Krankenkassen lehnen trotz guter Einnahmen Beitragssenkungen ab
13.10.2011
Im kommenden Jahr werden aller Voraussicht nach die Beiträge der gesetzlichen Krankenkassen nicht erhöht. Zusatzbeiträge, die Gesundheitsreform sowie die Stabilisierung des Arbeitsmarktes haben nach Angaben von Experten dazu beigetragen, dass die Beitragserhöhungen der Kassen vorerst im kommenden Jahr ausbleiben.
Keine Kassenbeitragserhöhungen im laufenden und kommenden Jahr
Kassenpatienten können aufatmen: Aufgrund der guten Entwicklung am Arbeitsmarkt sind die Einnahmen der Krankenkassen wieder stabilisiert. Die Beitragseinnahmen der Kassen sind im laufenden Jahr nach ersten Auswertungen nicht abgerutscht. Das wirkt sich auch positiv auf die Versicherten aus. Sie müssen in diesem Jahr und im kommenden Jahr mit keinen weiteren Beitragsteigerungen rechnen. Auch flächendeckende Zusatzbeiträge werden mit großer Wahrscheinlichkeit nicht erhoben werden. Krankenkassen, die allerdings jetzt zusätzliche Beiträge verlangen, werden an dieser Beitragspolitik aller Wahrscheinlichkeit nach auch im nächsten Jahr daran festhalten. Die positive Prognose wurde am Mittwoch durch den Schätzerkreis des Bundesversicherungsamt veröffentlicht. Dem Schätzerkreis gehören Fachleute des Bundesgesundheitsministeriums, des Bundesversicherungsamtes und der gesetzlichen Krankenkassen an. Die Experten prognostizieren bei gleichbleibenden Bedingungen eine stabile Einnahmeseite der Kassen und des Gesundheitsfonds. Mehreinnahmen sollen für schwierige Finanzsituationen angelegt werden.
Gute Entwicklung am Arbeitsmarkt
Hauptverantwortlich für diese Entwicklung sind die Beitragsmehreinnahmen durch die Wende am Arbeitsmarkt und den Beitragserhöhungen von Januar 2011. Weil immer mehr Menschen sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind, ist die Zahl der beitragspflichtigen Mitglieder gestiegen. Demnach rechnet das Bundesversicherungsamt mit Beitragseinnahmen des vollendeten Jahres 2011 in Höhe von 183,4 Milliarden Euro. Das sind rund 1,7 Milliarden Euro mehr, als ursprünglich im Januar noch geschätzt wurde. Die Zuweisungen an die Krankenkassen aus dem Gesundheitsfonds bleiben dennoch den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend bei unverändert 178,9 Milliarden Euro. Die Ausgaben der Krankenkassen werden mit 177,5 Milliarden Euro vorhergesagt.
Stabile Beitragseinnahmen auch 2012
Im kommenden Jahr soll sich der positive Trend fortsetzen. Der Schätzerkreis rechnet auch mit stabilen Einnahmen der Krankenkassen. Durch die gute Situation am Arbeitsmarkt wird für das laufende Jahr ein Überschuss erwartet. Diese Mehreinnahmen sollen der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds zugestellt werden, wie ein Spitzentreffen aus Vertretern der Krankenkassen, Bundesgesundheitsministerium und Bundesversicherungsamt in Bonn beschloss. Eine Senkung der Kassenbeiträge wurde abgelehnt.
Bei geschätzten 183,4 Milliarden Euro Kasseneinnahmen und Zuweisungen von 178,9 Milliarden an den Gesundheitsfonds ergibt sich ein satter Mehrbetrag von rund 4,5 Milliarden Euro. Der Überschuss soll beispielsweise für die Deckung der Zusatzbeiträge von Hartz IV, Sozialhilfe Beziehern und Geringverdienern eingesetzt werden. Hierfür haben die Experten eine Summe von rund 2,0 Milliarden Euro vorgesehen, die bis zum Jahre 2014 halten soll. Weitere 2,4 Milliarden Euro sollen als „Notgroschen“ aufbewahrt werden, um eventuell auftretende konjunkturelle Schwankungen auszugleichen und die Einnahmeseite zu sichern. Eine Liquiditätsreserve wurde im Gesundheitsfonds geschaffen, damit Krankenkassen in schwierigen finanziellen Lagen oder Insolvenzen ihren Zahlungsverpflichtungen gegenüber Ärzten, Arzneimittelherstellern und Kliniken nachkommen. Dadurch wird die Versorgung der Patienten auch im Falle einer Kassenpleite garantiert. Im nächsten Jahr 2012 werden weitere Mehreinnahmen erwartet. Die Gesamteinnahmen werden mit 185,7 Milliarden Euro beziffert. Die Ausgaben der Kassen werden mit 185,4 Milliarden Euro angegeben. Somit könnten im nächsten Jahr die Krankenkassenausgaben durch die Zuweisungen des Gesundheitsfonds durchschnittlich voll gedeckt sein, wie die Fachexperten erläuterten. Insgesamt erwarten die Schätzer einen Anstieg auf der Ausgabenseite von 4,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Insbesondere sind hierfür der erhöhte Konsum und die steigenden Preise bei den Arzneimitteln verantwortlich.
Beitragssenkungen werden kategorisch abgelehnt
Forderungen von Seiten der Gewerkschaften, SPD und Linkspartei aufgrund der Einnahmeerhöhungen die Kassenbeiträge zu senken, erteilten die Krankenkassen eine klare Absage. Ein solch geringer „Überschuss lässt keinen Spielraum“ um über „Senkungen der Beiträge zu diskutieren“ sagte der Vorsitzende des Verbandes der Ersatzkassen Thomas Ballast. Die Forderungen von Seiten der Ärzte und Kliniken, nach höheren Finanzmitteln für die Versorgung der Patienten wurden von der Chefin des Verbandes der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) entschieden abgelehnt. So sagte Doris Pfeiffer: „Solche Forderungen von Vertretern der Ärzteschaft und der Krankenhäuser nach zusätzlichen Finanzmitteln speziell für ihre Klientel sind völlig unangebracht“. Aus dem Hause des Bundesgesundheitsministeriums war zu hören, dass die überschüssigen Mittel für spätere Zeiten angelegt werden. (sb)
Lesen Sie zum Thema:
Anzahl der Krankenkassen 2011 deutlich gesunken
22 Krankenkassen stehen vor der Pleite?
Gesetzliche Krankenkassen in Notlage
Krankenkassen: Bald 70 Euro für Zusatzbeiträge?
Übertriebene Sparbemühungen der Krankenkassen
Krankenkassen erwarten kein Defizit für 2011
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.