Spielen Bitterrezeptoren eine Rolle bei Krebs?
Bitterer Geschmack wird über unsere Zunge mithilfe von über 25 verschiedenen Typen von Bitterrezeptoren wahrgenommen. Doch solche Geschmacksrezeptoren befinden sich nicht nur auf der Zunge, auch im Magen und im Darm sind solche Rezeptoren vorhanden. Bitterrezeptoren wurden sogar auf Krebszellen entdeckt und könnten einen bislang ungenutzten Angriffspunk darstellen.
Forschende der Universität Wien und der Technischen Universität München untersuchten die Rolle von Bitterrezeptoren auf Krebszellen und stellten dabei fest, dass die Rezeptoren einen potenziellen Angriffspunkt für zukünftige Therapien bieten könnten. Die Forschungsergebnisse wurden kürzlich in der medizinischen Fachzeitschrift „Cancers“ vorgestellt.
Bitterrezeptoren helfen nicht nur beim Schmecken
Bitterrezeptoren dienen nicht allein der Geschmackswahrnehmung von Bitterstoffen. Sie helfen beispielsweise auch Zellen im Magen bei der Regulation der Magensäure und Zellen der Lunge bei der Freisetzung von antimikrobiellen Stoffen. Auch Zellen im Darm haben solche Rezeptoren.
Auf Krebszellen wurden ebenfalls Bitterrezeptoren entdeckt. Welche Rolle sie dort spielen ist jedoch weitgehend unbekannt. Eine Arbeitsgruppe um Veronika Somoza an der Fakultät für Chemie der Universität Wien sowie am deutschen Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie an der Technischen Universität München erstellte nun die erste Übersichtsarbeit zu dem Thema.
Ungenutztes medizinisches Potenzial von Bitterrezeptoren
„Die neuen Befunde lassen annehmen, dass Bitterrezeptoren über physiologische Funktionen verfügen, die dazu genutzt werden könnten, Krankheiten vorzubeugen oder zu behandeln“, erklärt Studienautorin Agnes Mistlberger-Reiner vom Institut für Physiologische Chemie der Universität Wien. Dies gelte auch für Krebserkrankungen, da solche Rezeptoren dort funktionell aktiv seien.
Welche Rolle spielen Bitterrezeptoren für die menschliche Gesundheit?
Die Arbeitsgruppe suchte systematisch nach Hinweisen und Zusammenhängen in bereits bestehenden Studien. Daraus resultierte eine Übersichtsarbeit zu den bislang entdeckten Funktionen der Bitterstoffe in der Ernährung, der geschmacklichen Wahrnehmung und der möglichen Rolle bei der Entstehung von Krebs.
Sind Bitterrezeptoren am Krebsgeschehen beteiligt?
„Wie unsere Datenauswertung zeigt, ist bislang kein Zusammenhang zwischen den genetisch bedingten Wahrnehmungsunterschieden von Bitterstoffen, der Ernährungsweise und der Krebsentstehung belegt“, erläutert Somoza. Des Weiteren zeige die Übersichtsarbeit, dass in vielen Fällen die Genexpression von Bitterrezeptoren in Krebszellen und -geweben herunterreguliert ist, also weniger Genprodukte nachzuweisen waren.
„Umgekehrt gibt es Belege dafür, dass eine Überexpression dieser Rezeptorgene sowie eine gezielte Aktivierung der Bitterrezeptoren zelluläre Mechanismen stimulieren, die krebshemmend sind“, fügt Studienerstautorin Sofie Zehentner hinzu. Hierzu zählen Effekte wie eine verringerte Zellteilung und Migration sowie eine erhöhte Apoptoserate, also eine Zunahme des programmierten Zelltods der Krebszellen.
Weitere Forschung notwendig
„Vieles spricht somit für eine Beteiligung von Bitterrezeptoren am Krebsgeschehen und macht sie als Ansatzpunkte für die Entwicklung neuer Therapeutika interessant“, resümiert Somoza. Das Team will daher nun die Funktionen der Rezeptoren in dieser Hinsicht weiter erforschen. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Sofie Zehentner, Agnes T. Reiner, Christoph Grimm, et al.: The Role of Bitter Taste Receptors in Cancer: A Systematic Review; in: Cancers, 2021, mdpi.com
- Universität Wien: Zur Rolle von Bitterrezeptoren bei Krebs (veröffentlicht: 03.12.2021), medienportal.univie.ac.at
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.