Früherkennung: Krebsdiagnose aus dem Blut?
Wie bei vielen anderen Krankheiten, gilt auch bei Krebs: Je früher die Diagnose, desto besser die Heilungschancen. Hoffnungen werden hier unter anderem in einen Bluttest gelegt, der andere Untersuchungen überflüssig machen soll. Doch wie weit ist die Forschung in diesem Bereich? Experten geben Auskunft.
Eine der häufigsten Todesursachen in Deutschland
Krebsleiden gehören noch immer zu den Krankheiten, an denen die meisten Deutschen versterben. Gesundheitsexperten weisen immer wieder auf Möglichkeiten zur Reduzierung des persönlichen Krebsrisikos hin. Neben einem gesunden Lebensstil mit regelmäßiger Bewegung, ausgewogener Ernährung und dem Verzicht auf Alkohol und Zigaretten sind hier auch medizinische Vorsorgeuntersuchungen zu nennen. In Zukunft könnte womöglich ein einfacher Bluttest zur Krebsdiagnose – oder Entwarnung – führen.
Kann ein Bluttest Mammographie und Darmspiegelung überflüssig machen?
Kann eine einfache Blutprobe die invasive Entnahme von Tumorgewebe ersetzen? Können wenige Milliliter Blut sogar Mammographie und Darmspiegelung überflüssig machen? Was ist dran am Krebstest aus dem Blut, der Liquid Biopsy?
Diese Fragen stellt das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) in einer aktuellen Meldung anlässlich des Weltkrebstags am 4. Februar. Die Experten informieren darin über den aktuellen Stand der Forschung: Was ist heute schon möglich und was ist in naher Zukunft zu erwarten?
Frühzeitige Diagnose
In den letzten Jahren war immer wieder über die Forschung an einem Bluttest zur bessern Krebsdiagnose berichtet worden. Auch Wissenschaftler des DKFZ waren an der Suche nach einem Test zur frühzeitigen Krebsdiagnose beteiligt.
Vor etwa einem Jahr kündigte das kalifornische Unternehmen „Grail“ einen Bluttest zur Früherkennung aller nur denkbaren Krebsarten bei Gesunden an, heißt es in der aktuellen Mitteilung. Mit der Markteinführung sei voraussichtlich 2019 zu rechnen.
Die Fachleute des DKFZ erklären den biologischen Hintergrund des Tests: Demnach gelangen Erbmaterial aus Krebszellen oder auch ganze Krebszellen kontinuierlich ins Blut. Deren Nachweis wird als „Liquid Biopsy” – flüssige Biopsie – bezeichnet. Jeder Tumor hat sein charakteristisches Muster an krebsspezifischen Erbgutveränderungen. Wissenschaftler können die krebstypischen DNA-Schnipsel aufspüren.
Kann die Überlebenszeit verlängert oder die Lebensqualität verbessert werden?
„In vielen Fällen gelingt es bereits, bei Krebspatienten nach der Behandlung anhand des Nachweises von DNA im Blut zu verfolgen, ob der Tumor wiederkehrt. Daher hat sich die Vision entwickelt, dass man in Zukunft Tests auf Tumor-DNA im Blut auch zur Früherkennung von Krebs einsetzen könnte. Dazu gibt es jedoch bisher keine Daten. Das heißt, die Hypothese, die dieser Vision zugrunde liegt, muss zunächst einmal belegt werden“, erläuterte Peter Lichter, Leiter der Abteilung Molekulare Genetik im DKFZ.
„Auch wenn sich ein solcher Nachweis einmal als technisch machbar herausstellen sollte: Wie bei anderen Früherkennungsuntersuchungen müsste gezeigt werden, dass sie den Menschen tatsächlich nützt, dass er also die Überlebenszeit verlängert oder die Lebensqualität verbessert“, ergänzte Susanne Weg-Remers, die im DKFZ den Krebsinformationsdienst leitet.
Beobachtung des Therapieverlaufs
Holger Sültmann, Leiter der Arbeitsgruppe Krebsgenomforschung im DKFZ, hält es nur für eine Frage der Zeit, bis Tests auf Tumor-DNA im Blut in der Krebsmedizin die klinische Zulassung erhalten. Es werde sich dabei zunächst aber nicht um Krebs-Früherkennungstests handeln.
Die Entwicklung von Tests zur Beobachtung des Therapieverlaufs von bereits diagnostizierten Krebserkrankungen ist deutlich weiter fortgeschritten. „Anders als Tumor-Gewebeproben lässt sich Blut problemlos mehrmals in kurzen Abständen abnehmen. So können wir verfolgen, ob und wie lange der Krebs auf ein Medikament anspricht. Das ist wichtig, denn Krebszellen entwickeln gegen viele Wirkstoffe rasch Resistenzen“, so Sültmann.
Seiner Meinung nach lässt sich heute noch nicht abschätzen, wann tatsächlich ein DNA-Test zu Krebsfrüherkennung zur Verfügung steht.
Wirksamstes Medikament identifizieren
Den Experten zufolge sei das Fernziel, mit einem Bluttest das wirksamste Medikament für den einzelnen Patienten zu identifizieren – auch ohne vorher das Tumorgewebe analysieren zu müssen.
Denn viele der krebstypischen Erbgutveränderungen, die mit der Liquid Biopsy nachgewiesen werden können, sind die entscheidenden Treiber des Tumorwachstums. Mit zielgerichteten Medikamenten könnten sie blockiert und damit der Krebs gestoppt werden.
Laut Sültmann sei aber zum heutigen Zeitpunkt noch nicht abzusehen, ob das überhaupt funktioniert und falls ja, für welche Krebsarten.
Er sagte: „Ich gehe davon aus, dass die Liquid Biopsy einen Platz in der Krebsmedizin einnehmen wird – für gezielte Fragestellungen bei bestimmten Krebsarten. Einen generellen „Krebstest“ wird es auf absehbare Zeit aber nicht geben.“
Neue Untersuchungen noch keine Routineanwendungen
„Manche Patienten, die bei uns anrufen, befürchten, dass der Krebs zurückkehrt und hoffen, dies mit einer regelmäßigen Blutkontrolle möglichst frühzeitig zu erkennen. Andere haben die Vorstellung, dass man mit einer Liquid Biopsy einen invasiven Eingriff zur Entnahme von Tumorgewebe vermeiden kann und fragen sich, ob das für sie selbst eine Möglichkeit sein könnte“, so Weg-Remers.
„Leider sind fast alle diese neuen Untersuchungen derzeit noch nicht in der klinischen Routineversorgung angekommen und sollten bei Patienten möglichst nur in Studien eingesetzt werden. Zu Fragen zum aktuellen Stand der Entwicklungen auf diesem Feld gibt der Krebsinformationsdienst jederzeit gern Auskunft – per Telefon oder E-Mail.“ (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.