Neuer Mechanismus bei der Krebs-Entstehung identifiziert
Eine neue Entdeckung bei der Entstehung von Krebs ebnet den Weg zu verbesserten Krebstherapien. Ein bislang unbekannter Mechanismus soll laut einer aktuellen Studie in rund 90 Prozent aller Krebszellen die Tumorbildung vorantreiben.
Eine gemeinsame Arbeitsgruppe verschiedener Institutionen aus Singapur hat einen neuen Mechanismus der Krebs-Progression identifiziert, der in 90 Prozent der Krebszellen beobachtet werden konnte. Die Entdeckung bietet die Grundlage für neue Krebsbehandlungen mit weniger Nebenwirkungen. Die Ergebnisse wurden kürzlich im Fachjournal „Nucleic Acid Research“ publiziert.
Warum sich gesunde Zellen nicht unendlich teilen können
Wie die Forschenden erklären, wird die Lebensdauer einer gesunden Zellen durch sogenannte Telomere bestimmt. Diese fungieren wie eine Art Schutzkappe auf den Enden der Chromosomen. Bei jeder Zellteilung werden diese Telomere kürzer, bis sie schließlich ihre Schutzfunktion verlieren, woraufhin die Zelle auf natürliche Weise abstirbt.
Krebszellen hebeln diesen Prozess aus
Krebszellen verfügen hingegen über einen Mechanismus, mit dem sie die Telomere wieder verlängern können, was ihnen die Fähigkeit verleiht, sich unbegrenzt weiter teilen und vermehren zu können.
Dies gelingt den Krebszellen durch die Reaktivierung eines Enzyms, das als Telomerase bezeichnet wird. In gesunden Zellen im ausgewachsenen Zustand ist dieses Enzym inaktiv. Laut der Studie reaktivieren die Krebszellen die Telomerase über ein Gen namens „humane Telomerase Reverse Transkriptase (hTERT)“.
„Die Aktivierung der Telomerase ist das häufigste onkogene Ereignis, das den Krebszellen Unsterblichkeit verleiht“, bestätigt Forschungsleiter Semih Akincilar vom Institute of Molecular and Cell Biology (IMCB) in Singapur.
Hervorragende Kandidaten zur Bekämpfung von Krebszellen
Bei rund 90 Prozent aller Krebszellen wird hTERT aktiviert. Es handelt sich also um einen universellen Mechanismus, der Krebserkrankungen vorantreibt. Das Gen beziehungsweise das Enzym Telomerase sind daher nach Ansicht der Arbeitsgruppe hervorragende Kandidaten für die Bekämpfung von Krebszellen.
Vorherige Versuche, Krebs durch Hemmung der Telomerase zu behandeln, waren jedoch nicht erfolgreich, weil die verwendeten Wirkstoffe toxisch auf gesunde Zellen wirkten und deshalb zu starken Nebenwirkungen führten.
Mechanismus zur Aktivierung des hTERT-Gens identifiziert
Im Rahmen der aktuellen Studie ist es den Forschenden aus Singapur nun gelungen, eine spezifische DNA-Struktur zu identifizieren, die sich nur in Krebszellen bildet. Diese Struktur setzt die notwendige molekulare Maschinerie in Gang, um das hTERT-Gen zu aktivieren.
Die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler konnten somit einen Angriffspunkt offenlegen, der nur die Krebszellen und nicht gesunde Zellen betrifft. Auf dieser Grundlage könnten neue Medikamente entwickelt werden, die gezielt die Teilung der Krebszellen hemmt, aber gesunde Zellen nicht beeinträchtigt.
Krebshemmer der nächsten Generation
„Wir wissen jetzt, wie wir die Telomerase-Aktivität hemmen können, um Krebszellen gezielt zu bekämpfen“, folgert Akincilar. Ihm zufolge sind die Studienergebnisse ein Leitfaden für die Entwicklung von neuen Krebshemmern der nächsten Generation. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Agency for Science, Technology and Research: New discovery in cancer progression paves way to combat cancer (veröffentlicht: 20.07.2022), eurekalert.org
- Semih Can Akıncılar, Joelle Yi Heng Chua, Qin Feng Ng, et al.: Identification of mechanism of cancer-cell-specific reactivation of hTERT offers therapeutic opportunities for blocking telomerase specifically in human colorectal cancer; in: Nucleic Acid Research (2022), academic.oup.com
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