Urteil: Kündigung aufgrund einer HIV-Infektion ist nach Ansicht des Arbeitsgerichts Berlin keine Diskriminierung
05.08.2011
Einem HIV-Infizierten wurde nach Ablauf der Probezeit bei einem Pharmakonzern gekündigt. Dagegen klagte der Arbeitnehmer, verlor aber vor dem Arbeitsgericht Berlin. Die Deutsche Aids-Hilfe zeigte Unverständnis gegenüber dem Gerichtsentscheid.
Kündigungsgrund Aids?
Einem Mann aus Berlin wurde aufgrund einer Infektion mit dem HI-Virus von einer Pharmafirma gekündigt. Bei der Arzneimittelfirma hatte der Kläger als Chemisch-Technischer Assistent gearbeitet. Gegen die Kündigung setzte sich der Betroffene zur Wehr und scheiterte nun vor dem Arbeitsgericht Berlin. Die Kündigung des Arbeitgebers sei mit dem Gesetz vereinbar, ließ das Arbeitsgericht in einer Mitteilung am Freitag verlautbaren. Denn das Kündigungsschutzgesetz könne in diesem Fall nicht angewendet werden, weil dem Kläger vor Ablauf der halbjährigen Betriebszugehörigkeit gekündigt wurde, wie ein Sprecher des Gerichts argumentierte. Zudem sei der Mann von dem Pharmaunternehmen auf Probe eingestellt worden.Vor Gericht hatte der Mann argumentiert, die Kündigung sei in der Sache nicht gerechtfertigt gewesen. Zudem sei die Kündigung eine Diskriminierung gegenüber Aids-Betroffenen.
Aus der Urteilsbegründung
Der Pharmahersteller hätte dem Arbeitnehmer auch ohne eine arbeitsrechtlichen Begründung der Arbeitsplatz gekündigt werden. Denn allein der Arbeitgeber entscheidet, ob der Angestellte auch nach der Probezeit weiter beschäftigt wird. Daher sei die Kündigung nicht willkürlich ergangen und die Argumentation der Verteidigung nachvollziehbar. Daher könne die Beendigung des Arbeitsverhältnisses"nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung hin überprüft werden". Hätte das Unternehmen den Kläger nach Ablauf der sechsmonatigen Probezeit aufgrund der HIV-Infektion gekündigt, hätte die Kündigung rechtlich keinen Bestand gehabt. Hier sei nicht die Infektion mit dem Aids-Virus entscheidend, sondern die Probezeit, so das Gericht. Auch eine Diskriminierung aufgrund einer Behinderung läge nach sachlichen Gesichtspunkten nicht vor. Denn eine Infektion mit dem Aids-Virus verursache heutzutage keine Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit. Daher sei Aids nicht als Behinderung im rechtlichen Sinne anzuerkennen.
Aids-Hilfe-Verband protestiert gegen das Urteil
Die Deutsche Aids-Hilfe zeigte Unverständnis über das ergangene Urteil. "Menschen mit HIV müssen zuverlässig vor Diskriminierung im Arbeitsleben geschützt werden", sagte der Vorstand des gemeinnützigen Vereins Winfried Holz in Berlin. Aids dürfe grundsätzlich kein Kündigungsgrund sein. Auch in dem verhandelten Fall bestand zu keiner Zeit eine Ansteckungsgefahr für Kollegen und Kunden. Wenn Unternehmen zum HIV-Virus Fragen haben, könnten sie sich Hilfe und Unterstützung bei der Deutschen Aids-Hilfe einholen. Das Urteil kann in einer Berufung vor dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg angefochten werden. (Aktenzeichen Amtsgericht Berlin: 17 Ca 1102/11)
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