Magenkrebs-Auslöser: Wirkstoffe gegen Helicobacter pylori
Das Bakterium Helicobacter pylori ist ein gefürchteter Krankheitskeim des Magen-Darm-Trakts, Der Krankheitserreger gilt als Hauptauslöser von Magengeschwüren und Magenkrebs. Forschende haben nun Wirkstoffe gegen den gefährlichen Magenkeim identifiziert.
Eine Infektion mit dem Bakterium Helicobacter pylori kann symptomlos verlaufen, sie kann aber auch verschiedene Magen-Darm-Beschwerden wie Magenschleimhautentzündungen und Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwüre verursachen. Ein Teil der Infizierten erkrankt an Magenkrebs. Forschende berichten nun über bewegungshemmende Wirkstoffe gegen den Magenkeim.
Neue Wirkstoffe benötigt
Wie das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) in einer aktuellen Mitteilung schreibt, ist Helicobacter pylori einer der am weitesten verbreiteten bakteriellen Krankheitserreger und weltweit verantwortlich für jährlich hunderttausende Fälle von Magengeschwüren und Magenkrebs.
Aufgrund von zunehmenden Resistenzen des Keims gegen aktuell verfügbare und therapeutisch eingesetzte Antibiotika werden dringend neue Wirkstoffe benötigt.
Einer Gruppe von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) und dem DZIF ist es gelungen, Substanzen zu identifizieren, die die Fortbewegungsfähigkeit der Bakterien hemmen und damit ihrer Vermehrung und pathogenen Aktivität vorbeugen könnten.
Ihre Ergebnisse wurden in dem Fachjournal “mBIO” veröffentlicht.
Rund 4.000 chemische Substanzen getestet
„Die Fähigkeit, sich im zähflüssigen Milieu des Magenschleims bewegen zu können, ist für das Überleben und die Vermehrung von H. Pylori essenziell“, erläutert Professorin Christine Josenhans, Wissenschaftlerin am Max von Pettenkofer-Institut der LMU und im DZIF.
Diese Fähigkeit des Bakteriums machen sich die Forscherinnen und Forscher jetzt zunutze, um alternative Therapien zu entwickeln.
In Zusammenarbeit mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern am Helmholtz Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig, der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) sowie der Berliner Charité testeten sie dazu annähernd 4.000 chemische Substanzen auf ihre mögliche Wirkung auf die Bewegungsmaschinerie der Bakterien.
Helicobacter pylori trägt an einem Ende der Bakterienzelle ein Bündel von rotierenden Geißeln, die wie Schiffsschrauben agieren und die Bakterien im Magenschleim antreiben.
Mit Hilfe eines speziell entwickelten Screening-Verfahrens konnten die Forschenden mehrere Substanzen identifizieren, die den Aufbau dieser bakteriellen Propeller hemmen und dem Bakterium quasi eine Fußfessel anlegen.
Nebenwirkungen und zunehmende Antibiotikaresistenzen
Für eine der Substanzen konnten sie in Mäusen, die mit dem Magenkeim infiziert sind, eine starke Reduktion der bakteriellen Vermehrung im Magen beobachten, ohne dass dabei die normale bakterielle Darmflora signifikant geschädigt wurde.
„Das wäre ein großer Vorteil gegenüber herkömmlichen Antibiotika, die häufig auch die unverzichtbaren „guten“ Darmbakterien dauerhaft angreifen“, so Prof. Josenhans, die Letztautorin der Studie.
Den Angaben zufolge müssen für eine erfolgreiche Behandlung einer H. pylori-Infektion derzeit mehrere Klassen von Antibiotika kombiniert werden, was zum Teil zu schweren Nebenwirkungen sowie weiter zunehmenden Antibiotikaresistenzen der Bakterien führt.
„Die von uns Antimotiline genannten Substanzen könnten eine Ergänzung oder Alternative zu konventionellen Antibiotikatherapien darstellen und langfristig dazu beitragen, die Entwicklung von Antibiotikaresistenzen zu reduzieren“, sagt Prof. Sebastian Suerbaum, Lehrstuhlinhaber für Medizinische Mikrobiologie am Max von Pettenkofer-Institut und Erstautor der Publikation.
Als nächstes soll laut Prof. Josenhans die genaue Wirkweise der aktiven Substanzen identifiziert sowie diese als neue antibakterielle Therapie weiterentwickelt werden. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Deutsches Zentrum für Infektionsforschung: Bakterielle Fußfessel: Bewegungshemmende Wirkstoffe gegen den Magenkeim Helicobacter pylori, (Abruf: 14.03.2022), Deutsches Zentrum für Infektionsforschung
- Sebastian Suerbaum, Nina Coombs, Lubna Patel, Dimitri Pscheniza, Katharina Rox, Christine Falk, Achim D. Gruber, Olivia Kershaw, Patrick Chhatwal, Mark Brönstrup, Ursula Bilitewski, Christine Josenhans: Identification of Antimotilins, Novel Inhibitors of Helicobacter pylori Flagellar Motility That Inhibit Stomach Colonization in a Mouse Model.; in: mBIO, (veröffentlicht: 01.03.2022), mBIO
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.