LSG Stuttgart: Aber auch kein „Weiterleben in einer analogen Welt“
Die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte ist grundsätzlich rechtmäßig. Allerdings darf der Datenschutz nicht durch die Speicherung verschiedener Zusatzinformationen zum „Versichertenstatus“ unterlaufen werden, entschied das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg in Stuttgart in einem am Mittwoch, 20. Juli 2016, veröffentlichten Urteil (Az.: L 11 KR 2510/15).
Die elektronischen Gesundheitskarten wurden seit 2013 von den Krankenkassen ausgegeben. Seit 2015 dürfen die Leistungserbringer keine anderen Nachweise mehr anerkennen. Entsprechend betonte nun das LSG Stuttgart, dass Versicherte die Karte bei ihrem Arzt vorlegen müssen, um in den Genuss einer Behandlung zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung zu kommen.
Bereits am 18. November 2014 hatte das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel entschieden, dass die Gesundheitskarte mit Lichtbild und Datenchip nicht gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verstößt; der Eingriff in den Datenschutz sei „durch überwiegende Allgemeininteressen gerechtfertigt“ (Az.: B 1 KR 35/13 R; JurAgentur-Meldung vom Urteilstag).
Dem schloss sich das LSG Stuttgart nun an. Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung gewähre „kein Recht auf Verhinderung der Digitalisierung und Weiterleben in einer analogen Welt“. Die Speicherung zahlreicher sensibler Daten sei ohnehin freiwillig.
Zu den gespeicherten Pflichtdaten gehört der „Versichertenstatus“. Hierunter wird üblich verstanden, ob der Versicherte als Mitglied, Familienversicherter oder Rentner der gesetzlichen Krankenversicherung angehört.
Mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung hatten die Krankenkassen allerdings vereinbart, dass ohne Zustimmung der Versicherten zusätzliche „statusergänzende Merkmale“ gespeichert werden sollen. Dazu gehört die Teilnahme an besonderen Versorgungsprogrammen, etwa bei bestimmten Fachärzten oder bezüglich chronischer Krankheiten wie Diabetes.
Nach Überzeugung des LSG Stuttgart ist dies von den gesetzlichen Vorgaben nicht gedeckt. Der Begriff des Versichertenstatus’ dürfe nicht „beliebig ausgefüllt und datenmäßig erweitert“ werden, heißt es in dem jetzt schriftlich veröffentlichten Urteil vom 21. Juni 2016. mwo/fle
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