Teufelskreis: Schlagen macht Kinder aggressiv und aggressive Kinder werden häufiger geschlagen
02.05.2014
Das Schlagen von Kindern sollte keine Lösung darstellen. Das zeigt auch eine neu veröffentlichte Studie aus den Vereinigten Staaten. Die meisten Eltern wissen, dass sie ihr Kind keinesfalls schlagen sollten, allerdings rutsch manchen dennoch gelegentlich die Hand aus. US-Wissenschaftler der Columbia University haben nun in einer umfassenden Studie untersucht, was Eltern dazu treibt, ihre Kinder zu schlagen und welchen Effekt dies langfristig auf die Entwicklung des Kindes hat. Ihre Ergebnisse haben sie in dem „Journal of Youth and Adolescence“ veröffentlicht.
Das Forscherteam um Professor Dr. Michael MacKenzie von der Columbia University School of Social Work kommt zu dem Schluss, dass die erste Dekade des Lebens bei vielen Kindern, die geschlagen werden, durch einen eskalierenden Prozess geprägt ist. So würden temperamentvolle Kinder häufiger geschlagen als ruhige, zurückhaltende Kinder. Dies führe wiederum zu einem aggressiveren Verhalten der Betroffenen und erhöhe damit zusätzlich die Wahrscheinlichkeit körperlicher Züchtigungen in der Zukunft, berichten Professor MacKenzie und Kollegen.
Kapp 1900 Familien befragt
Für ihre Studie werteten die US-Wissenschaftler die Daten von 1874 Familien aus der „Fragile Families and Child Wellbeing Study“ aus, die zwischen 1998 und dem Jahr 2000 in zwanzig großen amerikanischen Städten erhoben wurden. Die Familien wurden unmittelbar nach der Geburt der Kinder sowie anschließend nach einem Zeitraum von einem, drei, fünf und neun Jahren zu ihrem täglichen Zusammenleben befragt. Dabei gaben laut Aussage der Forscher 28 Prozent der Eltern an, dass sie ihr Kind bereits im ersten Lebensjahr geschlagen haben. Über alle Altersstufen sei feststellbar gewesen, dass Kinder mit mehr Verhaltensproblemen vermehrt Prügel erhielten. Dies sei ein Hinweis darauf, dass schwierigere Kinder ihren Eltern häufiger Zwangsformen der Bestrafung entlocken, folgern Prof. MacKenzie und Kollegen.
Prügelstrafe führt zu Aggression in späteren Jahren
Prügelstrafen zeigten ihrerseits jedoch ebenfalls unabhängig vom Alter eine eindeutige Wirkung auf das Verhalten der Kinder. Die Aggression der Kinder in späteren Altersstufen sei durch die körperliche Züchtigung deutlich gestiegen. Dies habe auch bei den Kindern gegolten, die bereits im ersten Lebensjahr Schläge erhielten. In diesem Alter sei eine rein durch das Verhalten der Kinder bedingte körperliche Bestrafung eher ausgeschlossen, da im Alter unter drei Jahren nicht von bewussten Provokationen ausgegangen werden kann. Hier zeige sich, dass Eltern, die früh die Geduld verlieren, das Verhalten ihrer Kinder nachhaltig beeinflussen und damit Konfrontationen zwischen Kindern und Eltern in Zukunft deutlich wahrscheinlicher werden. Die Forscher berichten von einem eskalierenden Verhaltensmuster. Gelingt es den Eltern diesen Teufelskreis frühzeitig zu durchbrechen, erleichtern sie damit sich selbst und ihrem Kind das künftig Leben erheblich.
Risikofaktoren für die Prügelstrafe?
Die US-Wissenschaftler identifizierten im Rahmen ihrer Studie auch zahlreiche Risikofaktoren, die zu vermehrten Prügelstrafen und entsprechend aggressivem Verhalten der Kinder führen können. Hier sei zum Beispiel ein Drogenmissbrauch der Eltern, Gewalt in der elterlichen Partnerschaft, eine Haftstrafe des Vaters und ein geringer mütterlicher Intelligenzquotient zu erwähnen, berichten Professor MacKenzie und Kollegen. „Die Ergebnisse zeigen ein bidirektionales Muster zwischen Eltern und Kind, das früh beginnt und sich in den ersten zehn Jahren verstärkt“, berichten die Wissenschaftler. Kinder würden laut Aussage der Forscher erheblich davon profitieren, wenn Eltern mehr positive Verhaltensweisen adoptieren und auf körperliche Züchtigung gänzlich verzichten. „ Die Ergebnisse sind in dem US-amerikanischen Kontext angesichts der relativ hohe Verbreitung der Prügelstrafe in diesem Land besonders wichtig“, schreiben die Forscher weiter. Bis heute seien Prügel ein typisches Erlebnis für amerikanische Kinder. In der „Fragile Families and Child Wellbeing Study“ hatten 57 Prozent der Eltern im dritten Lebensjahr der Kinder angegeben, dass ihnen gelegentlich die Hand ausrutsche. Im Alter von neun Jahren erhielt immerhin noch knapp die Hälfte der Kinder hin und wieder Prügel. (fp)
Bild: Reinhard Grieger / pixelio.de
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