Trendwende: Junge Männer in Deutschland trinken sich seltener in den Rausch
Für viele Jugendliche verliert Alkohol offenbar seinen Reiz. Einer neuen Studie zufolge trinken sich vor allem junge Männer seltener in den Rausch. Zudem zeigte sich, dass rund jeder dritte Teenager noch nie Alkohol konsumierte. Einen wirkliche Entwarnung ist dies allerdings nicht.
Junge Männer trinken seltener bis zum Umfallen
Zahlen der Statistischen Landesämter der verschiedenen Bundesländer belegten bereits Ende vergangenen Jahres, dass das sogenannte Komasaufen bei Jugendlichen aus der Mode kommt. Jetzt zeigt auch eine neue Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), die in Berlin vorgestellt wurde, eine Trendwende beim „Rauschtrinken“. Wie die Nachrichtenagentur AFP berichtet, zeigte sich, dass vor allem junge Männer in Deutschland immer seltener bis zum Umfallen trinken.
Alkoholkonsum bei jungen Menschen noch immer zu hoch
Allerdings gibt es insgesamt noch keine Entwarnung, denn der Alkoholkonsum bei jungen Leuten ist nach Ansicht der Experten noch immer zu hoch. Über ein Drittel der 18- bis 25-Jährigen (35,4 Prozent) trinken sich demnach mindestens einmal im Monat in den Rausch, bei den Zwölf- bis 17-Jährigen sind es 12,9 Prozent. Dies sind immerhin deutlich weniger als noch vor wenigen Jahren. So betranken sich 2008 noch rund 40 Prozent der jungen Erwachsenen und mehr als 20 Prozent der unter 17-Jährigen mindestens einmal im Monat. Zwar wertete die Bundesdrogenbeauftragte Marlene Mortler (CSU) das als „erfreuliche Entwicklung“. Sie meinte, junge Leute „nehmen zunehmend Abstand vom gefährlichen Rauschtrinken“, warnte aber zugleich, dass Alkohol nach wie vor das Suchtmittel Nummer eins bei jungen Menschen sei und „nicht bagatellisiert werden“ dürfe. Dies dürfte auch die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) ähnlich sehen, die in ihrem aktuellen Jahrbuch darauf hinweist, dass legale Drogen wie Tabak und Alkohol mehr Schaden als illegale Substanzen verursachen.
Bislang kein Rückgang bei jungen Frauen
Die Daten der BZgA stammen aus dem Jahr 2014. Insgesamt 7.000 junge Leute zwischen zwölf und 25 Jahren wurden für die Studie befragt. Vor allem bei den männlichen Trinkern zeigte sich dabei ein klarer Rückgang. Den Angaben zufolge betrinken sich 15,6 Prozent der 18- bis 25-jährigen Männer mindestens viermal im Monat – das ist der niedrigste Wert seit zehn Jahren. Bei den unter 17-jährigen männlichen Jugendlichen wurde ebenfalls ein Tiefststand erreicht – 4,3 Prozent trinken sich noch häufiger in einen Rausch. „Leider ist ein Rückgang beim Rauschtrinken bei den weiblichen Jugendlichen und jungen Frauen noch nicht auszumachen“, erklärte Heidrun Thaiss, Leiterin der BZgA, laut einer Meldung der Nachrichtenagentur dpa. „Positiv ist aber festzuhalten, dass sie insgesamt deutlich weniger und seltener Alkohol konsumieren als ihre männlichen Altersgenossen.“
Appell an die Politik
Raphael Gaßmann, Geschäftsführer der DHS forderte die Politik auf, aktiv zu werden. Sowohl Werbung als auch der Verkauf von Alkohol an Jugendliche müsse eingeschränkt werden, außerdem seien höhere Steuern für Alkohol notwendig: „Auf Branntwein wird dieselbe Steuer erhoben wie vor 25 Jahren, doch die Einkommen sind seither deutlich gestiegen“, so Gaßmann. Die Kosten schreckten folglich immer weniger ab – Alkohol sei für Jugendliche „Taschengeld-freundlich“. Ein weiteres Problem, dass eine Studie des Kieler Instituts für Therapie- und Gesundheitsforschung im Auftrag der Krankenkasse DAK-Gesundheit vor kurzem aufzeigte, ist dass viele Jugendliche über Eltern leicht an Alkohol kommen. Auch hier wären Maßnahmen sinnvoll.
Millionen Menschen in Deutschland sind alkoholabhängig
Die aktuelle Studie ergab allerdings nicht nur einen Rückgang der männlichen Rauschtrinker, sondern auch, dass immer mehr Jugendliche gänzlich auf Alkohol verzichten. So gab jeder dritte der Zwölf- bis 17-Jährigen (33 Prozent) an, noch nie Alkohol getrunken zu haben. Im Jahr 2001 waren es nur 13 Prozent. Seit 2009 organisiert die Bundeszentrale die Präventionskampagne „Alkohol? Kenn dein Limit“, die vom Verband der privaten Krankenversicherung (PKV) unterstützt wird. Um Jugendliche besser zu erreichen soll dabei künftig mehr auf soziale Netzwerke und Online-Plattformen wie YouTube gesetzt werden. Eine bundesweite Aktionswoche gegen Alkoholmissbrauch hatte erst vor kurzem auch auf die gesundheitlichen Gefahren hingewiesen. So ist etwa lange bekannt, dass hoher Alkoholkonsum zahlreiche Krankheiten, wie etwa Fettleber oder Gastritis begünstigt beziehungsweise verursacht und die Gefahr für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt erhöht. Rund 1,77 Millionen Menschen zwischen 18 und 64 Jahren gelten in Deutschland als alkoholabhängig. Bei weiteren 1,6 Millionen liegt ein Alkoholmissbrauch vor. Jedes Jahr sterben hierzulande mindestens 74.000 Menschen im Zusammenhang mit Alkoholkonsum. (ad)
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