Gesetzliche Krankenkassen mit Milliarden-Überschuss
19.06.2011
Während die Berichterstattung der vergangenen Wochen von der Insolvenz der City BKK, Gerüchten über weitere Fusionen und mögliche Kassenpleiten dominiert wurde, scheinen die gesetzlichen Krankenkassen insgesamt durchaus relativ gut dazustehen. Dem Bundesgesundheitsministerium zufolge weisen die Krankenkassen derzeit für das erste Quartal 2011 einen Überschuss von 1,47 Milliarden Euro aus. Einen wesentlichen Anteil daran haben laut offiziellen Angaben die deutlich reduzierten Arzneimittelausgaben.
Anziehende Konjunktur und sinkende Arzneimittelausgaben
Derzeit können die gesetzlichen Krankenkassen laut Angaben des Bundesgesundheitsministeriums einen massiven Überschuss verzeichnen. Insgesamt 1,47 Milliarden Euro konnten die gesetzlichen Krankenversicherungen im ersten Quartal 2011 anhäufen, ein wesentlicher Erfolg des im Rahmen der Gesundheitsreform letztes Jahr beschlossenen Arzneimittelsparpakets, so die Erklärung Bundesregierung. Denn tatsächlich konnten die Arzneimittelausgaben um rund 4,8 Prozent beziehungsweise 360 Millionen Euro reduziert werden. Doch den Löwenanteil an der verbesserten finanziellen Situation der gesetzlichen Krankenkassen trägt die anziehende konjunkturelle Entwicklung, die den Kassen erheblich gestiegene Beitragseinnahmen beschert. Mit 45,85 Milliarden Euro Einnahmen haben die Krankenkassen im ersten Quartal 2011 rund 2,35 Milliarden Euro mehr eingenommen als im Jahr 2010. Gleichzeitig sind nicht nur die Ausgaben bei den Arzneimittel gesunken, sondern die Steigerung der Ausgaben hat sich auch in anderen Bereichen deutlich verlangsamt. Zum Beispiel lag der Anstieg bei den Ausgabenzuwächse für ambulante ärztliche Behandlungen im ersten Quartal des Jahres bei lediglich 1,2 Prozent und konnte so von den deutlich gestiegenen Einnahmen aufgefangen werden.
Krankenkassen verbuchen Überschuss von 1,5 Milliarden
Nach Aussage des Bundesgesundheitsministerium ist die derzeitige finanzielle Situation „deutlich besser“ als im ersten Quartal 2010. Zwar konnten die gesetzlichen Krankenversicherungen auch im vergangenen Jahr vorerst einen Überschuss von 235 Millionen Euro verzeichnen, doch dieser hatte sich bis zum Ende des Jahres in ein gewaltiges Defizit gedreht. Denn am Anfang des Jahres sind die Gesundheitsausgaben generell niedriger, ziehen jedoch im Verlauf des Jahres meist erheblich an. So werde sich der derzeitige Überschuss aller Voraussicht nach nicht in der bisherigen Höhe erhalten, doch ein Defizit sei auch zum Ende des Jahres nicht zu befürchten, berichtet das Bundesgesundheitsministerium. Die Krankenkassen haben jedoch einen äußerst unterschiedlichen Anteil an dem bisherigen Überschuss. Abhängig von den Marktanteilen falle auch das Plus bei Kasse sehr verschieden aus. So konnten zum Beispiel der AOKen ein Überschuss von 627 Millionen verzeichnen, die Ersatzkassen schlossen mit mit 518 Millionen Euro Überschuss ab, die Innungskassen mit 121 Millionen und die Betriebskrankenkassen mit 113 Millionen Euro. Sämtliche Krankenkassen konnten bei den Arzneikosten eine erhebliche Reduzierung verbuchen, auch wenn diese in unterschiedlicher Höhe ausfielen. In anderen Leistungsbereichen wie zum Beispiel bei den Früherkennungsmaßnahmen oder beim Krankengeld mussten die Versicherung zwar weitere Ausgabenzuwächse hinnehmen, konnten diese jedoch durch die Mehreinnahmen auffangen.
Unterschiedliche Finanzsituation der Krankenkassen
Entgegen den Warnungen des Bundesversicherungsamtes und des GKV-Spitzenverbandes vor möglichen Insolvenzen weiterer Krankenkassen, stellt sich die finanziellen Situation der gesetzlichen Krankenkassen derzeit deutlich besser dar, als erwartet. Doch nicht alle Krankenkassen können gleichermaßen von der Entwicklung profitieren. Das Bundesversicherungsamt sieht sich außerdem bereits zum Eingreifen gezwungen, wenn die finanziellen Reserven der Krankenkassen nicht mehr dem vorgeschriebenen Mindestmaß entsprechen. Dabei wurde das Frühwarnsystem seit dem Jahren 2008 deutlich verschärft, so dass die Behörden heute bereits in Situationen einschreiten, die früher regelmäßig auftraten, erklärte der Gesundheitsökonom Jürgen Wasem. Heute werden die gesetzlichen Krankenversicherungen bereits gemahnt, wenn ihre Rücklagen weniger als ein Viertel ihrer durchschnittlichen Monatsausgaben betragen. Diese vorübergehende Plünderung der Rücklagen werde von den Kassen jedoch lieber in Kauf genommen, als die Alternative der Erhebung von Zusatzbeiträgen. Doch obwohl einzelne Krankenversicherungen erhebliche finanzielle Probleme haben, stehen die gesetzlichen Krankenkassen insgesamt deutlich besser da, als in den vergangenen Jahren. Der Gesundheitsfonds werde zum Jahresende voraussichtlich einen Überschuss von 6,9 Milliarden Euro aufweisen, was rund 1,9 Milliarden Euro mehr sind, als vom Gesetzgeber vorgeschrieben. Auf dieser Basis wären unter Umständen auch Beitragssenkungen möglich, doch der Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) wies derartige Forderungen zurück. Der aktuell aufgebaute „kleinen Puffer“ reiche nicht aus für nachhaltige Beitragssenkungen und soll daher vorerst im Gesundheitsfonds als Reserve verbleiben. (fp)
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