Neuer Test kann die Diagnose von Gebärmutterkrebs beschleunigen
Gebärmutterkrebs (Endometriumkarzinom) ist laut Fachleuten das häufigste Karzinom der Geschlechtsorgane der Frau in den Industrieländern. Ein neuer Test kann dabei helfen, diesen Krebs schnell und mit hoher Genauigkeit zu erkennen.
Laut einer Mitteilung der UCL – London’s Global University haben Forschende der UCL und der Universität Innsbruck einen bahnbrechenden neuen PCR-Test entwickelt, der Frauen mit Gebärmutterkrebs anhand einer Probe aus dem Gebärmutterhals oder der Vagina identifiziert. Ihre Studienergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Journal of Clinical Oncology“ veröffentlicht.
Einfacher Gebärmutterhals- oder Vaginalabstrich
Einer Mitteilung der Universität Innsbruck zufolge stellt die in dem Fachjournal erschienene Publikation der Arbeitsgruppe um Martin Widschwendter, Professor für Krebsprävention und Screening an der Universität Innsbruck, den neuen molekularen WID™-qEC-Test vor, der Gebärmutterkrebs mit hoher Genauigkeit anhand eines einfachen Gebärmutterhals- oder Vaginalabstrichs erkennt.
Somit kann die Diagnose von Gebärmutterkrebs bei Frauen mit Symptomen wie zum Beispiel abnormaler Blutung oder bei Frauen mit einem hohen Risiko für Gebärmutterkrebs vereinfacht und beschleunigt werden.
Häufigste gynäkologische Krebserkrankung
Gebärmutterkrebs ist die häufigste gynäkologische Krebserkrankung mit stark steigender Inzidenz. Zwar können Blutungen außerhalb der Menstruation, sogenannte abnormale Blutungen, ein Symptom einer Krebserkrankung der Gebärmutter sein, in den meisten Fällen aber werden diese Blutungen von hormonellen Schwankungen oder gutartigen Erkrankungen verursacht.
Um eine Krebserkrankung sicher auszuschließen, ist derzeit immer ein invasiver operativer Eingriff (Gebärmutterspiegelung und Ausschabung) notwendig.
Heutiger Standard ist die vaginale Ultraschalluntersuchung vor einer OP. Damit kann zwar eine vorhandene Krebserkrankung vor allem bei Frauen nach den Wechseljahren gut erkannt werden, doch ein Ultraschall kann keine vollständige Entwarnung geben. Klarheit kann lediglich durch die Operation geschaffen werden.
Unkompliziert anwendbarer Test
Wie es in der Mitteilung heißt, kann der unkompliziert anwendbare Test die Probleme des bisherigen Vorgehens bei Verdacht auf Gebärmutterkrebs lösen: Der Test stellt anhand eines einfachen Gebärmutterhals- oder Vaginalabstrichs fest, ob Gebärmutterkrebs vorliegt oder nicht.
Die Probenentnahme kann von allen Gynäkologen und Gynäkologinnen leicht durchgeführt werden, da sie dem bereits angewandten PAP-Abstrich zur Erkennung von Gebärmutterhalskrebs (Zervixkarzinom) prinzipiell gleicht.
Das ermöglicht eine flächendeckende, qualitätsgesicherte Untersuchung von Frauen mit abnormalen Blutungen sowie eine beschleunigte Diagnose von Gebärmutterkrebs.
Der Test zeichnet sich laut den Fachleuten neben der sehr hohen Detektionsrate auch durch seine besonders hohe Spezifität aus. Dies bedeutet, dass nur wenige Frauen fälschlicherweise als positiv eingestuft werden. Somit wird die Anzahl derjenigen Frauen reduziert werden, die sich einer OP unterziehen müssen.
Aktuelle Standarduntersuchung übertroffen
Der neue Test misst das Ausmaß der Methylierung von drei DNA-Regionen, die bei Frauen mit oder ohne Gebärmutterkrebs unterschiedlich stark ausfällt. Bei der DNA-Methylierung handelt es sich um eine reversible Veränderung des Erbguts, welche von Umweltfaktoren beeinflusst werden kann.
Der Methylierungsgrad der drei DNA-Regionen wird mittels PCR (Polymerase-Kettenreaktion) bestimmt, einer einfachen Methode, die zum Beispiel auch zum Nachweis des Coronavirus eingesetzt wird. Ein ganz wesentlicher Vorteil dieser Technik ist, dass sie – anders als der Ultraschall – komplett unabhängig vom Untersuchenden ist.
Im Rahmen der Entwicklung und Validierung des Tests wurden in unterschiedlichen Gruppen und Ländern insgesamt 1.288 Gebärmutterhalsabstriche von Frauen mit und ohne Gebärmutterkrebs analysiert.
Der WIDTM-qEC-Test erkannte beispielsweise innerhalb einer Kohorte von 63 Frauen mit Blutungen nach den Wechseljahren – sogenannte postmenopausale Blutungen – alle acht Frauen, bei denen in der Folge Gebärmutterkrebs diagnostiziert wurde. Somit identifizierte der Test in dieser Studie alle erkrankten Frauen (100 Prozent Sensitivität) und ergab auch bei 49 der 55 nicht-erkrankten Frauen das richtige Ergebnis (89 Prozent Spezifität).
Der WIDTM-qEC-Test übertraf damit sowohl die aktuelle Standarduntersuchung, den transvaginalen Ultraschall, als auch die DNA-Mutationsanalyse, eine Methode, die aktuell zur Erkennung von Gebärmutterkrebs erforscht wird.
Die mit Angst behaftete Zeit der Unsicherheit wird deutlich verkürzt
Prof. Martin Widschwendter, European Translational Oncology Prevention & Screening Institute (EUTOPS) der Universität Innsbruck und Department of Women’s Cancer, UCL, UK, erklärt, dass sich unter Verwendung des neuen „Tests viel weniger Frauen mit abnormalen Blutungen invasiven diagnostischen Verfahren unterziehen müssen. Durch die einfache Probenentnahme wird eine flächendeckende, qualitätsgesicherte Abklärung ermöglicht.“
Die Testergebnisse können laut dem Fachmann innerhalb weniger Tage an die behandelnden Gynäkologinnen oder Gynäkologen berichtet werden, wodurch die Angst behaftete Zeit der Unsicherheit bei den betroffenen Patientinnen deutlich verkürzt wird.
„Postmenopausale Frauen mit abnormalen Blutungen haben mit einer Wahrscheinlichkeit von 1 zu 10 Gebärmutterkrebs. Für Frauen vor der Menopause liegt die Wahrscheinlichkeit mit bis zu 1 zu 200 viel niedriger. Für diese Frauen bietet der WID™-qEC-Tests aufgrund seiner einfachen Handhabung und seiner hohen Genauigkeit nun auch die Möglichkeit, Gebärmutterkrebs frühzeitig zu erkennen.“
Lebensqualität wird erhöht
„Fast jede Frau erlebt im Laufe ihres Lebens abnormale Blutungen. Invasive Eingriffe und das Warten auf Testergebnisse sind mit körperlichen und psychischen Belastungen verbunden. Unser WID™-qEC Test kann auf Basis einer nicht-invasiven Probennahme innerhalb kürzester Zeit Sicherheit schaffen“, ergänzt Dr. Chiara Herzog, Erstautorin der Studie und tätig am European Translational Oncology Prevention & Screening Institute (EUTOPS), Universität Innsbruck.
„Damit wird sowohl die Anzahl invasiver Eingriffe reduziert als auch die Diagnosestellung beschleunigt. Eine frühere Krebsdiagnose ermöglicht weniger radikale Behandlungsmethoden und erhöht somit die Lebensqualität der Betroffenen“, so die Wissenschaftlerin. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Universität Innsbruck: Neuer Test erkennt Gebärmutterkrebs früh und zuverlässig, (Abruf: 05.09.2022), Universität Innsbruck
- Chiara Herzog, Ph.D., Fátima Marín, Ph.D., Allison Jones, B.Sc., Iona Evans, Ph.D., Daniel Reisel, Ph.D., Elisa Redl, M.Sc., Lena Schreiberhuber, M.Sc., Sonia Paytubi, Ph.D., Beatriz Pelegrina, M.Sc., Álvaro Carmona, Ph.D., Paula Peremiquel-Trillas, M.D., Jon Frias-Gomez, M.Sc., Marta Pineda, Ph.D., Joan Brunet, M.D., Ph.D., Jordi Ponce, Ph.D., Xavier Matias-Guiu, Ph.D., Silvia de Sanjosé, Ph.D., Laia Alemany, Ph.D, Adeola Olaitan, M.D., Michael Wong, Ph.D., Davor Jurkovic, Ph.D., Emma J. Crosbie, M.D., Adam Rosenthal, PhD, Line Bjørge, Ph.D., Michal Zikan, Ph.D., Lukas Dostalek, M.D., Ph.D., David Cibula, Ph.D., Karin Sundström, Ph.D., Joakim Dillner, Ph.D., Laura Costas Ph.D., Martin Widschwendter, M.D.: A Simple Cervicovaginal Epigenetic Test for Screening and Rapid Triage of Women With Suspected Endometrial Cancer: Validation in Several Cohort and Case/Control Sets; in: Journal of Clinical Oncology, (veröffentlicht: 24.08.2022), Journal of Clinical Oncology
- UCL - London's Global University: New test could speed up the diagnosis of womb cancer, (Abruf: 05.09.2022), UCL - London's Global University
Wichtiger Hinweis:
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