Wenn Krebs über die Gene vererbt wird
Zwischen fünf und zehn Prozent aller Krebsfälle sind erblich bedingt. In einigen Familien ist das Risiko für bestimmte Krebsarten deshalb erhöht. Das individuelle Risiko kann über die Gene bestimmt werden – vorausgesetzt man kennt die Risikogene. Ein deutsches Forschungsteam untersucht derzeit, welche Gene das Risiko für Brustkrebs erhöhen.
Die Deutschen Krebshilfe fördert einen deutschlandweiten Forschungsverbund mit rund 1,3 Millionen Euro, in dem sich Krebsforscherinnen und Krebsforscher zusammengeschlossen haben, um Wissenslücken in den Erkenntnissen zu erblich bedingtem Krebs zu schließen. Auch die Bestimmung weiterer Risikogene steht dabei im Fokus der Forschung.
Viele Krebsrisikogene sind noch unbekannt
BRCA1 und BRCA2 sind zwei Risikogenen, von denen bereits bekannt ist, dass sie die Wahrscheinlichkeit erhöhen, erblich bedingten Brust- und Eierstockkrebs auszulösen. Dem Forschungsteam zufolge gibt es jedoch eine Vielzahl weiterer und bislang kaum erforschter Risikogene, die ebenfalls eine Krebserkrankung auslösen können. Es wurden bereits viele unterschiedliche Gene in zahlreichen Varianten ermittelt, die mit einem erhöhten Risiko für diese Krebsarten in Zusammenhang stehen.
„Je nachdem, welche Variante eines bestimmten Gens vorliegt, senkt oder erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass ein Tumor entsteht“, schreiben die Forschenden. Viele dieser Risikogenvarianten seien jedoch noch weitgehend unerforscht. Insbesondere bei neu entdeckten und bislang weniger gut untersuchten Kandidaten gebe es eine Vielzahl von Varianten, deren klinische Auswirkungen noch unbekannt sind.
Wieso kann Krebs erblich bedingt sein?
Nach Angaben der Arbeitsgruppe können schädliche Erbgutveränderungen, die innerhalb der Familie weitergegeben werden, zur Entwicklung von Krebs beitragen. In solchen Risikofamilien komme es oft zu einer Häufung bestimmter Krebserkrankungen. Besonders deutlich sei dies bei Brust- oder Eierstockkrebs.
20 Prozent aller Brustkrebsfälle könnten erblich bedingt sein
Die Risikogene BRCA1 und BRCA2 gehören zu den am besten untersuchten Genen, die mit einem erhöhten Risiko für Brust- und Eierstockkrebs in Verbindung stehen. Der Anteil der durch diese Risikogene verursachten Krebsfälle liege aber bei unter fünf Prozent. Die Forschenden schätzen allerdings, dass rund 20 Prozent aller Fälle von Brust- und Eierstockkrebs erblich bedingt sind.
Falsche Therapien durch Unwissen
Das Unwissen darüber, ob der Krebs erblich bedingt ist oder nicht, könne zu medizinischen Fehlinterpretationen führen und in Folge zu Maßnahmen und Therapien, die unter Umständen gar nicht erforderlich sind. „Das Wissen um ein familiäres Krebsrisiko ist für viele Menschen sehr belastend“, erklärt Professorin Dr. Rita Schmutzler, Direktorin des Zentrums Familiärer Brust- und Eierstockkrebs am Universitätsklinikum Köln. Daher sei es umso wichtiger, eine möglichst präzise Vorhersage treffen zu können und die weiteren Schritte gemeinsam mit den Betroffenen genau zu planen, so die Krebsexpertin.
Modernste Technik soll Wissenslücken schließen
Mithilfe modernster IT-Methoden will die Arbeitsgruppe um Professorin Dr. Schmutzler nun eine umfassende Datenbank von Genvarianten aufbauen, die mit einem erhöhten Risiko für erblich bedingten Brust – und Eierstockkrebs in Verbindung stehen. Die Datenbank soll Wissenslücken in den Genanalysen, in der Einordnung von Risikogenvarianten sowie bei der klinischen Interpretation der Ergebnisse schließen.
Eine spezielle Software soll die Genvarianten dann analysieren und nach klinischen Auswirkungen klassifizieren. Auf diese Weise können Medizinerinnen und Mediziner zukünftig genauere Vorhersagen über das Auftreten eines erblich bedingten Tumors samt dem möglichen Krankheitsverlauf treffen.
Modellkonzept für weitere erblich bedingte Krebsformen
„Mithilfe dieser Ergebnisse möchten wir eine personalisierte Risikoberechnung, entsprechend danach gerichtete Maßnahmen der Prävention und eine gezielte Therapie für jede Patientin möglich werden lassen“, resümiert Schmutzler.
„Mit der Förderung dieses Verbundprojektes verfolgen wir gemeinsam mit den beteiligten Wissenschaftlern auch das Ziel, ein Modellkonzept zu entwickeln, das für andere Krebsarten ebenfalls etabliert werden könnte“, ergänzt Gerd Nettekoven, der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krebshilfe. Es sei somit eine „wichtige wissenschaftliche Pionierarbeit für die medizinische Versorgung von morgen“. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Deutsche Krebshilfe: Erblicher Brustkrebs – Risikogenen auf der Spur (veröffentlicht: 19.10.2021), krebshilfe.de
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.