Verbesserte Krebstherapie durch Bakterien im Darm
Ein Bakterium im Darmmikrobiom ermöglicht dem Immunsystem eine bessere Bekämpfung von Krebszellen, indem es die adaptive Immunantwort verstärkt und spezielle Zellen selektiv aktiviert. Diese Erkenntnis könnte in Zukunft zu einer verbesserten Behandlung von Tumoren im Dickdarm führen, welche nicht auf Arzneimittel- und Immuntherapien ansprechen.
In einer aktuellen Untersuchung der University of Pittsburgh wurde festgestellt, dass das Bakterium mit der Bezeichnung Helicobacter hepaticus die adaptive Immunantwort ankurbelt und eine selektive Aktivierung von Helper-T-Zellen und Antikörper produzierenden B-Zellen bewirkt, wodurch Dickdarmtumore schrumpfen und die Überlebenszeit verlängert wird. Die entsprechenden Studienergebnisse wurden in dem englischsprachigen Fachblatt „Immunity“ veröffentlicht.
Probleme bei der Behandlung von Darmkrebs
Darmkrebs ist eine weit verbreitete und oftmals tödlich verlaufende Krankheit, die nicht ohne weiteres auf Immuntherapien anspricht, erläutern die Forschenden. Diese liege daran, dass der Tumor in der Lage sei, seine Mikroumgebung zu verändern und der Identifizierung durch das Immunsystem zu entgehen.
Übliche Behandlungen haben starke Nebenwirkungen
Um betroffenen Personen zu helfen, greife man in der Onkologie oft auf gröbere Behandlungen wie Chirurgie, Chemotherapie und Strahlentherapie zurück. Diese bringen aber alle eine Reihe von schweren Nebenwirkungen mit sich. Immuntherapien bilden hier eine mögliche Alternative, doch sprechen die Erkrankten nicht gleichermaßen auf diese an. Hier wäre es ein Durchbruch, wenn der Krebs für die Immuntherapie empfindlich gemacht werden könnte.
Es sei besonders interessant, dass einige Personen bei der Behandlung von Darmkrebs bessere Erfolge erzielen als andere und das Darmmikrobiom könnte der Schlüssel zur Lösung dieses Rätsels sein, so das Team. Um zu untersuchen, ob die Anti-Tumor-Immunität durch Modulation der Zusammensetzung der Bakterienpopulationen im Dickdarm verbessert werden kann, besiedelten die Fachleute den Darm von Mäusen mit Dickdarmkrebs mit dem Bakterium H. hepaticus. Dieses kommt in der Darmschleimhaut vor und ruft eine starke Immunreaktion hervor.
Bakterium reduzierte Anzahl und Größe von Tumoren erheblich
Die Zugabe des Bakteriums reduzierte die Anzahl und Größe der Tumore erheblich und verlängerte die Lebenserwartung der Tiere, berichten die Forschenden. Die Fachleute konnten in der Studie ein verstärktes Eindringen von T-Helferzellen, B-Zellen und natürlichen Killerzellen (NK-Zellen) in den Tumorbereich und die Bildung hoch organisierter Strukturen beobachten. Solche Strukturen schaffen ein günstiges Umfeld für die Reifung von Immunzellen und verbessern die Wahrscheinlichkeit, dass eine Behandlung von Krebs erfolgreich verläuft, erläutert das Team.
Behandlung von Darmkrebs überdenken
Des Weiteren wurde laut den Forschenden keine erhöhte Aktivierung von zytotoxischen T-Zellen festgestellt, auf die Immuntherapien bisher häufig abzielen. Dies deute darauf hin, dass die Strategie bei Darmkrebs überdacht werden muss, um stattdessen Helfer-T-Zellen zu begünstigen.
Bakterien beeinflussen alles
„Den Einfluss von Darmbakterien auf den Erfolg von Krebstherapien zu ignorieren, scheint ein massives Versäumnis zu sein. Wir müssen an all die Dinge denken, die die Patienten tagtäglich erleben und die zum Erfolg oder Misserfolg von Behandlungen führen können. Wir können die Bakterien nicht mehr ignorieren – sie beeinflussen alles“, resümiert Studienautorin Dr. Abigail Overacre-Delgoffe von der University of Pittsburgh.
Rolle des Darmmikrobioms bei Darmkrebstherapien
Die bahnbrechenden Forschungsergebnisse liefern überzeugende Beweise für die Nutzung des Darmmikrobioms zur Behandlung von fortgeschrittenen Dickdarmkrebstumoren, welche gegen herkömmliche Arzneimittel- und Immuntherapien resistent sind, betonen die Fachleute. Dabei müsse man nicht auf den Zufall hoffen, um einen therapeutischen Vorteil zu erzielen.
„Anstatt fäkale Transplantate zu verwenden und zu hoffen, dass wir die richtige mikrobielle Zusammensetzung erhalten, sind wir jetzt viel besser in der Lage, wirksame Medikamente zu entwickeln, die auf Molekülen basieren, die von nützlichen Bakterien produziert werden“, erklärt Studienautor Dr. Timothy Hand von der University of Pittsburgh in einer Pressemitteilung. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Abigail E. Overacre-Delgoffe, Hannah J. Bumgarner, Anthony R. Cillo, Ansen H.P. Burr, Justin T. Tometich, et al.: Microbiota-specific T follicular helper cells drive tertiary lymphoid structures and anti-tumor immunity against colorectal cancer; in: Immunity (veröffentlicht 02.12.2021), Immunity
- University of Pittsburgh: Adding single type of bacteria to gut microbiome boosted anti-tumor immunity in mice (veröffentlicht 02.12.2021), University of Pittsburgh
Wichtiger Hinweis:
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