Krebsforschung: Neues „Krebs-Gen“ entdeckt
Rund 230.000 Personen sterben in der Bundesrepublik Deutschland jährlich an den Folgen einer Krebserkrankung. Nach Herz-Kreislauferkrankungen stellt Krebs somit die zweithäufigste Todesursache dar. Doch warum erkranken so viele Menschen an Krebs? Neben einem ungesunden Lebensstil scheint auch die Genetik eine einflussreiche Rolle zu spielen. Ein amerikanisches Forschungsteam entdeckte nun ein mutiertes Gen, das offenbar bei fast jeder dritten Person das Risiko für Krebserkrankungen erhöht.
Forschende der University of California San Diego School of Medicine identifizierten ein menschliches Gen, welches die Ursache für zahlreiche Krebserkrankungen darstellen könnte. Das sogenannte SIGLEC12-Gen, welches die Baupläne für ein Protein namens Siglec-XII enthält, wurde im Rahmen der aktuellen Studie in Zusammenhang mit dem Vorhandensein von Karzinomen gebracht. Rund 30 Prozent aller Menschen seien betroffen, berichtet das Forschungsteam in dem Fachjournal „FASEB BioAdvances“.
Krebs bei Menschen und Schimpansen
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wurden auf das Gen aufmerksam, als sie das Erbgut von Schimpansen und Menschen verglichen. Denn obwohl der Schimpanse der nächste Verwandte des Menschen ist, erkranken die Menschenaffen deutlich seltener an Krebs. Beim Vergleich der Gene zeigte sich, dass das Gen SIGLEC12 nur bei Menschen vorkommt. Das Protein Siglec-XII, welches durch die im Gen enthaltenen Informationen realisiert wird, sei auffällig häufig in fortgeschrittenen Karzinomen vorhanden.
Gen macht Menschen anfälliger für Karzinome
Die Forschenden sehen in SIGLEC12 den Grund, warum Menschen anfälliger für Karzinome sind als Schimpansen. Karzinome beginnen in den Epithelzellen der Haut oder in dem Gewebe, das die Oberfläche der inneren Organe und Drüsen bedeckt. Prostatakrebs, Brustkrebs, Lungenkrebs und Darmkrebs zählen zu dieser Krebsart.
Rund jede dritte Person kann das Krebs-Protein exprimieren
„Das Siglec-Protein wird typischerweise in Immunzellen exprimiert, und es war überraschend, Siglec-XII auf Epitheloberflächen zu finden“, erklärt Pathologie-Professorin Nissi Varki aus dem Studienteam. Eine mutierte Form des Proteins Siglec-XII sei besonders häufig in fortgeschrittenen Karzinomen zu finden. Rund 30 Prozent aller Menschen seien in der Lage, dieses Protein zu exprimieren. Dies könnte helfen zu erklären, warum manche Menschen anfälliger für aggressive Karzinome sind als andere.
Verbesserte Krebsdiagnose und Therapien in Aussicht
Das entdeckte Gen gibt einen neuen Ansatzpunkt für weitführende Studien über die Entstehung von Krebs und liefert gleichzeitig einen neuen Angriffspunkt für Therapien. Laut dem Forschungsteam könnte dies möglicherweise zu „breit angelegten Fortschritten in der Krebsprognose, -diagnostik und -therapie führen“. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- University of California San Diego School of Medicine: Uniquely Human Gene May Drive Numerous Cancers (veröffentlicht: 09.12.2020), newsroom.wiley.com
- Shoib S Siddiqui, Michael Vaill, Raymond Do, et al.: Human‐specific polymorphic pseudogenization of SIGLEC12 protects against advanced cancer progression; in: FASEB BioAdvances, 2020, faseb.onlinelibrary.wiley.com
- Bundesministerium für Gesundheit: Gesundheitsgefahren Krebs (Abruf: 09.12.2020), bundesgesundheitsministerium.de
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.