Krebs: Neue Behandlung einer besonders aggressiven Erkrankung
Bauchspeicheldrüsenkrebs (Pankreaskrebs oder Pankreaskarzinom) macht laut Fachleuten zwar nur einen eher kleinen Teil aller Tumorerkrankungen aus, ist jedoch aufgrund seiner hohen Bösartigkeit für zahlreiche Krebstodesfälle verantwortlich. Forschende berichten nun über einen neuen Weg für die Behandlung einer besonders aggressiven Form dieser Krebsart.
Krebserkrankungen werden aufgrund der älter werdenden Gesellschaft immer häufiger. Allerdings verbessern sich auch die Möglichkeiten, Krebs frühzeitig zu erkennen und erfolgreich zu behandeln. Ein großes Problem in der Krebstherapie sind jedoch Resistenzen. Doch Forschende berichten nun über neue Erkenntnisse, die in manchen dieser Fälle weiterhelfen könnten.
- Die Ausbildung von Resistenzen erschwert die Behandlung von Krebserkrankungen.
- Bei einer aggressiven Krebsform der Bauchspeicheldrüse etwa ist der programmierte Zelltod auf bisher unbekannte Weise unterdrückt, so dass Krebszellen unkontrolliert wachsen können.
- Einem Forschungsteam ist es nun gelungen, das Zusammenspiel von Faktoren aufzuklären, die das Überleben dieser Krebszellen ermöglichen.
- Die Forschenden konnten zeigen, dass die Hemmung eines zentralen Proteins das Tumorwachstum einschränkt. Die Erkenntnisse könnten einen neuen Therapieansatz für aggressive Tumoren ermöglichen.
Möglichen Angriffspunkt identifiziert
Wie in einer aktuellen Mitteilung der Charité – Universitätsmedizin Berlin erklärt wird, lassen sich manche Krebsarten besonders schwer behandeln, weil sie sich den verfügbaren Therapien entziehen. Dies gilt vor allem für Pankreaskrebs – insbesondere aggressive Unterformen des sogenannten duktalen Adenokarzinoms der Bauchspeicheldrüse (PDAC).
Etwa 19.000 Menschen in Deutschland erkranken jedes Jahr an Bauchspeicheldrüsenkrebs. Die häufigste Ursache einer Resistenz gegenüber therapeutischen Behandlungen besteht laut den Fachleuten darin, dass der programmierte Zelltod der Krebszellen – die sogenannte Apoptose – unterdrückt ist.
Deshalb sind für eine zielgerichtete Behandlung neue Therapiestrategien notwendig.
„Wir haben nun einen möglichen Angriffspunkt identifiziert und einen Mechanismus aufklärt, wie sich die Resistenz von Krebszellen umgehen lässt“, so Privatdozent Dr. Matthias Wirth von der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Hämatologie, Onkologie und Tumorimmunologie am Charité Campus Benjamin Franklin.
„Auf diese Weise konnten wir einen neuen Weg für die Behandlung der besonders aggressiven Krebserkrankung aufzeigen“, sagt der Experte.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler konnten zeigen, dass die Hemmung eines zentralen Proteins das Tumorwachstum einschränkt. Die in dem Fachjournal „PNAS“ veröffentlichten Erkenntnisse könnten einen neuen Therapieansatz für aggressive Tumoren ermöglichen.
Protein wirkt tumorfördernd
Das Team an der Charité untersuchte – zusammen mit Kolleginnen und Kollegen anderer Forschungseinrichtungen in Deutschland, den USA und den Niederlanden – die Abläufe der Apoptose im Detail.
Sie stellten dabei fest, dass ein wesentlicher Faktor, das Protein NOXA, bei besonders aggressiven Formen des Pankreaskarzinoms auf bisher unbekannte Weise unterdrückt wird. „Daher verfolgten wir den Ansatz, Kandidaten für mögliche Medikamente zu identifizieren, die das krebslimitierende Potenzial von NOXA freisetzen können“, so Dr. Wirth.
„Durch ein unvoreingenommenes Screening zur systematischen Testung von Substanzen in genetisch veränderten Zelllinien konnten wir eine wirksame Substanz identifizieren“, erklärt der Forscher.
„Dabei handelte es sich um einen Hemmstoff des Transkriptionsfaktors RUNX1, der beim Pankreaskarzinom üblicherweise in großer Menge vorliegt und mit einer schlechten Prognose einhergeht.“
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler führten umfangreiche genomweite Analysen in speziellen Zellmodellen durch, um die Genaktivität zu bestimmen. Auf diese Weise konnten sie belegen, dass der Verlust von RUNX1 die Unterdrückung von NOXA aufhebt – das Protein RUNX1 also die Apoptose verhindert und so tumorfördernd wirkt.
Mögliche neue Option zur Behandlung
Zudem fand das Forschungsteam heraus, dass die Aktivität des NOXA-Gens durch eine räumliche Interaktion mit einem weiter entferntem DNA-Abschnitt – einem sogenannten nicht-kodierenden regulatorischen Element – gesteuert wird, an dem der Transkriptionsfaktor RUNX1 binden kann.
Den Forscherinnen und Forschern gelang es in einer bundesweiten Kooperation nachzuweisen, dass auch im Mausmodell sowie in Organoiden – also dreidimensionalen Zellkulturen, die von Krebspatienten oder -patientinnen stammen – die Funktion von RUNX1 blockiert und so die Apoptose in Tumorzellen ausgelöst werden kann.
„Unsere Erkenntnisse richten den Fokus also auf wirksame RUNX1-Inhibitoren als eine mögliche neue Option zur Behandlung von Pankreaskrebs“, erläutert Dr. Wirth.
„Wir untersuchen nun, inwiefern sich der aufgeklärte Mechanismus auch auf andere Tumorarten übertragen lässt. Im nächsten Schritt werden wir weitere Substanzen testen – insbesondere solche, die bereits klinische Anwendung finden“, so der Wissenschaftler.
„Auf diese Weise hoffen wir, mögliche Kombinationstherapien aufzudecken, die später in klinischen Studien münden und die Therapieoptionen für Krebserkrankungen erweitern könnten.“ (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Charité – Universitätsmedizin Berlin: Pankreaskrebs: Zentraler Zellprozess weist Weg zu neuen Therapieoptionen, (Abruf: 27.02.2022), Charité – Universitätsmedizin Berlin
- Josefina Doffo, Stefanos A. Bamopoulos, Hazal Köse, Felix Orben, Chuanbing Zang, Miriam Pons, Alexander T. den Dekker, Rutger W. W. Brouwer, Apoorva Baluapuri, Stefan Habringer, Maximillian Reichert, Anuradha Illendula, Oliver H. Krämer, Markus Schick, Elmar Wolf, Wilfred F. J. van IJcken, Irene Esposito, Ulrich Keller, Günter Schneider, Matthias Wirth: NOXA expression drives synthetic lethality to RUNX1 inhibition in pancreatic cancer; in: PNAS, (Abruf: 27.02.2022), PNAS
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.