Kostenerstattung für Blutzuckermessgeräte für Schwangere gefordert
Schwangerschaftsdiabetes zählt zu den häufigsten Komplikationen einer Schwangerschaft. Die Erkrankung kann beeinträchtigende Auswirkungen auf das spätere Leben von Mutter und Kind haben. Wesentlich für die Therapie ist die regelmäßige Überprüfung der mütterlichen Blutzuckerwerte. Doch die Patientinnen bekommen Blutzuckermessgeräte noch immer nicht von ihren Kassen erstattet. Das soll sich ändern, fordern Gesundheitsexperten.
Gesundheitsrisiko für Kind und Mutter
Diabetes ist eine der häufigsten Begleiterkrankungen in der Schwangerschaft. Nicht oder ungenügend therapiert stellt der sogenannte Gestationsdiabetes (GDM) sowohl für die werdende Mutter als auch für das ungeborene Kind ein erhöhtes Gesundheitsrisiko dar. Wesentlich für die Therapie ist die regelmäßige Überprüfung der mütterlichen Blutzuckerwerte. Doch bekommen die Patientinnen Blutzuckermessgeräte noch immer nicht von ihren Krankenkassen erstattet. Gesundheitsexperten fordern daher erneut, dass die Kosten dafür übernommen werden.
Regelmäßige Überprüfung der Blutzuckerwerte
Jedes Jahr entwickeln über 40.000 Schwangere einen Diabetes mellitus.
Beim Schwangerschaftsdiabetes ist der Blutzucker der Mutter entweder ständig oder auch nur ungewöhnlich lange nach den Mahlzeiten erhöht. Die hohe Zuckermenge geht direkt auf das Baby über, das dadurch überernährt wird.
Es wächst häufig zu schnell, und sein Stoffwechsel stellt sich schon vor der Geburt auf das ständige Kohlehydrat-Überangebot ein.
Dadurch kann unter anderem die Entwicklung des Herzens und der Lunge des Kindes beeinträchtigt werden.
Auch für die Mutter ist der Schwangerschaftsdiabetes ein Risiko.
Kassen sollen Blutzuckermessgeräte erstattungspflichtig machen
„Patientinnen mit Gestationsdiabetes sind eine sehr sensible Patientenklientel“, erklärt der Präsident der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG), Professor Dr. med. Dirk Müller-Wieland, in einer Mitteilung.
„Von einer optimalen Blutzuckereinstellung der Mutter hängt nicht nur die Gesundheit des ungeborenen Kindes maßgeblich ab“, so der Experte.
„Auch mögliche schwere Schwangerschafts- und Geburtskomplikationen sowie ein späterer Typ-2-Diabetes der Mutter können sich aus einer schlechten Blutzuckereinstellung heraus entwickeln.“
Die DDG fordert den GKV Spitzenverband daher erneut auf, Blutzuckermessgeräte für Patientinnen mit GDM erstattungspflichtig zu machen, sodass jede Betroffene ihren Blutzuckerstoffwechsel regelmäßig ohne eigene Kostenbeteiligung kontrollieren kann.
Dies sieht auch die Leitlinie zu GDM vor, die die DDG gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) dieses Jahr aktualisiert hat.
Mit einer Lebensstiländerung den Stoffwechsel normalisieren
Bereits im vergangenen Jahr regte die DDG an, Blutzuckermessgeräte für Schwangere mit GDM in den Hilfsmittelkatalog (Produktgruppe 21) des GKV Spitzenverbandes aufzunehmen – unabhängig davon, ob der GDM mit Insulin behandelt wird oder nicht.
„Weder aus medizinischer noch aus gesundheitsökonomischer Sicht ist nachvollziehbar, dass Blutzuckermessgeräte bei GDM weiterhin nicht erstattet werden“, betont Müller-Wieland. „Wir sehen hier ein eindeutiges Gefährdungspotential für betroffene Mütter und ihre Kinder.“
Die leitliniengerechte Behandlung sieht zunächst vor, mit einer Lebensstiländerung den Stoffwechsel zu normalisieren.
„Um Mahlzeiten und körperliche Aktivität entsprechend dem Stoffwechselbedarf anzupassen, sollte die werdende Mutter ihre Blutzuckerwerte mithilfe eines Blutzuckermessgerätes regelmäßig überprüfen“, betont Professor Dr. med. Baptist Gallwitz, Mediensprecher der DDG.
„Das ist die Grundvoraussetzung, um eine Verschlechterung der Werte und eine eventuell notwendige Insulintherapie rechtzeitig zu erkennen.“ Dies sei im Übrigen international festgelegter Standard.
In manchen Fällen müssen Schwangere Insulin spritzen
In rund 80 Prozent der Fälle lässt sich bei guter Stoffwechsel-Selbstkontrolle und verbessertem Lebensstil mit gesunder Ernährung und ausreichend Bewegung eine Insulintherapie in der Schwangerschaft vermeiden.
„Es ist daher vom GKV Spitzenverband schlicht fahrlässig, dieser Patientengruppe die Grundvoraussetzung für eine gesunde und komplikationsfreie Schwangerschaft zu verweigern“, kritisiert Gallwitz.
Erst wenn Lebensstilmaßnahmen nicht mehr ausreichen, um erhöhte Blutzuckerwerte zu verhindern, müssen Schwangere Insulin spritzen.
Die Indikation für Insulin ergibt sich aber aus den selbst gemessenen und protokollierten Werten der schwangeren Frauen. Ohne Selbstmessungen können notwendige Insulinbehandlungen übersehen werden.
Erhöhtes Risiko für einen Typ-2-Diabetes sowie Übergewicht
Patientinnen mit Gestationsdiabetes und ihren ungeborenen Kindern drohen während, aber auch nach der Schwangerschaft enorme Gesundheitsrisiken.
So haben Frauen mit GDM ein erhöhtes Risiko für Bluthochdruck, Ödeme, Nierenerkrankungen, Depressionen während und nach der Schwangerschaft, Herz-Kreislauferkrankungen und chronische Harnwegsinfektionen.
Schließlich steigt auch die Gefahr für einen erneuten Gestationsdiabetes bei darauffolgenden Schwangerschaften sowie für einen Typ-2-Diabetes innerhalb der nächsten zehn Jahre.
Für das Kind ergeben sich folgende Gesundheitsrisiken: Frühgeburt mit Verlegung in die Kinderklinik, ein stark erhöhtes Geburtsgewicht, das oft einen Kaiserschnitt oder Geburtsverletzungen von Mutter und Kind bei vaginaler Geburt zur Folge hat und schließlich ein erhöhtes Risiko für einen Typ-2-Diabetes sowie Übergewicht.
„Durch eintretende schwere Komplikationen und mögliche Folgeschäden bei der Mutter und ihrem Kind wird das Gesundheitssystem weitaus mehr belastet als durch eine Erstattung des Messgerätes mit entsprechenden Teststreifen“, ergänzt Müller-Wieland.
Zahl der Frauen mit einem Schwangerschaftsdiabetes ist stark angestiegen
In den vergangenen 15 Jahren ist in Deutschland die Zahl der Frauen mit einem Schwangerschaftsdiabetes stark angestiegen – von knapp 1,5 auf etwa 5,4 Prozent aller Schwangerschaften.
Dies zeigen Untersuchungen, die die aktualisierte DDG-Leitlinie zu GDM aufgreift.
„Ursache für diese gestiegenen Zahlen ist einerseits die verbesserte Diagnostik“, erklärt Müller-Wieland die Entwicklung. „Andererseits nimmt jedoch auch die Zahl an Risikopatientinnen deutlich zu: Hohes Alter und Übergewicht begünstigen erhöhte Blutzuckerwerte der werdenden Mutter.“
Weitere Risikofaktoren sind familiäre Diabeteserkrankungen und eine frühere Schwangerschaft mit GDM. Neueste Studien zeigen darüber hinaus, dass Vitamin-D-Mangel sowie eine Schlafapnoe der Schwangeren das Risiko ebenfalls erhöhen können und Schwangerschaftsdiabetes vermehrt bei Frauen auftritt, die ein männliches Kind erwarten.
Patientinnen mit Schwangerschaftsdiabetes können sich mithilfe der ebenfalls aktualisierten Patientenleitlinie GDM rund um Diagnose und Therapie umfangreich informieren. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.