Adipositas und Diabetes erhöhen das Krebsrisiko
Die mit starkem Übergewicht einhergehenden schwerwiegenden gesundheitlichen Auswirkungen werden oft wenig ernst genommen. Dass Fettleibigkeit, medizinisch „Adipositas“ genannt, außerdem ein nicht zu unterschätzender Krebsrisikofaktor ist, ist vielen Menschen nicht bekannt. Und auch durch Diabetes steigt das Krebsrisiko.
Eine ausgewogene Ernährung, regelmäßige körperliche Aktivitäten, nicht rauchen und den Alkoholkonsum begrenzen: Diese Maßnahmen gehören zu den häufigsten Empfehlungen, um das Krebsrisiko zu senken. Doch auch gegen starkes Übergewicht und Diabetes vorzugehen, kann die Gefahr, an Krebs zu erkranken, reduzieren.
Langzeitfolge von Übergewicht und Diabetes
Wie die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) in einer aktuellen Mitteilung schreibt, haben mehr als 1,5 Milliarden Menschen weltweit Übergewicht. Hierzulande sind rund zwei Drittel der Männer und die Hälfte der Frauen davon betroffen. Ein Viertel der Erwachsenen in Deutschland hat sogar starkes Übergewicht.
Adipositas (Fettleibigkeit) wiederum erhöht das Risiko für Typ-2-Diabetes. In den vergangenen Jahren hat sich zunehmend gezeigt, dass neben Herz-Kreislauf-Komplikationen auch Tumorerkrankungen eine Langzeitfolge von Übergewicht und Diabetes sind.
Professor Dr. rer. nat. Stephan Herzig, Direktor des Helmholtz Diabetes Centers München erläutert, was die Forschung leisten muss, um die zusammenhängenden Mechanismen zwischen Diabetes und der Krebsentstehung weiter zu entschlüsseln.
Eine halbe Million Krebsneuerkrankungen jährlich
Etwa 510.000 Menschen in Deutschland erkranken jedes Jahr neu an Krebs. Große epidemiologische Untersuchungen haben eine klare Risikobeziehung zwischen Übergewicht und Tumorerkrankungen der Gebärmutter, der Speiseröhre, der Leber, der Bauchspeicheldrüse sowie des Darms aufgezeigt. Je nach Studie findet man zum Teil ein um bis zu vierfach erhöhtes Risiko beispielsweise für Leberkrebs.
„Bei Menschen mit Diabetes Typ 2 kann man von einem bis zu 1,7-fach erhöhten Risiko für bestimmte Tumorarten ausgehen“, so Professor Dr. rer. nat. Stephan Herzig, Sprecher der neu gegründeten Arbeitsgemeinschaft „Diabetes und Krebs“ der DDG.
„Das sind Brust-, Darm-, Harnblasen- und Bauchspeicheldrüsenkrebs, bei einer entsprechenden familiären Vorbelastung gilt auch ein erhöhtes Risiko für Darmkrebs“, erläutert der Molekularbiologe.
Insulin fördert das Zellwachstum
Die Gründe für diese Risikobeziehung sind vielfältig: Menschen mit Prädiabetes und einem unerkannten Typ-2-Diabetes weisen oft eine Insulinresistenz auf, die ihr Körper mit einer vermehrten Ausschüttung des Hormons zu kompensieren versucht. Insulin fördert jedoch auch das Zellwachstum.
„Somit können Körperzellen mit einem genetischen Defekt, der eine entgleiste Zellteilung bewirkt, noch schneller wachsen und zu Tumoren führen“, sagt Professor Herzig. Darüber hinaus laufen laut dem Experten sowohl bei Übergewicht als auch bei Diabetes chronische Entzündungsprozesse in verschiedenen Organen ab, die ebenfalls das Tumorwachstum beschleunigen können.
Wie Professor Herzig aus eigenen Studien weiß, spielen auch bestimmte Fettgewebshormone, die bei Übergewicht vermehrt aus dem Fettgewebe freigesetzt werden, bei der Tumorprogression eine Rolle.
„Diese konnten zum Beispiel zeigen, dass das Fettgewebshormon Leptin den Fettstoffwechsel in Brustkrebszellen verändern und dadurch die Tumoraggressivität sowie die Metastasierung steigern kann. Das bedeutet, die Körperumgebung in einer bestimmten Stoffwechsellage kann direkt Einfluss auf eine Tumorzelle nehmen und den weiteren Verlauf auf molekularer Ebene bestimmen.“
Weitere Studien nötig
Laut dem Wissenschaftler müssten weitere Studien unter anderem ergründen, welcher Mechanismus auf welche Tumorart zutrifft, wie der systemische Stoffwechsel mit dem Tumorstoffwechsel zusammenhängt, ob der Stoffwechsel das Tumorwachstum nicht nur beschleunigen, sondern auch initiieren kann oder ob existierende Diabetesmedikamente auch das Tumorrisiko positiv beeinflussen können.
„Genauso wichtig ist, Menschen mit Diabetes über ihr erhöhtes Krebsrisiko aufzuklären und ihnen Präventions- und Früherkennungsangebote aufzuzeigen“, sagt Professor Herzig. Früh erkannt seien viele Krebsarten und ihre Vorstufen mittlerweile gut behandelbar. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Deutsche Diabetes Gesellschaft: Tumorforschung vorantreiben, Risikopatientinnen und -patienten für Prävention und Früherkennung sensibilisieren, (Abruf: 05.05.2021), Deutsche Diabetes Gesellschaft
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.