Nutzen und Gefahren der Verwendung von Kratom
Kratom wird häufig als natürliche Alternative zu anderen Medikamenten gepriesen. Doch bedeutet „natürlich“ nicht automatisch, dass diese auch sicher ist, besonders, wenn es um aus Kratom gewonnene Pillen, Pulver und Tees geht, betont die Expertin für integrative Medizin, Dr. Yufang Lin, von der Cleveland Clinic (USA).
Was ist Kratom?
Bei Kratom (Mitragyna speciosa) handelt es sich um einen Baum aus der Familie der Kaffeegewächse. Kratom wächst beispielsweise in Südostasien und Afrika. Traditionell wird Kratom auf die unterschiedlichsten Arten und Weisen verwendet:
- Kratom Blätter werden gekaut,
- Kratom-Tee soll die Müdigkeit bekämpfen und die Produktivität verbessern,
- Kratom wird als Medizin genutzt,
- Kratom wird als Ersatz für Opium eingesetzt,
- und Kratom findet Verwendung während religiösen Zeremonien.
Wie wird Kratom verwendet?
Traditionell trinkt man Kratom als Tee oder kaut die Blätter. Kratom kann zudem in Form von Harzen, Extrakten und Tinkturen genutzt werden und auch Kratom-Pillen, -Kapseln, -Pulver oder sogar -Getränke sind erhältlich. In Thailand sei es beispielsweise möglich, ein Gebräu aus Kratomblättern, Hustensirup, Cola und Eis zu erwerben, berichtet die Medizinerin.
Kratom interagiert mit Opioid-Rezeptoren
Die Expertin erklärt, dass niedrige Dosen von Kratom Menschen durchaus wacher machen können. Werden hohe Dosen von Kratom eingenommen, könne zudem ein verringertes Schmerzempfinden, Glücksgefühl und Sedierung die Folge sein. Der Grund hierfür sei, dass zwei der Verbindungen in Kratom (Mitragynin und 7-Hydroxymitragynin) mit den Opioid-Rezeptoren im menschlichen Gehirn interagieren. Dies erkläre auch die Nutzung gegen Schmerzen und die Verwendung als Alternative zu Opioiden.
Nebenwirkungen von Kratom
Die Verwendung von Kratom kann jedoch verschiedene Nebenwirkungen mit sich bringen, wobei diese laut Aussage der Expertin die potentiellen Vorteile überwiegen. Es sei sogar möglich, dass Menschen durch Kratom den Tod finden, warnt Dr. Lin. Zu den am häufigsten auftretenden Nebenwirkungen von Kratom zählen:
- Aggression,
- veränderter mentaler Status,
- Ängstlichkeit und Reizbarkeit,
- Verstopfung,
- Wahnvorstellungen und Halluzinationen,
- Schläfrigkeit und Sedierung,
- trockener Mund,
- häufiges Wasserlassen,
- Juckreiz,
- Übelkeit und Erbrechen,
- und Taubheit der Zunge.
Herzinfarkt und Leberversagen durch Einnahme von Kratom
Die Expertin berichtet weiter, dass es zudem seltenere wirklich ernsthafte Nebenwirkungen durch die Einnahme von Kratom gibt. Diese umfassen beispielsweise:
- Herz-Kreislauf-Probleme wie Herzinfarkte, abnorme Herzrhythmen und zu hohen Blutdruck,
- Enzephalopathie (Gehirnerkrankung),
- Halluzinationen,
- Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion),
- Schlafstörungen,
- Leberschäden bis hin zum Leberversagen,
- Rhabdomyolyse (ein Zustand, der zu Nierenschäden führt, wenn sich die Muskeln auflösen und ein Protein ins Blut freigesetzt wird),
- Atemdepression (Atembeschwerden),
- und Krampfanfälle.
Nebenwirkungen bei regelmäßiger Einnahme
Wird Kratom von Menschen regelmäßig eingenommen, können noch weitere Nebenwirkungen auftreten wie:
- Vermehrte Wangenpigmentierung,
- Verlust des Appetits,
- Zittern,
- Psychosen,
- und Gewichtsverlust.
Kann Kratom süchtig machen?
Die Medizinerin erklärt, dass es bei Kratom wie auch bei Opioiden durchaus möglich sei, eine Sucht zu entwickeln. Ein Kratom-Entzug könne verschiedene unangenehme Auswirkungen mit sich bringen wie:
- Muskelkrämpfe,
- Schmerzen,
- Rhabdomyolyse,
- Steifheit,
- Krampfanfälle,
- und Zittern.
Wo ist Kratom legal?
In Amerika warnt die U.S. Food and Drug and Administration (FDA) vor den Gefahren des Kratomkonsums. Ab Mitte des Jahres 2021 wurde Kratom in sechs US-Bundesstaaten als illegal eingestuft. Zudem seien in einigen Bundesstaaten entsprechende Gesetze noch in der Schwebe, so Dr. Lin in einer Pressemitteilung der Cleveland Clinic.
Auf die ganze Welt bezogen, ist Kratom bereits in mehr als einem Dutzend Ländern illegal oder dessen Verwendung ist zumindest eingeschränkt. Dies gilt beispielsweise für Teile Europas, Japan und Russland. In Deutschland zählt Kratom allerdings nicht zu den kontrollierten Substanzen. Im Jahr 2015 entschied das Oberlandesgericht Köln, dass es sich bei Kratom nicht um ein Arzneimittel handele, daher sei der Handel, Besitz und Konsum grundsätzlich erlaubt.
Wie sicher ist die Verwendung von Kratom?
Aufgrund seiner gefährlichen Auswirkungen auf die Gesundheit und dem sehr realen Risiko, minderwertige und verunreinigte Kratom-Produkte in die Hände zu bekommen, rät die Medizinerin dazu, Kratom in keinerlei Form zu verwenden. Bei vorhandenen Schmerzen oder einer Sucht nach Opioiden, sollte ohnehin zunächst ärztliche Beratung gesucht werden. Gemeinsam werde es sicher möglich sein, einen sicheren Weg zur Verwirklichung der eigenen gesundheitlichen Ziele zu finden, fügt die Expertin hinzu. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Cleveland Clinic: What You Should Know About Kratom (veröffentlicht 30.06.2021), Cleveland Clinic
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.