Darmflora beeinflusst Wirksamkeit oraler Medikamente
Das Darmmikrobiom scheint zu beeinflussen, wie Menschen mit Prostatakrebs auf orale Medikamente reagieren. Dies deutete auf die wichtige Rolle der Bakterien im Darm bei der Behandlung von Krebs hin. Kann durch die Stimulierung der Darmflora die Behandlung von Krebs vielleicht sogar verbessert werden?
Bestimmte Bakterien im Darm können die Wirksamkeit einer oralen Behandlung von Prostatakrebs beeinflussen, so das Ergebnis der neuen Untersuchung unter Zusammenarbeit von Forschenden des Lawson Health Research Institute und der Schulich School of Medicine. Die Ergebnisse wurden in dem englischsprachigen Fachblatt „Nature Communications“ veröffentlicht.
Verbesserte Krebsbehandlung durch richtige Bakterien
Es werden immer mehr Wege identifiziert, über die das menschliche Mikrobiom die Entstehung, das Fortschreiten und die Behandlung von Krebs beeinflusst, berichten die Forschenden. „Unsere Studie hebt eine Schlüsselwechselwirkung zwischen einem Krebsmedikament und dem Darmmikrobiom hervor, die zu nützlichen Organismen mit krebshemmenden Eigenschaften führt“, erklärt Studienautor Brendan Daisley von der Schulich School of Medicine.
Ziel herkömmlicher Therapien gegen Krebs
Bisherige Therapien gegen Prostatakrebs zielen darauf ab, dem Körper spezielle Hormone (sogenannte Androgene) zu entziehen, welche für das Wachstum von Prostatakrebs verantwortlich sind. Leider sind solche Therapien zum Androgenentzug nicht immer wirksam. Daher mache es Sinn, alternative Behandlungen zu erforschen, fügt das Team hinzu.
Abirateronacetat wird oral eingenommen
Abirateronacetat ist eine hochwirksame Therapie, die bei der Behandlung von Prostatakrebs eingesetzt wird, wenn dieser gegen andere Formen der Behandlungen resistent ist. Zwar wirkt Abirateronacetat auch zur Reduzierung von Androgenen im Körper, doch geschieht dies über einen anderen Mechanismus, und im Gegensatz zu herkömmlichen Therapien wird es oral eingenommen, erklärt die Forschungsgruppe weiter.
Vorteile der oralen Einnahme?
„Wenn Medikamente oral eingenommen werden, bahnen sie sich ihren Weg durch den Darmtrakt, wo sie mit Milliarden von Mikroorganismen in Kontakt kommen. Während es lange Zeit ein Rätsel war, warum Abirateronacetat so wirksam ist, fragte sich unser Team, ob das Darmmikrobiom eine Rolle spielt”, erläutert Studienautor Dr. Jeremy Burton von der Schulich School of Medicine in einer Pressemitteilung.
Stuhlproben wurden analysiert
Die Studie umfasste 68 Menschen mit Prostatakrebs, darunter auch Personen, welche mit Abirateronacetat behandelt wurden. Die Forschungsgruppe nahm Stuhlproben, analysierte diese und führte noch zusätzliche Experimente durch.
Darmmikrobiom veränderte sich
So wurde festgestellt, dass sich die Darmmikroben von Teilnehmenden nach der Einnahme von Abirateronacetat drastisch veränderten. Bakterien im Darm metabolisierten das Medikament, was zu einer signifikanten Zunahme des Bakteriums Akkermansia muciniphila führte.
Vorteile durch Akkermansia muciniphila
Die Bedeutung dieses Bakteriums wurde kürzlich bereits in mehreren großen Krebsstudien untersucht. Es zeigte sich, dass das Bakterium ein besseres Ansprechen auf Krebs-Immuntherapeutika und zusätzlich ein breites Spektrum anderer positiver gesundheitlicher Vorteile ermöglicht.
Erhöhte Produktion von Vitamin-K2 festgestellt
Der Anstieg von Akkermansia muciniphila führte auch zu einer erhöhten Produktion von Vitamin-K2, welches für seine krebshemmenden Eigenschaften bekannt ist und dem Tumorwachstum entgegenwirkt, berichten die Fachleute.
Rolle des Darmmikrobioms bei Behandlung
Das Team untersuchte auch die Auswirkungen des Abbaus von Androgen auf das Mikrobiom. Sowohl Abirateronacetat als auch herkömmliche Androgenentzugstherapien führten zu einem Rückgang der Organismen, die Androgen verwerten. „Diese Ergebnisse zeigen deutlich, dass das Darmmikrobiom eine Rolle bei der Reaktion auf die Behandlung spielt”, erläutert Dr. Burton.
Verbesserte Behandlung von Krankheiten?
Das Team hofft die Wechselwirkungen zwischen Medikamenten und Mikroorganismen weiter zu erforschen. Die Forschenden zielen dabei darauf ab, dass Mikrobiom zur Verbesserung der Behandlungsergebnisse bei einer Vielzahl von Krankheiten zu nutzen.
Mikrobiota-Transplantationen zur Behandlung von Krebs?
Die Forschenden untersuchen in einer weiteren Studie, ob fäkale Mikrobiota-Transplantationen von einer gesunden Person das Mikrobiom von Menschen mit Melanomen so verändern können, dass Organismen wie Akkermansia muciniphila sich vermehren und das Ansprechen auf eine Immuntherapie verbessert wird. Außerdem planen sie zu untersuchen, ob die Analyse des Mikrobioms zur Vorhersage des Ansprechens auf spezifische Therapien verwendet werden kann.
Es ist noch viel mehr Forschung in diesem Bereich nötig, aber die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hoffen, eines Tages vielleicht das Mikrobiom von Menschen genau analysieren zu können, um so den besten Behandlungsverlauf zu bestimmen oder vielleicht sogar durch eine gezielte Beeinflussung des Mikrobioms die Ergebnisse der Behandlung zu verbessern. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Lawson Health Research Institute: Gut microbiome may influence how cancer patients respond to oral therapies, study suggests (veröffentlicht 29.09.2020), Lawson Health Research Institute
- Brendan A. Daisley, Ryan M. Chanyi, Kamilah Abdur-Rashid, Kait F. Al, Shaeley Gibbons et al.: Abiraterone acetate preferentially enriches for the gut commensal Akkermansia muciniphila in castrate-resistant prostate cancer patients, in Nature Communications (veröffentlicht 24.09.2020), Nature Communications
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.