Neue Subtypen von Blutkrebs identifiziert
Jetzt wurden erstmals neue Subtypen von Blutkrebs und gleichzeitig potenzielle Behandlungsansätze dagegen identifiziert. Die gewonnen Erkenntnisse könnten die Entwicklung gezielter präzisionsmedizinischer Therapien ermöglichen.
In einer aktuellen Untersuchung unter Beteiligung von Fachleuten des The Mount Sinai Hospital / Mount Sinai School of Medicine wurde ein neues Computermodell entwickelt, welches anhand von DNA- und RNA-Sequenzierungsdaten spezifische Gene und genetische Veränderungen identifiziert, die für nie zuvor definierte Subtypen von Blutkrebs in Form des Multiplen Myeloms verantwortlich sind. Die Ergebnisse wurden in dem englischsprachigen Fachblatt „Science Advances“ publiziert.
Computermodell des Multiplen Myeloms
Die neue Studie verwendete erstmals sogenannte Multi-omics (die Integration und Analyse verschiedener Datentypen) zur Erstellung eines Computermodells des Multiplen Myeloms, so die Forschenden.
„Unsere Ergebnisse haben unmittelbare Auswirkungen auf die Entwicklung neuartiger Instrumente der Präzisionsmedizin und klinischer Studien, da verschiedene Untergruppen von Patienten auf der Grundlage ihrer genomischen und transkriptomischen Profile auf unterschiedliche zielgerichtete und immunonkologische Therapien ansprechen können”, erläutert Studienautor Dr. Alessandro Lagana von der Icahn School of Medicine at Mount Sinai in einer Pressemitteilung.
Neuausrichtung von Medikamente für Therapien
Nach Ansicht des Experten sind die Untersuchungsergebnisse von grundlegender Bedeutung für das Verständnis der Myelom-Pathologie. Zusätzlich könne die Studie den Weg für die künftige Forschung im Bereich der Neuausrichtung von Medikamenten ebnen, welche auf bestimmte Untergruppen von Personen zugeschnitten sind.
Wie funktioniert das Computermodell?
Das Computermodell des Multiplen Myeloms trägt die Bezeichnung Multiple Myeloma Patient Similarity Network (MM-PSN). Die Fachleute erläutern, dass MM-PSN die Komplexität des Multiplen Myeloms erfasse, indem es Menschen mit sehr ähnlichen DNA- und RNA-Profilen zu granulareren und homogeneren Klassen zusammenfasst, als dies mit früheren Klassifizierungen überhaupt möglich war.
Im Rahmen des Modells wurden Menschen als Knoten dargestellt, welche miteinander verbunden sind, abhängig davon, wie ähnlich ihre DNA- und RNA-Profile ausfallen, berichten die Forschenden. Um MM-PSN zu erstellen, analysierte das Team fünf verschiedene Arten von Daten, welche aus der DNA- und RNA-Sequenzierung von 655 neu diagnostizierten Personen mit Multiplem Myelom gewonnen wurden.
Bei der Analyse wurden schließlich drei Hauptgruppen und zwölf Untergruppen identifiziert, welche unterschiedliche genetische und molekulare Merkmale aufwiesen. So zeigte sich eine große Vielfalt innerhalb der zuvor definierten Krankheitssubtypen (beispielsweise hyperdiploide und MMSET-translozierte Chromosomenanomalien) und es konnten neue Erkenntnisse über das Auftreten primärer und sekundärer genomischer Veränderungen im Krebs der einzelnen Personen gewonnen werden, erklären die Fachleute.
Hohes Risiko für Rückfall durch Anomalie
Eine der wichtigsten Erkenntnisse des MM-PSN ist laut dem Team, dass eine Anomalie in einem Bereich des Chromosoms 1 die wichtigste einzelne genetische Variante ist, welche mit einem hohen Rückfallrisiko verbunden ist. Die Forschenden schlagen daher vor, diese Variante jetzt in die sogenannten internationalen Myelom-Staging-Systeme aufzunehmen.
Die Fachleute identifizierten zusätzlich auch neue Gruppen von Personen mit einem besonders hohen Risiko, welche über die derzeitigen Klassifizierungen des Multiplen Myeloms hinausgehen. Unter den Betroffenen gab es eine Gruppe mit dem höchsten Rückfallrisiko und der kürzesten Gesamtüberlebenszeit, aber es konnte beispielsweise auch eine Gruppe identifiziert werden, in der häufig deutlich bessere Behandlungsergebnisse zu verzeichnen waren. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- The Mount Sinai Hospital / Mount Sinai School of Medicine: Scientists Identify New Types of a Blood Cancer and Potential Targeted Treatments (veröffentlicht 17.11.2021), The Mount Sinai Hospital / Mount Sinai School of Medicine
- Sherry Bhalla, David T. Melnekoff, Adolfo Aleman, Violetta Leshchenko, Paula Restrepo, et al.: Patient similarity network of newly diagnosed multiple myeloma identifies patient subgroups with distinct genetic features and clinical implications; in: Science Advances (veröffentlicht Vol 7, Issue 47, 17.11.2021), Science Advances
Wichtiger Hinweis:
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