Ketogene Ernährung senkt über spezielles Molekül das Darmkrebsrisiko
Als Reaktion auf eine ketogene Ernährung wird ein spezielles Molekül produziert, das das Wachstum von kolorektalen Tumoren stark hemmt. Die Entdeckung diesses bislang unbekannten Stoffwechsel-Signalwegs könnte auch die Prävention und Behandlung von Darmkrebs deutlich verbessern.
In einer neuen Studie unter Beteiligung von Fachleuten der University of Pennsylvania wurde der mögliche Nutzen verschiedener Ernährungsformen bei der Prävention und Behandlung von Darmkrebs untersucht. Die Ergebnisse wurden in dem englischsprachigen Fachblatt „Nature“ veröffentlicht.
Verbindung zwischen Darmkrebs und Ernährung
Das Team hat an Mäusen überprüft, ob verschiedene Arten der Ernährung die Entwicklung und das Wachstum von Darmkrebs hemmen können. Dafür fütterten sie sechs Gruppen von Mäusen mit verschiedenen Formen der Nahrung, die ein unterschiedliches Fett-Kohlenhydrat-Verhältnis enthielten.
Dann wendeten die Forschenden ein chemisches Standardverfahren an, durch das normalerweise Dickdarmtumore hervorgerufen werden.
Ketogene Ernährung schützte vor Darmtumoren
Die Fachleute stellten fest, dass die Formen der Ernährung, welche am stärksten ketogen waren und ein Fett-Kohlenhydrat-Verhältnis von neun zu eins enthielten, bei den meisten Tieren, die solch eine Ernährung zu sich nahmen, die Entwicklung von Darmtumoren verhinderten.
Außerdem zeigte sich, dass alle Mäuse, die anderen Ernährungsformen zu sich nahmen, darunter auch fettarme und kohlenhydratreiche Formen der Ernährung, Tumore entwickelten.
Ketogene Ernährung verlangsamt Wachstum von Tumoren
Zusätzlich konnten die Forschenden noch einen weiteren vorteilhaften Effekt der ketogenen Ernährungsformen auf Darmkrebstumore feststellen. Auch wenn die Darmtumore in den Tieren bereits begonnen hatten zu wachsen, führte die ketogene Ernährung zu einem Behandlungseffekt, wodurch das weitere Wachstum und die Ausbreitung der Tumore deutlich verlangsamt wurden.
Worauf war die Tumorunterdrückung zurückzuführen?
Das Team fand heraus, dass die festgestellte Tumorunterdrückung mit einer langsameren Produktion neuer Epithelzellen durch Stammzellen verbunden ist. Bei Epithelzellen handelt es sich um Zellen, welche den Dickdarm auskleiden.
Rolle von Beta-Hydroxybutyrat
Das verlangsamte Wachstum der Darmzellen führte das Team auf Beta-Hydroxybutyrat (BHB) zurück. Dieses natürliche Molekül wird normalerweise als Teil einer Hungerreaktion von der Leber produziert. In den Experimenten an den Mäusen wurde das Hormon infolge der kohlenhydratarmen ketogenen Ernährung ausgeschüttet, berichten die Fachleute.
Beta-Hydroxybutyrat ist dafür bekannt, dass es unter kohlenhydratarmen Bedingungen als alternative Brennstoffquelle für wichtige Organe dient. In der neuen Studie zeigte sich jetzt, dass BHB nicht nur eine Brennstoffquelle, sondern auch ein starkes wachstumshemmendes Signal ist, zumindest für Zellen der Darmschleimhaut.
Den Forschenden konnten die tumorunterdrückenden Auswirkungen der ketogenen Ernährungsformen bereits reproduzieren. Dafür wurde den Tieren in der Studie BHB verabreicht.
Warum hemmt BHB Wachstum von Darmzellen?
Es zeigte sich, dass BHB seine wachstumshemmende Wirkung auf Darmzellen durch die Aktivierung eines Oberflächenrezeptors mit der Bezeichnung Hcar2 entfaltet. Hcar2 stimuliert die Expression des wachstumshemmenden Gens Hopx.
Wirkung von BHB auf menschliche Darmzellen
Als nächstes wurden Experimente mit menschlichen Darmzellen durchgeführt. In diesen konnte nachgewiesen werden, dass BHB über die menschlichen Versionen von Hcar2 und Hopx die gleiche wachstumshemmende Wirkung auf diese Zellen hat.
Die Fachleute stellten fest, dass Darmtumorzellen, welche diese beiden Gene nicht exprimieren, nicht auf die Behandlung mit BHB ansprachen. Dies deutet nach Ansicht des Teams auf einen Nutzen als mögliche Prädiktoren für die Wirksamkeit einer Behandlung hin.
BHB als Standardbestandteil von Darmkrebsbehandlungen
„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass dieses natürliche Molekül, BHB, eines Tages zu einem Standardbestandteil der Darmkrebsbehandlung und -prävention werden könnte“, berichtet Studienautor Dr. Maayan Levy von der University of Pennsylvania in einer Pressemitteilung.
„Bevor eine Empfehlung für die Verwendung von BHB zur Prävention oder Behandlung ausgesprochen werden kann, sind klinische Studien zur BHB-Supplementierung erforderlich“, fügt Studienautor Dr. Christoph Thaiss hinzu, der ebenfalls an der University of Pennsylvania tätig ist.
Das Team ist bereits dabei, eine klinische Studie mit BHB bei Darmkrebspatienten durchzuführen. Zusätzlich werden auch die potenziellen krebshemmenden Wirkungen von BHB in anderen Teilen des Körpers und die Auswirkungen von anderen Molekülen, welche unter ketogenen Bedingungen produziert werden, untersucht. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Oxana Dmitrieva-Posocco, Andrea C. Wong, Patrick Lundgren, Aleksandra M. Golos, Hélène C. Descamps, et al.: β-Hydroxybutyrate suppresses colorectal cancer; in: Nature (veröffentlicht 27.04.2022), Nature
- University of Pennsylvania School of Medicine: “Keto” molecule may be useful in preventing and treating colorectal cancer, Penn study suggests (veröffentlicht 27.04.2022), University of Pennsylvania School of Medicine
Wichtiger Hinweis:
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