere den Fettgehalt der Haut.
Häufiges Duschen mit antispetischen Seifen erinnert an geschälte Bananen in Plastikverpackungen: Die Hautflora selbst wirkt bereits antiseptisch gegen schädliche Erreger. Sie abzuduschen und sich dann einzuseifen, ist absurd. Wichtig ist es, sich nach dem Duschen einzucremen, denn waschen und sich trocken reiben entzieht der Haut Feuchtigkeit.
Duschen ist nicht Hände waschen
Im Unterschied zum Duschen sollten wir die Hände häufig waschen, am besten vor jedem Essen und nach jedem Toilettengang. Denn die meisten Krankheitserreger kommen von der Hand in den Mund und von da in den Körper. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.