Kassel (jur). Eine Krankenkasse kann Leistungen auch durch Schweigen bewilligen. Reagiert die Kasse nicht innerhalb von drei Wochen, gilt der Antrag als „fiktiv genehmigt“, urteilte am Dienstag, 8. März 2016, das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel (Az.: B 1 KR 25/15 R). Voraussetzung ist danach lediglich, dass die beantragte Leistung zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung gehört und der Versicherte von einer Zustimmung seiner Kasse ausgehen durfte.
Konkret verpflichtete es die Knappschafts-Krankenkasse, einem Versicherten 24 Sitzungen einer tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie zu bezahlen. Seinen Leistungsantrag hatte der heute 31-Jährige auf Anraten seiner Therapeutin im Anschluss an eine von der Kasse übernommene Kurzzeittherapie gestellt. Die Knappschaft hatte ein MDK-Gutachten eingeholt, hierüber den Antragsteller aber nicht informiert. Erst nach fast sechs Wochen kam die Ablehnung.
Unterdessen hatte der Mann eine Therapie mit 24 Sitzungen aber schon auf eigene Rechnung begonnen. Von der Krankenkasse verlangte er nun Kostenerstattung in Höhe von 2.200 Euro.
Laut Gesetz müssen die Krankenkassen „zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen“ über einen Leistungsantrag entscheiden. Ist ein Gutachten des Medizinischen Diensts der Krankenkassen (MDK) erforderlich, muss die Kasse den Antragsteller hierüber unterrichten, und die Frist verlängert sich auf fünf Wochen. Für zahnärztliche Behandlungen gibt es längere Fristen. Kann die Kasse diese Fristen nicht einhalten, muss sie den Versicherten ebenfalls informieren. „Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt“, heißt es wörtlich im Sozialgesetzbuch.
Dennoch meinte die Knappschaft, die Fristen dürften nicht dazu führen, dass Versicherte Leistungen bekommen, auf die sie keinen Anspruch haben. Andernfalls seien dem Missbrauch „Tür und Tor geöffnet“. Schließlich seien die Krankenkassen der Wirtschaftlichkeit verpflichtet.
Das BSG ließ dieses Argument nicht gelten. Ziel des Gesetzgebers sei eine zeitnahe Versorgung gewesen. Die Knappschaft habe ihrem Versicherten aber mehr als drei Wochen lang nicht geantwortet. Daher gelte der Leistungsantrag als „fiktiv genehmigt“.
Anderes gelte lediglich für Anträge, die offensichtlich außerhalb der Leistungspflicht der Krankenkassen liegen. Hier aber habe der Versicherte durchaus von einer Genehmigung ausgehen dürfen, weil auch seine Therapeutin die Therapie befürwortet habe. Daher müsse die Knappschaft die Kosten für die selbst beschafften Therapiestunden bezahlen, urteilte das BSG. (mwo/fle)
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