Gesetzliche Krankenkassen erleiden Milliardenschaden durch säumige Beitragszahler
02.02.2012
Während die Private Krankenversicherungsbranche mit dem Bundesgesundheitsministerium darüber verhandelt, für Nichtzahler einen Extratarif einzuführen, weil immer mehr Versicherte ihre Beiträge nicht zahlen können, stellte sich nun heraus, dass auch die gesetzlichen Krankenkassen einen Fehlbetrag in Milliardenhöhe aufweist, weil viele ihre Beitragszahlungen nicht regelmäßig ableisten können. Zum Endes des letzten Jahres 2011 sei so ein Betrag von rund 1,2 Milliarden Euro aufgelaufen, wie eine Zeitung berichtet.
Rund 1,2 Milliarden Euro haben mehrere Hunderttausend Versicherte im letzten Jahr nicht für ihre Krankenkassen aufbringen können. Somit verursachen säumige Zahler den gesetzlichen Krankenkassen jedes Jahr einen Milliardenschaden, wie die „Ruhr Nachrichten“ am Donnerstag berichtet und sich dabei auf einen internen Bericht des Gesamtverbandes der gesetzlichen Krankenkasse (GKV) beruft. Etwa 638.000 Versicherte hatten bereits im August 2012 einen Rückstand von rund 1,0 Milliarden Euro produziert. Die tatsächlich Verlustsumme dürfte weitaus höher liegen.
Die meisten säumigen Zahler sind Selbstständig
Hohe Ausfallkosten sind laut des Berichtes unter anderem durch Selbstständige entstanden, die vor der Versicherungspflicht im Rahmen der damaligen Gesundheitsreform von den Privatkassen in die gesetzliche Krankenversicherung wechselten. Zusätzlich rund 530.000 Beitragskonten von freiwillig gesetzlich Versicherten seien nicht ausgeglichen gewesen. Auch hier stellen den größten Anteil freiwillig Versicherte, die auf selbstständiger Basis arbeiten. Die Angaben des Verbandes der gesetzlichen Krankenkasse wurden dem Bundesgesundheitsministerium bereits im Oktober 2011 übermittelt.
Ursächlich für diese Situation dürfte die voranschreitende Veränderung am Arbeitsmarkt sein. Immer mehr Menschen, vor allem Bereich der neuen Medien, der IT-Branche und des Dienstleistungssektors befinden sich heutzutage nicht mehr in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis, sondern müssen auf eigene Rechnung ihren Lebensunterhalt bestreiten. Viele ehemals Erwerbslose entschließen sich nach langen Jahren des Hartz IV-Bezuges, sich aus der Arbeitslosigkeit „selbstständig zu machen“. Viele Betroffenen können jedoch kaum ihren Lebensunterhalt von den freischaffenden oder selbstständigen Tätigkeiten bestreiten und müssen oft aufstockende Sozialleistungen beantragen. Wer gesetzlich freiwillig versichert ist, muss zudem Arbeitnehmer und Arbeitgeberanteil zusammen begleichen. Die Kosten für die Krankenversicherung sind für Selbstständige demnach höher, als bei Arbeitnehmern.
Nicht-Zahler-Tarif geplant
Letzte Woche wurde bekannt, dass die Privatversicherungen ein stetig steigendes Finanzloch aufweisen. Nach Angaben des Dachverbandes der Privaten Krankenversicherungen (PKV) ist im letzten Jahr ein Gesamtschaden von rund 500.000 Euro durch einige zehntausend Mitglieder entstanden. Ende 2011 konnten laut unbestätigter Medienberichte rund 145.000 Privatversicherte ihre Beiträge nicht mehr entrichten. Das Bundesgesundheitsministerium verhandelt nun mit den Versicherern über die Einführung eines „Nottarifs“ in dem nur noch „Notfallleistungen“ bezahlt werden. Die PKV soll so auf Kosten der Leidtragenden entlastet werden (sb)
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Bild: Gerd Altmann, Pixelio.de
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