Petra, du führst die Kräuterschmiede. Was können wir uns darunter vorstellen?
Die KräuterSchmiede ist eine Kräuterschule, die sich als Anlaufpunkt für Menschen sieht, die sich für Natur und Wildkräuter interessieren. Wir möchten aber auch die Menschen für die Vielfalt und die Möglichkeiten sensibilisieren, die uns die Pflanzen bieten und das ist viel mehr als Ernährung und Heilung.
Es verschwinden immer mehr unserer heimischen Wildkräuter. Viele Menschen nehmen es kaum wahr. Einst bunte Wiesen und Ackerränder sind heute eher trist. Der Einsatz von Unkrautvernichtungsmittel ist zur Normalität geworden. Ob wir es wahr haben möchten oder nicht, es wird auch auf uns nicht ohne Folgen bleiben.
Wir führen Wanderungen durch, veranstalten Seminare, Vorträge und Workshops. Ausbildungen als Heimstudium und Webinare runden unser Angebot ab und lassen Entfernungen unwichtig werden. Ausbildungsteilnehmer aus Österreich und Italien zeigen, dass auch hier der Onlinebereich immer wichtiger wird.
Wichtig ist mir eine bunte Bandbreite, wobei die Schwerpunkte auf Ernährung und Psyche/Wellness liegen. Auch spielen „tierische Themen“ eine große Rolle. Gerade für unsere tierischen Freunde sind die Wildkräuter sehr wichtig.
Hast du dich schon immer mit Heilkräutern beschäftigt, oder woher kam die Idee, die Kräuterschmiede zu gründen?
Mit der KräuterSchmiede habe ich mir einen Traum erfüllt, der schon länger in mir gereift ist.
Ich bin mit der Natur aufgewachsen. Mein Vater hat mir als Kind viel gezeigt. Trotzdem waren es lange Zeit eher die Tiere, die mich interessiert haben. Während meiner Ausbildung zur Tierheilpraktikerin habe ich eine Weiterbildung zur Phytotherapeutin (Heilpflanzentherapeutin) absolviert. Diese Ausbildung gab es damals noch nicht direkt für Tiere, so habe ich diese Weiterbildung im Humanbereich mit Prüfung erfolgreich abgeschlossen. In der Heilpflanzenkunde für Tiere wird die Erfahrung aus dem Humanbereich zu Grunde gelegt.
Je mehr ich mich mit den Heilpflanzen beschäftigt habe, je mehr hat mich die Vielfältigkeit der Pflanzen fasziniert. Noch heute wird das Thema der Wildkräuter nicht langweilig.
2012 habe ich dann mit der KräuterSchmiede meinen Traum erfüllt, der sich kontinuierlich Jahr für Jahr ausbaut. Ich habe noch viel vor.
Welche Kräuter verarbeitest du, und welche Präparate stellst du daraus her?
Wichtig sind mir die Kräuter, die hier vor Ort wachsen. Ich verarbeite nur ungiftige Pflanzen. Viele Giftpflanzen sind wichtige Heilpflanzen, aber die Dosis zwischen heilender Wirkung und unter Umständen tödlicher Dosis ist oft sehr gering. Ich selber nutze die Wildkräuter in meiner Ernährung und konnte damit schon einige sehr positive Erfahrungen bezüglich meiner Gesundheit machen. Jedes Jahr wird aus Spitzwegerich und Rohrohrzucker oder Honig ein Hustensirup angesetzt. Ich nutze die Wildkräuter in Smoothies und stelle Tinkturen her. Außerdem nutze ich die Kräuter als Tee. Im Wellnessbereich räuchere ich mit den Kräutern und stelle Massageöle her. Für die kalte Jahreszeit und bei Gelenkbeschwerden nutze ich Kräuterkissen. Gegen die Gelenkbeschwerden werden zum Beispiel Heublumen genutzt.
Es gibt so viele Möglichkeiten die Wildkräuter zu nutzen, z.B. selbstgemachte Kosmetik für all diejenigen, denen in der regulären Kosmetik zu viele chemische und ungesunde Inhaltsstoffe enthalten sind. Seifen selber machen macht immer wieder viel Spaß. Selbst für Sinnlichkeit und Erotik lassen sich die Pflanzen nutzen.
Für unsere Vorfahren spielten heimische Pflanzen eine wesentliche Rolle in der Ernährung, Medizin und Hygiene. Kannst du Beispiele für einst gebräuchliche Kräuter nennen, die heute in Vergessenheit geraten sind?
Der reiche Wissensschatz unserer Vorfahren ist leider immer mehr in Vergessenheit geraten. Das Wissen, welches wir heute haben ist meiner Auffassung nach zweigeteilt. Da sind zum einen noch wertvolle Reste alten Wissens, welches auf Erfahrungen basiert und zum anderen ist da das „moderne“ wissenschaftlich bewiesene Wissen. Wir müssen heutzutage alles belegt und durch Studien bewiesen haben. Die Wirksamkeit der Pflanzen besteht aus einem Vielstoffgemisch, das heißt die Wirkung mehrerer Wirkstoffe in Verbindung miteinander. Die Wissenschaft isoliert oft die Wirkstoffe, die dann oft eine andere oder auch gar keine Wirkung zeigen. Im Grunde haben alle unsere Wildkräuter eine mehr oder weniger heilende Wirkung.
Die Heilkraft vieler Bäume ist meiner Meinung nach fast in Vergessenheit geraten, sie werden kaum als Heilpflanze gesehen. Das so unscheinbare Pflanzen wie die Quecke eine nicht zu unterschätzende Heilwirkung haben, weiß heute kaum noch jemand. Die Labkräuter – zu deren Familie auch der Waldmeister zählt – werden kaum noch als Heilpflanze genutzt, ebenso wie das Leinkraut. Doch zum Glück gibt es immer mehr Menschen, die sich wieder für die Kraft der Wildkräuter interessieren. Auch die alten Bräuche kommen immer mehr aus ihrem Schattendasein heraus. Ich bin überzeugt, dass viele Menschen in Zeiten der Technik und des ‚immer schneller und besser’- Werdens sich zurück zum Einklang mit der Natur sehnen.
Eine „Kräuterschmiede“ gründet niemand, um damit so schnell wie möglich so viel Geld wie möglich zu verdienen. Was erfüllt dich bei deiner Arbeit?
Für mich sind die Wildkräuter pure Leidenschaft. Sie sind es Wert in den Fokus der Menschen gerückt zu werden. Wir haben ihnen viel zu verdanken. Mich erdet die Beschäftigung mit den Wildkräutern, gibt mir Ruhe und lässt mich auf die kleinen – oft unscheinbaren – Dinge des Lebens achten. In und mit der Natur lernen wir auch viel über uns selbst, auch wenn die Ruhe und Stille am Anfang für viele schwer auszuhalten ist.
Natürlich muss ich auch Geld verdienen, aber ich habe einen Job, der mir sehr viel Spaß macht und den ich nichts als „Arbeit“ sehe. Mir hat das Geldverdienen noch nie soviel Freude gemacht.
Leider ist gerade dieser Bereich oft von Menschen besetzt, die ihren Wert weit unter dem Scheffel stellen und – wenn überhaupt – nur Kleinstbeträge für ihre Leistungen nehmen. Ich mag es auch, dass ich zu einem großen Teil meine Gesundheit selber in die Hand nehmen kann.
Ich möchte auch dazu beitragen die Kräuter als eine Art Lifestyle zu sehen, die uns helfen unser Leben mehr zu genießen. Weg vom Ökoimage, das Thema Wildkräuter ist längst „salonfähig“ geworden und das ist gut so. (Das Interview führte Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.