Krankenkassen fordern Beitragsautonomie bei der gesetzlichen Krankenversicherung
11.11.2011
Der Einheitsbeitrag zur gesetzlichen Krankenkasse ist nach Ansicht des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenversicherungen einer der Gründe für die massiven finanziellen Schwierigkeiten einiger Krankenkassen sowie für die Insolvenz der City BKK und der BKK für Heilberufe.
Die Pleite der City BKK und der BKK für Heilberufe sollte auch für die Politik Anlass sein, das System aus Einheitsbeiträgen und Zusatzbeiträgen bei den gesetzlichen Krankenkassen zu revidieren, erklärte die Vorstandsvorsitzende des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenversicherungen, Doris Pfeiffer. Im Namen der Krankenkassen forderte Pfeiffer von der Bundesregierung die Abschaffung der Einheitsbeiträge und eine Wiedereinführung von mehr Autonomie bei der Beitragsfestsetzung.
Kleiner Zusatzbeitrag verursacht bereits erhebliche Mitgliederverluste
Nach Ansicht der Vorstandsvorsitzenden des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenkassen haben die mit dem Gesundheitsfonds eingeführten Einheits- und Zusatzbeiträge für die City BKK und die BKK für Heilberufe wie ein Teufelskreis gewirkt, der die finanziellen Schwierigkeiten der Krankenkassen soweit verstärkt hat, dass am Ende nur noch der Weg in die Insolvenz blieb. Doris Pfeiffer forderte daher von der Bundesregierung eine Abkehr vom System der Einheits- und Zusatzbeiträge. Die Politik sollte den Krankenkassen unbedingt wieder mehr Autonomie bei der Beitragsfestsetzung einräumen. Pfeiffer erklärte gegenüber dem „Handelsblatt“, dass die gesetzlichen Krankenkassen dringend „wieder mehr Beitragsautonomie, also die Möglichkeit den Preis der Leistungen und den Beitragssatz, selbst festzulegen“ brauchen. Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen habe „schon bei der Einführung des Fonds davor gewarnt, den Kassen die Beitragsautonomie abzunehmen“, betonte Pfeiffer und ergänzte: „Wir sehen nun, dass schon ein kleiner Zusatzbeitrag zu weit höheren Mitgliederverlusten führt als früher weit größere Beitragssatzunterschiede.“
System aus Einheits- und Zusatzbeitrag für Krankenkassen ein Teufelskreis
Nach Ansicht der Vorstandsvorsitzenden des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenversicherungen sind der Einheitsbeitrag und die Zusatzbeiträge eine erhebliche Bedrohung für zahlreiche Krankenkassen, da diese schnell in eine Art Teufelskreis führen, an dessen Ende – wie bei der City BKK und der BKK für Heilberufe – die Pleite der betroffenen Krankenkassen steht. Den Prozess, der die Krankenkassen erfasst, beschreibt Pfeiffer wie folgt. Krankenversicherungen, die mit den Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds nicht auskommen, müssen einen Zusatzbeitrag erheben, um mögliche Defizite zu vermeiden. Der Zusatzbeitrag habe jedoch regelrechte Wechselwellen zu Folge, wobei in erster Linie junge, gesunde Mitglieder die Versicherung wechseln. Zurück bleiben Pfeiffer zufolge überproportional viele ältere, kranke Versicherte, die mehr kosten als ihre Beitragzahlungen Einnahmen bringen. So gerät die betroffene Krankenkasse aufgrund den Verschlechterungen bei der Mitgliederstruktur erneut in finanzielle Schwierigkeiten und muss den Zusatzbeitrag weiter erhöhen. Dies löst wiederum zusätzliche Versicherungswechsel aus, wobei mit den Mitgliederverlusten auch der Verwaltungsapparat der Krankenkassen nicht mehr dem benötigten Maß entspricht und überproportional hohe Kosten verursacht. Die Situation verschärft sich und „am Ende kann die Kasse sich aus eigenen Mitteln nicht mehr retten“, erläuterte Pfeiffer. Ein weiterer Nebeneffekt des Systems aus Gesundheitsfonds und Zusatzbeiträgen ist laut Aussage der Expertin, dass die Krankenversicherungen nicht mehr um das beste „Preis-Leistungs-Verhältnis“ konkurrieren, sondern nur noch um die billigste Versorgung.
Immer weniger Krankenkassen
Branchenkenner hatten unmittelbar nach Einführung des Gesundheitsfonds bereits davor gewarnt, dass dieser die Übernahme oder Schließung zahlreicher gesetzlicher Krankenkassen zur Folge haben werde. Prognostiziert wurde eine Schrumpfen der Anzahl gesetzlicher Krankenkassen von knapp 200 auf lediglich rund 50 Krankenversicherung am Ende des Prozesses. Ein Blick auf die Versicherungslandschaft verdeutlicht, dass derzeit bereits zahlreiche Faktoren der vorhergesagten Entwicklung zu Tatsachen geworden sind. In den vergangenen zwei Jahren gab es in Deutschland so viele Kassenfusionen wie niemals zuvor und dieses Jahr folgten mit der City BKK und der BKK für Heilberufe die ersten Schließungen. Will die Politik die Entwicklung noch stoppen, so scheint der Vorschlag des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenversicherungen zur Wiedereinführung der Beitragsautonomie der einzige Weg, wobei nicht klar ist, ob damit weiter Kassenpleiten in Zukunft tatsächlich gänzlich vermieden werden können. (fp)
Bild: Gerd Altmann, Pixelio
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.