Warum wir blutende Wunden ablecken
Viele Leute kennen die Reaktion. Man schneidet sich in den Finger, es fängt an zu bluten und man steckt sich instinktiv den Finger in den Mund. Diesem Instinkt können Sie ruhigen Gewissens nachgeben, denn in im Speichel sind bestimmte Stoffe enthalten, die Keime abtöten. Es handelt sich um ein spezielles Peptid, eine Kette an Aminosäuren, das antibakteriell wirkt. Forscher der Uni Graz in Kooperation mit internationalen Kollegen ist es nun gelungen, einen antibakteriellen Wirkstoff aus menschlichen Substanzen zu erforschen, der für medizinische Anwendungen geeignet ist.
Die Weltgesundheitsorganisation WHO berichtet, dass jährlich circa 25.000 Menschen in der EU an Infektionen durch resistente Bakterien sterben, die sie sich zuvor in einer Gesundheitseinrichtung zugezogen haben. Antibiotika-Resistenzen werden zu einem zunehmenden Problem und Wissenschaftler suchen weltweit nach Lösungen. Forscher der Uni Graz haben nun in einer Studie einen Beitrag zur Lösung dieses Problems geleistet. Sie konnten einen Wirkstoff aus menschlicher Substanz für die Anwendung in einem Medikament nutzbar machen, das antibakteriell wirkt – auch bei resistenten Bakterien. Die Ergebnisse der Studie wurden im Fachjournal „Science Translational Medicine“ veröffentlicht.
Wirkstoff gegen resistente Bakterien
„In der Köperflüssigkeit sind bestimmte Stoffe enthalten, die Keime abtöten“, erklären Dr. Nermina Malanovic und Prof. Dr. Karl Lohner vom Institut für Molekulare Biowissenschaften der Karl-Franzens-Universität Graz in einer Pressemitteilung zu den Studienergebnissen. Der Wirkstoff sei eine Kette an Aminosäuren, die antibakteriell wirke. Solche Verbindungen seien im menschlichen Körper nicht nur im Speichel, sondern auch in der Tränenflüssigkeit und in weißen Blutkörperchen oder auf der Haut vorhanden. Die beiden Wissenschaftler der Uni Graz konnten im Rahmen eines EU-Projekts gemeinsam mit den niederländischen Universitäten Leiden und Amsterdam den dahinterliegenden Abwehr-Mechanismus gegen Bakterien aufklären.
Um welchen Wirkstoff handelt es sich?
„Das positiv geladene Peptid mit der Bezeichnung SAAP-148 löst gleichsam die bakteriellen Zellmembranen auf, die aus negativ geladenen Phospholipiden bestehen, und zerstört in Folge die Bakterien“, erläutert Nermina Malanovic. Der Wirkstoff wurde mit Hilfe von Zellkulturen und in Tierversuchen untersucht und konnte bereits in Form einer Hautcreme erfolgreich getestet werden. Die Forscher sehen in dem neuen Wirkstoff ein großes Potential, insbesondere bei der Anwendung gegen die rapid steigende Anzahl an antibiotikaresistenten Keimen.
Effektive Wirkung gegen antibiotikaresistente Keime
„Wir haben festgestellt, dass dieses Peptid auch bei jenen Bakteriengruppen, die unter der Abkürzung ESKAPE besonders geläufig und massiv für die steigenden Antibiotika-Resistenzen verantwortlich sind, eine effiziente Wirkung hat“, berichtet das Forscherteam. Laut den Wissenschaftlern ist ein weiterer großer Vorteil der Peptide, dass sie leicht und kostengünstig synthetisch herstellt werden können.
Weitere Projekte in Planung
Ein am EU-Projekt beteiligtes Pharmaunternehmen plant nun in Zusammenarbeit mit der Universität Graz weitere Untersuchungen vorzunehmen, um den Wirkungsgrad zu optimieren. Auch ein resistenter Biofilm aus dem Peptid für Hüft- oder Knieprothesen ist in Zukunft denkbar. (vb)
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