Zu wenig Förderung bei komplementären Krebsbehandlungen
Laut einer aktuellen Umfrage interessieren sich fast zwei Drittel aller Krebs-Betroffenen für komplementäre Therapien wie Ernährung, Bewegung, Massage und Meditation, doch nur ein Drittel aller onkologischen Fachkräfte klären über solche Möglichkeiten auf oder binden sie in die Behandlung ein.
Eine Umfrage, die im Auftrage der Samueli Foundation durchgeführt wurde, kommt zu dem Ergebnis, dass sich 62 Prozent aller Menschen mit Krebs vor dem Beginn einer konventionellen Behandlung eine bessere Aufklärung über komplementäre Therapien wünschen. Dieser Wunsch wird derzeit aber nur von 33 Prozent aller Onkologinnen und Onkologen erfüllt.
Krebs-Betroffene wünschen sich mehr Aufklärung
„Die Patienten wünschen sich mehr Informationen über ihre Möglichkeiten, damit sie fundierte Entscheidungen über ihre Gesamtbehandlung treffen können“, betont Dr. Wayne Jonas von der Samueli Foundation, einer amerikanischen Stiftung, die sich für ganzheitliche Behandlungsmethoden einsetzt.
Ihm zufolge sei es Aufgabe der Gesundheitsdienstleister, über diese Thematik besser aufzuklären und besser zugeschnittene Behandlungspläne für die einzelne Person anzubieten.
Befragung von Betroffenen und Fachkräften
Für die Umfrage wurden über 1.000 Patientinnen und Patienten befragt, bei denen innerhalb der letzten zwei Jahre Krebs diagnostiziert wurde. Darüber hinaus nahmen 150 Onkologinnen und Onkologen an der Befragung teil.
76 Prozent der Onkologie-Fachkräfte gaben an, dass sie mehr darüber erfahren möchten, wie komplementäre Therapien sinnvoll die konventionellen Behandlungsmethoden ergänzen können.
Warum komplementäre Behandlung nicht angeboten werden
Doch den Medizinerinnen und Medizinern zufolge gibt es typische Hindernisse, die solche Ansätze scheitern lassen, darunter eine fehlende Kostenerstattung durch die Versicherungen, Personalmangel, Zeitmangel und die falsche Annahme, dass Patientinnen und Patienten nicht an solchen Behandlungsansätzen interessiert sind.
„Es liegt auf der Hand, dass Ärzte, Versicherer und Krankenhäuser mehr Informationen und Behandlungsmöglichkeiten kennenlernen und anbieten müssen“, unterstreicht Jonas. Das derzeitige System sei so aufgebaut, dass diese Art der Versorgung verhindert wird.
Viele Ärztinnen und Ärzte sind überzeugt von der Wirkung
Dabei waren 60 Prozent der Onkologinnen und Onkologen überzeugt davon, dass komplementäre Behandlungsansätze dazu beitragen können, Nebenwirkungen zu bewältigen und das allgemeine Wohlbefinden während und nach der Behandlung zu verbessern.
40 Prozent der Fachkräfte gehen sogar davon aus, dass durch komplementäre Therapien die Behandlungsergebnisse und das Gesamtüberleben von Krebs-Betroffenen verbessert werden können im Vergleich zur alleinigen Anwendung von konventionellen Methoden.
Krebs-Betroffene suchen oft selbstständig
Zwei Drittel der Krebs-Betroffenen (66 Prozent) haben angegeben, sich eigenständig über komplementäre Therapien zu informieren und mindestens eine davon ausprobiert zu haben. Die häufigsten wahrgenommenen Angebote waren
- Ernährungsberatung (35 Prozent),
- psychologische Unterstützung (27 Prozent),
- Bewegungsberatung (26 Prozent),
- Meditations- oder Achtsamkeitstraining (26 Prozent),
- spirituelle Dienstleistungen (25 Prozent).
Komplementäre Therapien in die Standardbehandlung einbinden
Die größte Hürde, eine komplementäre Behandlung zu nutzen, bestand den Befragten zufolge darin, versierte Anbieterinnen und Anbieter zu finden und dass solche Ansätze nicht im Rahmen einer konventionellen Therapie angeboten werden.
„Krankenhäuser und Leistungserbringer müssen neben der herkömmlichen Krebsbehandlung mehr Behandlungsmöglichkeiten anbieten, um die Patientenzufriedenheit zu erhöhen und die Lebensqualität und -dauer von Krebspatienten zu verbessern“, fordert Jonas.
Situation in Deutschland
Die Umfrage stammt zwar aus den USA, aber in Deutschland sieht die Lage ähnlich aus. Professor Dr. med. Jens Büntzel ist fachlicher Berater der Deutschen Krebsgesellschaft. Laut dem Onkologen ist die Resonanz aus der deutschen Ärzteschaft zu komplementären Krebsbehandlungen sehr positiv, auch wenn auf dem Gebiet noch weitere Forschung notwendig ist.
Durch rückläufige Kostenübernahme durch gesetzliche Krankenkassen sei jedoch ein Trend zu beobachten, dass eher zahlungskräftige Patientinnen und Patienten solche Behandlungsmethoden in Anspruch nehmen. Es könne sich schlichtweg nicht jeder die Komplementärmedizin leisten.
Eine erste Grundlage, um die Situation zu verbessern, bietet die „S3-Leitlinie Komplementärmedizin in der Behandlung von onkologischen PatientInnen“, die im September 2021 veröffentlicht wurde. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Umfrage: US PATIENT & ONCOLOGIST AWARENESS, USAGE, & ATTITUDES TOWARD WHOLE PERSON INTEGRATIVE ONCOLOGY (PDF, Stand 07.10.2022), drwaynejonas.com
- The Reis Group: Most cancer patients want access to complementary therapies before treatment (veröffentlicht: 15.11.2022), eurekalert.org
- Krebsgesellschaft: Komplementäre Medizin bei Krebs - Möglichkeiten und Grenzen (Stand: 25.10.2021), krebsgesellschaft.de
- S3-Leitlinie Komplementärmedizin in der Behandlung von onkologischen PatientInnen (PDF, Stand: September 2021), leitlinienprogramm-onkologie.de
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.