Kreuzimpfung auch bei Krebs vielversprechend
In den vergangenen Monaten haben Untersuchungen gezeigt, dass die Antikörperantwort bei einer Kreuzimpfung gegen COVID-19 stärker ausfällt. Doch die Kombination von zwei Impfstoffen ist nicht nur gegen Corona, sondern auch bei Krebs vielversprechend. Das berichten Forschende aus Österreich.
Laut einer aktuellen Mitteilung ist es einem Team um den Krebsexperten Guido Wollmann von der Medizinischen Universität Innsbruck in einer gemeinsamen Studie mit der Medizinischen Universität Wien und Biotech-Partnern aus der pharmazeutischen Industrie gelungen, die Vorteile der heterologen Tumorimpfung zu beleuchten.
Wirkung der Immuntherapie befeuern
Wie in der Mitteilung erklärt wird, ist das Prinzip der Immuntherapie, bei der das körpereigene Abwehrsystem gegen einen Tumor scharfgemacht werden soll, bereits mehr als hundert Jahre alt.
Parallel verfolgt die Forschung schon seit längerem das Konzept der Krebsimpfung, welche die Wirkung der Immuntherapie zusätzlich befeuern soll, indem sie den Abwehrzellen einen – von allen schädlichen Eigenschaften befreiten – Tumorbestandteil präsentiert.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Guido Wollmann, Leiter des Christian-Doppler-Forschungslabors für Virale Immuntherapie gegen Krebs am Institut für Virologie der Medizinischen Universität Innsbruck, haben zusammen mit Kooperationspartnern die Mechanismen geklärt, die hinter der verbesserten Ansprechrate auf sogenannte heterologe Tumorimpfungen stecken.
Die Ergebnisse sind nun in dem renommierten Fachjournal „Nature Communications“ veröffentlicht worden.
Wirkweise in vier verschiedenen Tumormodellen getestet
„Wir wollten untersuchen, ob ein Mehrwert erzeugt werden kann, wenn wir unser reines onkolytisches Virus VSV-GP mit dem auf einem Protein basierenden Krebsvakzin KISIMA-TAA des Genfer Start-ups AMAL Therapeutics kombinieren“, erläutert Wollmann die Ausgangslage des Projektes vor vier Jahren.
Der erwünschte Synergie-Effekt blieb aber aus, woraufhin die Innsbrucker Forschenden ihre verwendete tumorabtötende Virusvektor-Impfung VSV-GP mit dem in KISIMA-TAA ebenfalls vorhandenen Fragment der Erbinformation eines Tumors zu VSV-GP-TAA aufrüsteten und das Virus damit zugleich als Genfähre benutzten.
Die Fachleute testeten die Wirkweise der Kombinationsimpfung in vier verschiedenen Tumormodellen und damit in deutlich mehr als bisherige Publikationen. Diese Modelle repräsentierten jeweils unterschiedliche Tumorarten beim Menschen.
Zudem wurden auch verschiedene Tumor-Antigen-Klassen (beispielsweise Virusantigene oder jene von Tumormutationen) adressiert. Dabei stellte sich heraus, dass die günstigste Kombination in einer Erstimpfung (Primer) mit der Proteinplattform KISIMA sowie der Auffrischung (Booster) mit der Virusvektor-Impfung besteht.
Drei positive Effekte
Laut der Mitteilung konnten dadurch im Wesentlichen drei positive Effekte erzielt werden:
- Die T-Zellen (sogenannte Wächterzellen) zeigen sich deutlich potenter und polyfunktioneller, indem sie zum Beispiel wesentlich mehr Zytokine und weitere Substanzen zur Tumorabtötung freisetzen. Und in der Verteilung der T-Zellen-Phänotypen gibt es eine Entwicklung hin zu mehr langlebigen Wächterzellen mit Gedächtnisfunktion.
- Bei der Injektion eines onkolytischen Virusvektor-Impfstoffs kommt es zu einer Infektion im Inneren des Tumors. Das Immunsystem nimmt den Erreger als Pathogen wahr. „Tumore haben tendenziell ein immunhemmendes Umfeld. Die Virusinfektion öffnet die Tore zum Tumor. Wir haben gesehen, dass es in der heterologen Kombination zur stärksten Einwanderung von zytotoxischen T-Zellen, zur starken Infiltration mit dendritischen Zellen sowie zu einer Repolarisierung der Fresszellen vom hemmenden Typ hin zu aktivierten Fresszellen“, so Wollmann.
- Am Modell eines Tumors, der von Vornherein bisher nicht auf die Immuntherapie anspricht, zeigte sich, dass die Effekte der Mischimpfung durch die zusätzliche Gabe der Checkpoint-Inhibitor-Therapie (Immuntherapie-Art) verstärkt werden.
Für ihre Analyse der T-Zellen in Qualität und Quantität zogen die Forscherinnen und Forscher die Methode der Durchflusszytometrie heran. Außerdem erhoben sie nach den unterschiedlichen Behandlungsstrategien jeweils ein Genexpressionsprofil, das veranschaulichte, welche Gene hoch- beziehungsweise herunterreguliert werden.
Klinische Testphase könnte zeitnah beginnen
„Unsere Studie hat wissenschaftliche Grundlagen gesetzt, welche die Vorteile der heterologen Vakzin-Kombination aufzeigen und das mit zwei Plattformen, die sich schon in fortgeschrittener präklinischer bzw. klinischer Entwicklung befinden“, sagt Wollmann.
„Daher ist ein zeitnaher Beginn der klinischen Testphase der Mischimpfung mit KISIMA-TAA und VSV-GP-TAA geplant“, stellt der Wissenschaftler in Aussicht.
Den Angaben zufolge waren an der Studie neben Wollmanns Christian-Doppler-Labor und AMAL Therapeutics, das Innsbrucker Biotech-Startup Viratherapeutics, ein Team um den Pathologen Lukas Kenner (Department für Experimentelle Pathologie, MedUni Wien und Institut für Pathologie der Veterinärmedizinische Universität Wien) sowie das pharmazeutische Unternehmen Boehringer Ingelheim beteiligt. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Medizinische Universität Innsbruck: Kombinierte Tumorimpfung verstärkt krebsabtötende Immuneffekte, (Abruf: 01.09.2021), Medizinische Universität Innsbruck
- Krishna Das, Elodie Belnoue, Matteo Rossi, Tamara Hofer, Sarah Danklmaier, Tobias Nolden, Liesa-Marie Schreiber, Katharina Angerer, Janine Kimpel, Sandra Hoegler, Bart Spiesschaert, Lukas Kenner, Dorothee von Laer, Knut Elbers, Madiha Derouazi & Guido Wollmann: A modular self-adjuvanting cancer vaccine combined with an oncolytic vaccine induces potent antitumor immunity; in: Nature Communications, (veröffentlicht: 31.08.2021), Nature Communications
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.