Impfung zur Behandlung von Krebs?
Durch eine Impfung mit bestimmten Fragmenten von Krebsproteinen ist es möglich, das körpereigene Immunsystem zu stimulieren, so dass es Krebstumore zerstört oder schrumpfen lässt. Diese Erkenntnis kann dabei helfen zu verstehen, welche Proteine in Krebsimpfstoffe aufgenommen werden sollten und wird in Zukunft hoffentlich zu einer verbesserten Behandlung von Krebs beitragen.
In einer aktuellen Untersuchung unter Beteiligung des Massachusetts Institute of Technology (MIT) wurde festgestellt, dass eine Impfung mit bestimmten Krebsproteine die allgemeine T-Zellen-Reaktion verstärkt, wodurch Tumore zu schrumpfen beginnen – zumindest bei Mäusen. Die Ergebnisse der Studie können in der englischsprachigen Fachzeitschrift „Cell“ eingesehen werden.
Krebs durch das körpereigene Immunsystem bekämpfen
In den letzten zehn Jahren haben Forschungsgruppen bereits Impfungen als Mittel zur Krebsbekämpfung erforscht. Diese experimentellen Krebsimpfstoffe sollen das körpereigene Immunsystem dazu anregen, einen Tumor zu zerstören, indem Fragmente von Krebsproteinen, welche auf dem Tumor gefunden wurden, injiziert werden.
Bisher sei noch keiner dieser Impfstoffe von der FDA zugelassen worden, aber einige hätten sich in klinischen Versuchen zur Behandlung von Melanomen und einigen Arten von Lungenkrebs bereits als vielversprechend erwiesen, so die Fachleute vom MIT.
Impfung verstärkte Immunantwort
In der aktuellen Untersuchung stellten die Forschenden fest, dass eine Impfung mit denen von ihnen identifizierten Proteintypen dazu beitragen kann, ruhende T-Zell-Populationen, welche auf diese Proteine abzielen, wieder zu aktivieren und so die allgemeine Immunantwort zu verstärken.
„Diese Studie unterstreicht, wie wichtig es ist, die Details der Immunreaktionen gegen Krebs eingehend zu erforschen. Wir können jetzt sehen, dass nicht alle Immunantworten gegen Krebs gleich sind und dass eine Impfung eine starke Reaktion gegen ein Ziel auslösen kann, das sonst effektiv ignoriert wurde”, erklärt Studienautor Professor David H. Koch vom Koch Institute for Integrative Cancer Research in einer Pressemitteilung.
Wann produziert der Körper Neoantigene?
Wenn Zellen beginnen, krebsartig zu werden, beginnen sie, mutierte Proteine zu produzieren. Diese Krebsproteine (Neoantigene) können das körpereigene Immunsystem darauf aufmerksam machen, dass ein Problem vorliegt. Daraufhin beginnen T-Zellen, welche diese Neoantigene erkennen, die Krebszellen zu zerstören.
Schließlich kommt es bei diesen T-Zellen zur sogenannten T-Zell-Erschöpfung, bei der der Tumor ein immunsuppressives Umfeld schafft, welches die T-Zellen außer Gefecht setzt, so dass der Tumor ungehindert wachsen kann, erläutern die Forschenden. Es gebe unter Fachleuten die Hoffnung, dass Krebsimpfstoffe dazu beitragen könnten, diese T-Zellen zu verjüngen und sie bei der Bekämpfung von Tumoren zu unterstützen, erläutern die Forschenden.
In den letzten Jahren wurde an Methoden zur Identifizierung von Neoantigenen in Tumoren gearbeitet, welche in personalisierte Krebsimpfstoffe integriert werden können. Einige dieser Impfstoffe hätten sich in klinischen Studien zur Behandlung von Melanomen und nicht-kleinzelligem Lungenkrebs bereits als vielversprechend erwiesen, so das Team.
„Diese Therapien wirken bei einer Untergruppe von Patienten erstaunlich gut, aber die große Mehrheit spricht immer noch nicht sehr gut darauf an. Ein Großteil der Forschung in unserem Labor zielt darauf ab, zu verstehen, warum das so ist und was wir therapeutisch tun können, damit mehr dieser Patienten darauf ansprechen“, berichtet Studienautorin Megan Burger.
Frühere Studien hätten bereits gezeigt, dass von den Hunderten von Neoantigenen, welche in den meisten Tumoren zu finden sind, nur eine kleine Anzahl eine T-Zell-Antwort hervorruft. Die neue Studie sorgt für eine Antwort auf die Frage, warum dies so ist.
Bei der Untersuchung von Mäusen mit Lungentumoren stellte sich heraus, dass bei der Entstehung von T-Zellen, die auf den Tumor abzielen, Untergruppen von T-Zellen, welche auf verschiedene Krebsproteine abzielen, miteinander konkurrieren, was schließlich zur Entstehung einer dominanten Population von T-Zellen führt, erklären die Forschenden.
T-Zellen können verjüngt werden
Nachdem diese T-Zellen erschöpft sind, verbleiben sie in der Umgebung und unterdrücken konkurrierende T-Zell-Populationen, welche auf andere Proteine des Tumors abzielen. Es stellte sich jedoch heraus, dass diese T-Zell-Population verjüngt werden kann, wenn Mäuse mit einem der Neoantigene geimpft wurden, gegen die die unterdrückten T-Zellen gerichtet sind.
„Wenn man gegen Antigene impft, die unterdrückte Reaktionen hervorrufen, kann man diese T-Zell-Reaktionen freisetzen. Der Versuch, diese unterdrückten Reaktionen zu identifizieren und sie gezielt anzusprechen, könnte das Ansprechen der Patienten auf Impfstofftherapien verbessern“, erläutert Burger.
Tumore schrumpften um 27 Prozent
Es hatte den größten Erfolg, wenn mit Neoantigenen geimpft wird, welche sich nur schwach an Immunzellen binden, die für die Präsentation des Antigens an T-Zellen verantwortlich sind. Als eines dieser Neoantigene zur Impfung von Mäusen mit Lungentumoren verwendet wurde, schrumpften die Tumore um durchschnittlich 27 Prozent.
Langfristige Kontrolle von Krebstumoren
„Die T-Zellen vermehren sich stärker, sie greifen die Tumore besser an, und wir stellen fest, dass die Lungentumorlast in unserem Mausmodell infolge der Therapie insgesamt abnimmt”, so Burger. Nach der Impfung umfasste die T-Zell-Population eine Art von Zellen, welche das Potenzial hat, die Reaktion kontinuierlich aufzufüllen, was eine langfristige Kontrolle eines Tumors ermöglichen könnte.
In Zukunft sollen therapeutische Ansätze getestet werden, bei denen diese Impfstrategie mit Krebsmedikamenten (sogenannten Checkpoint-Inhibitoren) kombiniert wird, welche erschöpfte T-Zellen zum Angriff auf Tumore anregen können. Die neue Studie zeigt, dass die Impfung die Anzahl einer bestimmten Art von T-Zellen erhöht, die nachweislich gut auf Checkpoint-Therapien ansprechen. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Megan L. Burger, Amanda M. Cruz, Grace E. Crossland, Giorgio Gaglia, Cecily C. Ritch, et al.: Antigen dominance hierarchies shape TCF1+ progenitor CD8 T cell phenotypes in tumors; in: Cell (veröffentlicht 16.09.2021), Cell
- Massachusetts Institute of Technology: Biologists identify new targets for cancer vaccines (veröffentlicht 17.09.2021), MIT
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.