Immer mehr teure Notfall-OP bei Kaiserschnitten
Seitdem 2009 bekannt wurde, dass Krankenhäuser für Not-Kaiserschnitte mehr abrechnen können als für einen geplanten Kaiserschnitt, ist die Zahl der Notfall-OPs stark angestiegen. Dies zeigt eine Datenauswertung der Techniker Krankenkasse (TK). Ausschlaggebend für den Anstieg ist offenbar der „wirtschaftliche Anreiz“.
Immer mehr Kaiserschnittgeburten
Zahlen des Statistischen Bundesamts in Wiesbaden zufolge kommt fast jedes dritte Kind in Deutschland per Kaiserschnitt zur Welt. Viele Frauen haben offenbar so große Angst vor den Wehen und dem Geburtsvorgang, dass sie sich gegen eine natürliche Geburt entscheiden und ihr Kind lieber an einem zuvor festgelegten Termin im OP per Kaiserschnitt zur Welt bringen. Es gibt aber auch zahlreiche medizinische Gründe für einen geplanten Eingriff. Etwa wenn das Baby in der Beckenlage liegt oder das Kind für das mütterliche Becken zu groß zu sein scheint. Allerdings wird die Frage Kaiserschnitt oder natürliche Geburt, laut Gesundheitsexperten zu oft zugunsten des operativen Eingriffs entschieden. Für viele Kliniken in Deutschland ist das offenbar ein lukratives Geschäft.
Krankenkassen rechnen Kaiserschnitte öfter als Notfall-OP ab
Wie die Nachrichtenagentur dpa berichtet, rechnen die Krankenhäuser in Deutschland ihre Kaiserschnitt-Geburten immer häufiger als teure Notfall-OP ab, die günstigeren geplanten Eingriffe werden dagegen seltener. Dies zeigt eine Auswertung von Routinedaten der Techniker Krankenkasse (TK), die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Demnach hätten sich 2005 bis 2008 ungeplante und geplante OPs bei Kaiserschnitt-Geburten durchgängig die Waage gehalten. Wie es heißt, öffnete sich ab 2009 die Schere: Genau zu dem Zeitpunkt, als bekannt wurde, dass Krankenhäuser für einen Notfall-Kaiserschnitt einen höheren Preis abrechnen können als für einen geplanten Kaiserschnitt.
„Wirtschaftliche Anreize offenbar ausschlaggebend“
Den Angaben zufolge lag das Verhältnis von ungeplanten zu geplanten Kaiserschnitt-OPs bereits 2014 bei 56 zu 44 Prozent. „Hier ist der wirtschaftliche Anreiz offenbar ausschlaggebend“, sagte Frank Verheyen, Direktor des Wissenschaftlichen Instituts für Nutzen und Effizienz im Gesundheitswesen der TK (WINEG). Derzeit kann eine durchschnittliche, ungeplante Kaiserschnitt-Geburt mit fast 3.400 Euro abgerechnet werden, eine vergleichbare geplante OP dagegen mit knapp 2.700 Euro. Der Nachrichtenagentur zufolge hatten die gesetzlichen Krankenkassen einen Kaiserschnitt vor der Neuregelung einheitlich vergütet.
Hohes Kosten für die Gemeinschaft der Versicherten
„Im Zuge unserer Untersuchung konnten keine weiteren Faktoren identifiziert werden, die den Anstieg bei ungeplanten Kaiserschnitten begründen“, erklärte Verheyen. Wie es heißt, seien der TK und damit letztlich der Gemeinschaft der Versicherten durch die Verschiebung hin zu mehr ungeplanten Geburten auf dem OP-Tisch seit der Vergütungsumstellung Mehrkosten in Höhe von knapp 3,7 Millionen Euro entstanden. Auf die gesetzliche Krankenversicherung hoch gerechnet liegen die Zusatzausgaben für den Zeitraum 2010 bis 2014 bei 31,5 Millionen Euro.
Fast jedes dritte Kind kommt per Kaiserschnitt
Seit der Jahrtausendwende sei die Kaiserschnittrate in Deutschland rasant gestiegen und hat sich mittlerweile auf hohem Niveau eingependelt. Insgesamt lag sie nach Angaben des Statistischen Bundesamts 2014 bundesweit bei rund 31,8 Prozent, 2000 waren es noch 21,5 Prozent. Auch bei der TK zeige sich dieser Trend. Demnach wurden in den Vorjahren mehr als 30 Prozent aller TK-versicherten Neugeborenen per Kaiserschnitt entbunden. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt eine Kaiserschnittrate von nicht mehr als zehn bis 15 Prozent. (ad)
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