Blutkrebs: Kombination zweier Arzneien verdreifacht Überlebenszeit
Die akute myeloische Leukämie (AML) ist eine seltene Erkrankung, aber die häufigste Form akuter Leukämien bei Erwachsenen in Deutschland. Dank intensiver Forschungsarbeit in den letzten Jahrzehnten haben sich die Behandlungsmöglichkeiten deutlich verbessert. In einer neuen Studie hat sich nun gezeigt, dass eine Medikamenten-Kombination die Überlebenszeit bei diesem Blutkrebs verdreifacht.
Die akute myeloische Leukämie ist eine bösartige Erkrankung des blutbildenden Systems (Blutkrebs). Eine Kombination zweier Arzneien kann die Überlebenszeit bei dieser Krebsart verdreifachen. Das zeigt eine Studie, die in der Fachzeitschrift „New England Journal of Medicine“ veröffentlicht wurde.
Vor allem Ältere betroffen
Wie in einer aktuellen Mitteilung der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) erklärt wird, ist die akute myeloische Leukämie (AML) eine bösartige Erkrankung, bei der sich die Vorläuferzellen des blutbildenden Systems unkontrolliert vermehren.
Ursache dieser Leukämie-Form sind genetische Veränderungen im Knochenmark, die sich im Laufe des Lebens einstellen. Daher sind vor allem ältere Menschen betroffen. Unbehandelt führt dieser Blutkrebs innerhalb weniger Wochen zum Tod.
Aber jetzt gibt es Hoffnung. Die Kombination zweier Medikamente sorgt dafür, dass sich die Überlebenszeit von Patientinnen und Patienten mit neu diagnostizierter akuter myeloischer Leukämie verdreifacht.
Dies ergab eine internationale klinische Studie unter Beteiligung von Professor Dr. Michael Heuser, Leitender Oberarzt der Klinik für Hämatologie, Hämostaseologie, Onkologie und Stammzelltransplantation der MHH, an der auch Patientinnen und Patienten der MHH-Klinik teilnahmen.
Von der Wirkung überrascht
Den Angaben zufolge handelt es sich bei den Medikamenten um die bislang einzeln gegen AML eingesetzten Wirkstoffe Ivosidenib und Azacitidine. Während der erste ein bestimmtes genverändertes Enzym namens IDH1 hemmt, welches die Entwicklung von Blutkrebszellen begünstigt, hindert der zweite die Krebszellen daran zu wachsen.
„Die Kombination beider Präparate haben wir bereits vor einigen Jahren im Mausmodell untersucht und bedeutende Synergieeffekte beobachtet“, erläutert Professor Heuser. In der klinischen Studie konnten die Forschenden diesen Effekt jetzt auch an Menschen nachweisen, bei denen eine neu diagnostizierte AML mit Genveränderungen im Enzym IDH1 vorlag.
„Wir waren überrascht, dass die Wirkung so stark ist“, sagt der Hämatologe. Das Zusammenspiel beider Wirkstoffe verursache quasi eine Vollbremsung im Teilungszyklus der Krebszellen und führe dazu, dass die Leukämieaktivität stark abnehme. Dadurch überleben die Patientinnen und Patienten im Durchschnitt dreimal so lange.
Seltener Nebenwirkungen
„Die Behandlung ist vor allem eine Chance für Patientinnen und Patienten, bei denen eine intensive Chemotherapie zur Tumorbekämpfung nicht in Frage kommt“, so Professor Heuser. Ein weiterer Vorteil: Unerwünschte Nebenwirkungen wie zum Beispiel Infektionen, Lungenentzündung oder Blutvergiftung treten seltener auf als bei anderen Therapien.
„Durch die Behandlung werden die entarteten Vorläuferzellen des Blutsystems nicht einfach abgetötet, sondern dazu gebracht, ebenso wie bei gesunden Menschen zu weißen Blutkörperchen auszureifen“, erklärt der Mediziner.
Auf diese Weise können gesunde Blutzellen nachwachsen und ein normal funktionierendes Immunsystem ausbilden. Bislang konnten lediglich die Teilnehmenden der klinischen Studie von dem neuen Behandlungsansatz profitieren. Dies soll sich nun ändern.
„Eine Zulassung der Kombinationstherapie ist beantragt und wird hoffentlich schon bald den Alltag von AML-Betroffenen verändern und ihre Überlebenschancen deutlich verbessern.“ (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Medizinische Hochschule Hannover: Medikamenten-Kombination verdreifacht Überlebenszeit bei Blutkrebs, (Abruf: 07.06.2022), Medizinische Hochschule Hannover
- Pau Montesinos, M.D., Ph.D., Christian Recher, M.D., Ph.D., Susana Vives, M.D., Ewa Zarzycka, M.D., Jianxiang Wang, M.D., Giambattista Bertani, M.D., Michael Heuser, M.D., Rodrigo T. Calado, M.D., Ph.D., Andre C. Schuh, M.D., Su-Peng Yeh, M.D., Scott R. Daigle, M.S., Jianan Hui, Ph.D., et al.: Ivosidenib and Azacitidine in IDH1-Mutated Acute Myeloid Leukemia; in: New England Journal of Medicine, (veröffentlicht: 21.04.2022), New England Journal of Medicine
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.