Gesetzliche Krankenkassen blockieren Wechsel in die Private Krankenversicherung
11.03.2011
Mehrere gesetzliche Krankenversicherungen (GKV) erschweren ihren Kunden den Wechsel in die private Krankenversicherung (PKV). Manche Wechselwillige sollen noch bis zu drei Jahre in ihrer alten Versicherung bleiben.
Den gesetzlichen Krankenversicherungen gehen die im Rahmen der Gesundheitsreform seit Beginn des Jahres geltenden Erleichterungen beim Versicherungswechsel offenbar zu weit. Sechs gesetzliche Krankenversicherungen verweigern nach Angaben der „Süddeutschen Zeitung“ ihren Mitglieder, die einen zusätzlichen Wahltarif abgeschlossen haben, den sofortigen Wechsel. Bis zu drei Jahre sollen die Betroffenen noch in ihrer alten Versicherung bleiben. Das Bundesversicherungsamt (BVA) ist indes der Auffassung, dass eine Mindestbindungsfrist bei den Wahltarifen nicht zulässig ist und einem Wechsel von rechtlicher Seite aus nichts im Wege stehe.
Krankenkassen bestehen auf Vertragsbindungsfristen
Nachdem der Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) unter anderem durch einen vereinfachten Wechsel zwischen den Versicherungssystemen die Wettbewerbsfähigkeit der PKV deutlich gestärkt hatte, revoltieren die ersten gesetzlichen Krankenversicherungen nun offenbar gegen diesen Kurs. Die Verband der Ersatzkassen (VDEK), dem unter anderem die Barmer GEK und die Techniker Krankenkasse (TK) angehören, teilte gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“ mit, dass „die Bindungsfrist für Wahltarife (…) erst abgelaufen sein“ muss, bevor die Versicherten wechseln können. Wer beispielsweise einen zusätzlichen Wahltarif für Beitragsrückgewähr oder Selbstbeteiligung abgeschlossen hat, müsste demnach bis zu drei Jahren in seiner bisherigen Krankenkasse bleiben.
Zahlreiche Beschwerden beim Bundesversicherungsamt
Beim Bundesversicherungsamt (BVA) war in den vergangenen Monaten eine Vielzahl von Eingaben, Anfragen und Beschwerden bezüglich der Blockadehaltung der Versicherungen bei einem gewünschten Wechsel aufgelaufen. Das BVA vertritt hier eine grundsätzlich andere Position als der VDEK und sie keine Gründe, die einem sofortigen Wechsel der Versicherten entgegenstehen. Darüber hinaus sei der Wechsel zu einem privaten Anbieter auch keine Kündigung, da die Versicherten, sobald ihre Einkommen 49.500 Euro im Jahr übersteigt, lediglich freiwillig in der GKV versichert sind. Daher müssen Wechselwillige nach Auffassung des BVA lediglich ihren Austritt erklären.
Zwangswartezeiten bei Versicherungswechsel für Kunden unbefriedigend
Trotzdem verweigern die Ersatzkassen ihren Mitgliedern mit einem Wahltarif den sofortigen Wechseln, was für die Betroffenen mitunter erhebliche Nachteile mit sich bringen kann. Denn sollten die Wechselwilligen in der auferlegten Zwangswartezeit krank werden, könnten sie durch den Gesundheits-Check fallen, den jeder Kunde vor der Aufnahme in die PKV durchlaufen muss. So wäre es möglich, dass Wechselwillige aufgrund ihres Gesundheitszustandes gar nicht mehr in der PKV aufgenommen werden oder erhebliche Risikozuschläge zahlen müssen. Für die Versicherten sind die auferlegten Wechselfristen daher eine Zumutung. Anderseits kennt jeder aus dem alltäglichen Leben die gängigen Vertragslaufzeiten beispielsweise beim Abschluss eines Telefonvertrages. Teilweise sind Wechselfristen schlichtweg unumgänglich, damit durch den spontanen Anbieterwechsel kein zu großer Schaden für die einzelnen Unternehmen entsteht.
Gesundheitsreform wird dem Problem nicht gerecht
Diese Überlegung haben sich bei den Beschlüssen zur Gesundheitsreform im vergangenen Jahr vermutlich nur die wenigsten der Entscheidungsträger gemacht. Das auch die gesetzlichen Krankenversicherungen ein wenig Planungssicherheit brauchen und außerdem insbesondere bei den Wahltarifen die Vorteile für die Kunden nur durch die längere Vertragsbindung gerechtfertigt sind, findet in den gesetzlichen Vorgaben zur Vereinfachung des Versicherungswechsels keine ausreichende Berücksichtigung. (fp)
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Bild: Margot Kessler / pixelio.de
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