Bei gestörtem Zuckerstoffwechsel kohlenhydratreiches Essen am Abend meiden
Menschen mit Prädiabetes sollten besser abends auf kohlenhydratreiches Essen wie Pizza oder Pasta verzichten. Denn bei ihnen wirken sich stärke- und zuckerhaltige Lebensmittel negativ auf die Blutzuckerregulation aus, wie deutsche Forscher nun herausgefunden haben.
Spätes Essen mit unangenehmen Folgen
Da späte Mahlzeiten eher dick machen sollen, setzen manche Menschen auf die Methode, nach 18 Uhr nicht mehr zu essen, um ihr Gewicht zu reduzieren. Mahlzeiten, die besonders reich an Kohlenhydraten sind, sollten abends ohnehin besser gemieden werden und zwar vor allem von Menschen mit einer gestörten Glukosetoleranz. Denn dadurch steigt bei ihnen der Blutzucker, wie Forscher nun feststellten.
Negative Auswirkungen auf die Blutzuckerregulation
Eine Ernährungsstudie unter Führung des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung (DIfE) hat gezeigt, dass die sogenannte innere Uhr auch beeinflusst, wie Menschen mit einer Zuckerstoffwechselstörung auf kohlenhydratreiches Essen reagieren.
Wie das DIfE und auch das Deutsche Zentrum für Diabetesforschung (DZD) berichten, wirkte sich der abendliche Verzehr von reichlich stärke- und zuckerhaltigen Lebensmitteln bei Männern mit Prädiabetes (Vorstufe von Diabetes) negativ auf die Blutzuckerregulation aus.
„Im Vergleich dazu spielte bei gesunden Studienteilnehmern der Zeitpunkt der Kohlenhydrataufnahme keine wesentliche Rolle für die Blutzuckerregulation“, heißt es in der Mitteilung.
Den Angaben zufolge nahmen an der Untersuchung nur Männer teil, da die Untersuchung zirkadianer Rhythmen bei Frauen auf Grund des Menstruationszyklus erheblich erschwert ist. Die Studienergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Scientific Reports“ veröffentlicht.
Die innere Uhr spielt eine Rolle
Es ist schon seit langem bekannt, dass die sogenannte innere Uhr eine Rolle für die Regulation von Stoffwechselprozessen spielt und auch der Zuckerstoffwechsel einer bestimmten Tagesrhythmik unterliegt.
Zudem weisen neuere Studien an Nagern darauf hin, dass die innere Uhr auch beeinflusst, wie der Stoffwechsel auf die Zufuhr von Kohlenhydraten oder Fetten reagiert und dass bestimmte Zeitfenster für den Verzehr einer kohlenhydratreichen oder fettreichen Kost aus gesundheitlicher Sicht besser geeignet sind als andere.
Zudem kamen Beobachtungsstudien am Menschen zu dem Ergebnis, dass Personen, die morgens kohlenhydratreich, aber fettarm essen, ein vermindertes Risiko für Typ-2-Diabetes oder das metabolische Syndrom besitzen.
Letzteres ist durch Symptome wie übermäßige Fetteinlagerungen im Bauchraum, Bluthochdruck sowie einen gestörten Zucker- und Fettstoffwechsel charakterisiert.
Das genaue Zusammenspiel zwischen der Ernährungsweise und der tagesrhythmischen Regulation des Zuckerstoffwechsels ist aber noch nicht hinreichend erforscht.
Studienteilnehmer mit Zuckerstoffwechselstörung
Um mehr über die physiologischen Mechanismen zu erfahren, die diesem Zusammenspiel zugrunde liegen, führten die Wissenschaftler am DIfE eine Ernährungsstudie an insgesamt 29 Männern durch, die im Schnitt etwa 46 Jahre alt waren und einen durchschnittlichen Body-Mass-Index von 27 hatten, also normal- bis stark übergewichtig waren.
Bei elf der Probanden wurde zu Beginn der Studie eine Zuckerstoffwechselstörung festgestellt. Sie hatten also bereits erhöhte Nüchtern-Blutzuckerwerte oder ihre Blutzuckerwerte sanken nach einem Zuckerbelastungstest deutlich langsamer ab als normal.
Bei den restlichen Studienteilnehmern war die Blutzuckerregulation dagegen nicht gestört, ihre Glukosetoleranz war normal.
Fett- und kohlenhydratbetonte Ernährung
Während der Studie mussten die Probanden für jeweils vier Wochen zwei unterschiedliche Diäten einhalten, die beide dieselbe Menge an Kalorien, Kohlenhydraten, Fetten und Eiweiß lieferten.
Sie unterschieden sich aber darin, zu welcher Tageszeit die Teilnehmer vorwiegend Kohlenhydrate oder Fette verzehrten.
So sah der Diätplan A vor, dass sich die Teilnehmer von morgens bis 13:30 Uhr kohlenhydratbetont und von 16:30 bis 22:00 Uhr fettbetont ernährten. Nach Diätplan B verzehrten sie vormittags fettreiche und nachmittags und abends kohlenhydratreiche Speisen.
Kein Effekt bei gesunden Männern
„Wie unsere Studie zeigt, ist es zumindest für Männer mit einer Zuckerstoffwechselstörung relevant, zu welcher Tageszeit sie eine kohlenhydratreiche Mahlzeit verzehren“, erklärte Erstautorin Katharina Keßler.
„Verglichen wir die nach den beiden Diäten gemessenen Blutzuckerwerte, so lagen ihre Blutzuckerspiegel nach Diät B um durchschnittlich 7,9 Prozent höher als nach Diät A, bei der die Teilnehmer abends fettbetont aßen“, so die Wissenschaftlerin weiter.
„Interessanterweise konnten wir diesen Effekt bei den gesunden Männern nicht beobachten, obwohl wir generell sowohl bei den gesunden als auch den vorbelasteten Personen eine Abnahme der Glukosetoleranz im Tagesverlauf feststellten. Diese fiel bei Letzteren allerdings deutlich stärker aus.“
Kohlenhydratreiche Mahlzeiten am Abend meiden
Die Forscher konnten bei den vorbelasteten Männern auch eine veränderte Sekretion der Darmhormone Glucagon-like peptide-1 (GLP-1) und Peptid YY (PYY) beobachten, die zur Regulation des Zuckerstoffwechsels bzw. des Körpergewichts beitragen und deren Ausschüttung einer bestimmten Tagesrhythmik unterliegt.
So sanken bei vorbelasteten Personen parallel zur deutlich ausgeprägten, nachmittäglichen Abnahme der Glukosetoleranz die Blutspiegel der beiden Hormone wesentlich stärker ab als bei gesunden Studienteilnehmern.
„Die zirkadiane Rhythmik der Hormonausschüttung beeinflusst also, wie wir auf Kohlenhydrate reagieren“, so Endokrinologe Andreas F. H. Pfeiffer, der am DIfE die Abteilung Klinische Ernährung leitet.
Daher empfehlen die Diabetologin Natalia Rudovich und die Wissenschaftlerin Olga Pivovarova vom DIfE insbesondere Menschen, die bereits unter einer Störung des Zuckerstoffwechsels leiden, sich nach ihrer inneren Uhr zu richten und am Abend kohlenhydratreiche Mahlzeiten zu meiden. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
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