Die fristlose Kündigung des Hausarztvertrages durch die AOK Bayern war rechtmäßig. Das Sozialgericht München weist Klage des bayrischen Hausärzteverbandes ab.
21.01.2011
Die bayrischen Hausärzte unterliegen vor Gericht. Die fristlose Kündigung des Hausarztvertrages in Bayern durch die AOK war rechtmäßig, urteilte das Sozialgericht heute in München.
Der Streit zwischen der AOK Bayern und den bayrischen Hausärzten war Ende des letzten Jahres immer weiter eskaliert und gipfelt darin, dass die AOK aufgrund der Aufforderung des Bayerische Hausärzteverband (BHÄV) an seine Mitglieder, ihr Kassenzulassungen kollektiv zurückzugeben, den Hausarztvertrag mit den bayrischen Ärzten kündigte. Dagegen hatte der BHÄV Klage eingereicht, die das Sozialgericht München am Freitag jedoch in einem Eilbeschluss zurückwies (Aktenzeichen: S 39 KA 1248/10 ER).
Hausärzteverband scheitert mit Antrag auf Rechtsschutz
Der BHÄV hatte nach der Kündigung des Hausarztvertrages durch die AOK Bayern vor dem Sozialgericht München einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt, um den Ausstieg der Krankenkasse aus den bisherigen Regelungen auf rechtlichem Wege doch noch zu verhindern. Das Sozialgericht wies die Klage des BHÄV nun jedoch als unbegründet zurück, denn der vom BHÄV betriebene Aufruf zur kollektiven Rückgabe der Kassenzulassung sei vom Gesetz verboten und daher klar rechtsmissbräuchlich gewesen, urteilte das Sozialgericht. Mit der Androhung des kollektiven Systemausstiegs habe der BHÄV eine „Drohkulisse“ aufbauen wollen, um unter anderem gegenüber der AOK eine bessere Vergütung für die Ärzte durchzusetzen. Dabei habe der der BHÄV zumindest vorübergehende Lücken in der hausärztliche Versorgung in Bayern mutwillig in Kauf genommen, so die Ansicht des Gerichts. Dem Eilbeschluss vom Freitag zufolge war die fristlose Kündigung des Hausarztvertrages durch die AOK Bayern im Dezember 2010 aufgrund schwerwiegender Vertragsverletzungen des BHÄV rechtmäßig.
Auch die AOK zeigte problematisches Verhalten
Die Richter am Sozialgericht verwiesen allerdings auch darauf, dass die AOK Bayern im Hinblick auf die vertragliche Loyalitätspflicht gegenüber dem Vertragspartner bisweilen ein „problematisches Verhalten” an den Tag gelegt habe. Der massiven Vertragsverstoß durch den Aufruf zur kollektiven Rückgabe der Kassenzulassung durch den BHÄV, sei hierdurch jedoch nicht zu rechtfertigen, so das Urteil des Sozialgerichts. Der BHÄV und die AOK Bayern wurden vom Gericht aufgefordert nun zügig auf den Abschluss eines neuen Hausarztvertrages hinzuarbeiten. Die AOK erklärte in einer ersten Stellungnahme, dass sie grundsätzlich weiterhin zu Verhandlungen über neue Hausarztverträge bereit sei und ebenfalls Interesse an einem schnellen Vertragsabschluss habe. Dabei sei die AOK Bayern „im Interesse unserer Versicherten (…) fest davon überzeugt, dass die hausarztzentrierte Versorgung weiter gestärkt werden muss“, betonte der Vorstandsvorsitzende der AOK Bayern, Helmut Platzer. Allerdings steht auch die AOK ohnehin unter einem nicht unerheblichen politischen Druck, denn erst letzte Woche hatte der bayrische Gesundheitsminister Markus Söder die Krankenkassen und den BHÄV zu einem Hearing im Landtag geladen und dazu verpflichtet bis zum Ende des Monat neue Verhandlungen aufzunehmen.
Androhung des Systemausstiegs ohne Erfolg
Der BHÄV hat sich und seinen Mitglieder mit dem Aufruf zur kollektiven Rückgabe der Kassenzulassungen am Ende offensichtlich keinen Gefallen getan. Nicht nur, dass die erforderliche Mehrheit für die kollektive Rückgabe der Kassenzulassungen bei der Mitgliederversammlung im Dezember nicht zu Stande gekommen war, auch dass neben der AOK die meisten anderen bayrischen Krankenkassen ebenfalls ihre Hausarztverträge gekündigt haben, dürfte für den BHÄV ein deutlicher Rückschlag gewesen sein. Allerdings steht nun die Verhandlung neuer Hausarztverträge an und der BHÄV kann hier einen neuen Anlauf starten, um die angestrebte verbesserte Vergütung im Sinne der bayrischen Hausärzte durchzusetzen. Da auch die AOK sich klar zur hausarztzentrierten Versorgung als Grundpfeiler der ärztlichen Versorgung in Bayern bekennt und dabei die qualitativ bessere und durch die Lotsenfunktion des Hausarztes wirksamere Behandlung betont, stehen die Chancen für einen gütlichen Kompromiss – trotz teilweise verhärteter Fronten – gar nicht schlecht. (fp)
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Bild: Gerd Altmann / pixelio.de
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