GKV-Spitzenverband weist Milliarden-Forderung der Ärzte zurück
09.08.2012
Der Streit zwischen den gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) und den Ärzte über eine angemessene Vergütung geht in die nächste Runde. Auf Basis eines Gutachtens des Forschungsinstituts Prognos hat der GKV-Spitzenverband in Berlin die Forderungen der Ärzte nach einer Anhebung der Vergütung um rund 3,5 Milliarden Euro zurückgewiesen und stattdessen sogar eine Absenkung des Orientierungswerts für die Leistungsvergütung ins Gespräch gebracht.
Das Prognos-Institut hatte im Auftrag des GKV-Spitzenverbandes ein Gutachten erarbeitet, dass die Einnahmen- und Ausgabenentwicklung der Ärzte analysiert. Das Ergebnis: Die Einnahmen der Vertragsärzte sind deutlich stärker gestiegen als die Kosten der Praxen. Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, Johann-Magnus von Stackelberg, beurteilte die „Forderungen der Ärzteschaft nach Honorarzuwächsen von deutlich über drei Milliarden Euro für 2013“ daher als „völlig überzogen.“
Vergütung der Ärzte dem Aufwand anpassen
Nach Ansicht des stellvertretenden des GKV-Spitzenverbandes müssen bei der nächsten Verhandlungsrunde über die Vergütung der Vertragsärzte Ende August auch die „sinkende Kosten je Leistung, eine bessere Auslastung der Praxen und andere Wirtschaftlichkeitsreserven in der vertragsärztlichen Versorgung auf den Verhandlungstisch“- nicht nur die „Preise und Mengen“. Die Vergütung der Ärzte solle „sich künftig wieder ihrem Aufwand anpassen.“ Denn das aktuelle Gutachten konstatiert einen erheblichen Zuwachs des Überschusses bei den Arztpraxen seit dem Jahr 2008.
Deutlich gestiegene Einnahmen der Ärzte
Laut Mitteilung des GKV-Spitzenverbandes ergibt sich ein steigender Überschuss bei den Arztpraxen, weil ein Großteil ihrer Kosten (beispielsweise Mieten) fix sind und nicht mit der wachsenden Anzahl an Patienten steigen. Die Fix-Kosten „erhöhen sich nicht mit der Zahl der erbrachten Leistungen, die im Übrigen weit weniger stark angestiegen sind, als bisher vermutet“, berichtet der GKV-Spitzenverband. Entsprechend habe sich der durchschnittliche Überschuss je Arzt allein aus der Versorgung von GKV-Versicherten von 105.000 Euro im Jahr 2007 auf 134.000 Euro im Jahr 2011 erhöht. Unter Einbeziehung der Einnahmen durch die Versorgung von privat Versicherten sei der Reinertrag je Arzt im gleichen Zeitraum sogar auf 165.000 Euro gestiegen, so das Ergebnis des Prognos-Instituts.
Preise für ärztliche Leistungen sollten korrigiert werden
Der Untersuchung des Prognos-Instituts zufolge haben die Ärzte seit dem Jahr 2008 zusätzliche Einnahmen in Höhe von 3,2 Milliarden Euro erhalten. Bei Berücksichtigung der erforderlichen Mittel für zusätzliche Leistungen und gestiegene Kosten sowie den Einsparungen durch höhere Auslastungen und dem organisatorischen Fortschritt bleibe „unterm Strich bei diesem Einnahmen-Ausgaben-Vergleich eine Überzahlung an die Ärzte in Höhe von fast 2,2 Milliarden. Euro, die sich in steigenden Überschüssen niederschlägt“, so die Mitteilung des GKV-Spitzenverbandes. Der Projektleiter des Prognos-Instituts, Dr. Ronny Wölbing, erklärte, dass „wenn den Ärzten nur die tatsächlichen Kostensteigerungen und die zusätzlichen Leistungen finanziert werden sollen, der Preis für die ärztliche Leistung korrigiert werden“ müsse. Den Berechnungen seines Instituts zufolge könnte der Orientierungswert demnach um circa sieben Prozent abgesenkt werden.
Schwierige Verhandlungen zwischen Ärzten und Krankenkassen
Der GKV-Spitzenverband will „angesichts dieser Fakten in den Verhandlungen um die jährliche Anpassung der Preiskomponente in der vertragsärztlichen Versorgung eine Absenkung des sogenannten Orientierungswertes von 3,5 auf 3,25 Cent für 2013 beantragen.“ Der zuständige Bewertungsausschuss, gebildet aus den Vertragspartnern der Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und des GKV-Spitzenverbandes, soll den Orientierungswert für das kommende Jahr jeweils bis zum 31. August festlegen. Allerdings wird angesichts der äußerst unterschiedlichen Positionen eine fristgerechte Einigung dieses Jahr voraussichtlich äußerst schwierig. Dem Vorschlag einer Absenkung des Orientierungswerts kann die KBV höchstwahrscheinlich nicht folge, denn wie der KBV-Chef Andreas Köhler erklärte, sind die geforderten 3,5 Milliarden Euro schon deshalb erforderlich, damit die gestiegenen Betriebskosten und die Inflation seit dem 2008 ausgeglichen werden können. (fp)
Bild: Benjamin Klack / pixelio.de
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